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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Lin deutscher Reich5volkswirtschaftsrat

das im Kriegsfall gleichzeitig zu einem durch Vertreter anderer Reichs¬
behörden verstärkten Reichskriegsamt werden könnte, hätte auch alle die Ob¬
liegenheiten zu erfüllen, die zurzeit der beim Reichsamt des Innern als Beirat
bestehende "Wirtschaftliche Ausschuß" erfüllen soll, und die nach den Anträgen
der Handelskammern Elberfeld und Barmer sowie des Geh. Justizrath Professors
Dr. Rießer und des Kommerzienrath Leonhardt in Dresden ein ins Leben zu
rufender "Wirtschaftlicher Generalstab" zu erledigen hätte: nämlich den Abbau
der kriegswirtschaftlichen Einrichtungen nach eingetretenem Frieden einschließlich
der Vorschläge für die dringend notwendige Nachkriegsgesetzgebung, die
Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf den Krieg, die Kriegsbereitschaft
und Mobilmachung der Volkswirtschaft, also ihre Umschattung in und ihre
Anpassung an den Krieg (Kriegssozialismus, Ausfuhrverbote, Regelung des
Arbeitsmarktes, des Kredit- und Verkehrswesens, Rohstoffverteilung und -Ersatz
und dergleichen), besonders die Regelung der Erzeugung, Aufstapelung und
sachgemäßen, gerechten Verteilung der Lebens- und Futtermittel und anderer
Verbrauchsgegenstände im Kriege; im Frieden aber die organische Vorbereitung
aller für den Krieg in Betracht kommenden wirtschaftlichen, finanziellen, ver¬
kehrstechnischen, sozialrechtlichen und juristischen Maßregeln. Die genannten
Antragsteller denken an eine beim Preußischen Kriegsministerium oder beim
Reichsamt des Innern einzurichtende Abteilung oder auch an ein selbständiges
Reichsamt, das neben den Vertretern der Behörden auch sitz- und stimm¬
berechtigte Vertreter der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels, der Schiff¬
fahrt, der Handwerker und Arbeiter, kurz: aller gewerblichen Kreise als Sach¬
verständige enthalten soll (vergleiche Monatsschrift der Handelskammer Düsseldorf,
Mai-Nummer 1916).

Würde nun ein Reichsoolkswirtschastsrat geschaffen und würden, wie oben
angedeutet, jene Behörden ins Leben gerufen oder weiter ausgebaut, so könnte
das Preußische Kriegsministerium dem Kreise des Volkswirtschaftsrates stets
leicht die sachkundigen Männer entnehmen, deren es als Berater bei den in
Betracht kommenden wirtschaftlich-kaufmännischen Fragen bedarf. Ebenso könnte
der Volkswirtschaftsrat aus seiner Mitte einen Ausschutz wählen, der im Frieden
bei dem Neichswirtschaftsamt beratende Stimme hätte. Eine beschließende
Stimme wäre wohl nicht nötig, da dem Volkswirtschaftsrat selbst ja noch die
Beschlußfassung über alle wirtschaftlichen Fragen verbliebe. Im Kriege dagegen,
wo sich der gesamte Volkswirtschaftsrat wohl nicht häufiger versammeln würde
wie auch der Reichstag, könnte jener Ausschuß bei dem Kriegswirtschaftsamt
auch beschließende Stimmen erhalten, und außerdem bei diesem noch ein weiterer
Ausschuß mit beratender Stimme gebildet werden, dem auch die Vorstände der
Kriegsgesellschaften usw. und die Vertretungen der Verbraucher angehören
würden.

Es ist naturgemäß, daß wir jetzt infolge des Krieges die wirtschaftlichen
Einrichtungen für einen künftigen Kriegsfall schaffen wollen, die wir in diesem


Lin deutscher Reich5volkswirtschaftsrat

das im Kriegsfall gleichzeitig zu einem durch Vertreter anderer Reichs¬
behörden verstärkten Reichskriegsamt werden könnte, hätte auch alle die Ob¬
liegenheiten zu erfüllen, die zurzeit der beim Reichsamt des Innern als Beirat
bestehende „Wirtschaftliche Ausschuß" erfüllen soll, und die nach den Anträgen
der Handelskammern Elberfeld und Barmer sowie des Geh. Justizrath Professors
Dr. Rießer und des Kommerzienrath Leonhardt in Dresden ein ins Leben zu
rufender „Wirtschaftlicher Generalstab" zu erledigen hätte: nämlich den Abbau
der kriegswirtschaftlichen Einrichtungen nach eingetretenem Frieden einschließlich
der Vorschläge für die dringend notwendige Nachkriegsgesetzgebung, die
Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf den Krieg, die Kriegsbereitschaft
und Mobilmachung der Volkswirtschaft, also ihre Umschattung in und ihre
Anpassung an den Krieg (Kriegssozialismus, Ausfuhrverbote, Regelung des
Arbeitsmarktes, des Kredit- und Verkehrswesens, Rohstoffverteilung und -Ersatz
und dergleichen), besonders die Regelung der Erzeugung, Aufstapelung und
sachgemäßen, gerechten Verteilung der Lebens- und Futtermittel und anderer
Verbrauchsgegenstände im Kriege; im Frieden aber die organische Vorbereitung
aller für den Krieg in Betracht kommenden wirtschaftlichen, finanziellen, ver¬
kehrstechnischen, sozialrechtlichen und juristischen Maßregeln. Die genannten
Antragsteller denken an eine beim Preußischen Kriegsministerium oder beim
Reichsamt des Innern einzurichtende Abteilung oder auch an ein selbständiges
Reichsamt, das neben den Vertretern der Behörden auch sitz- und stimm¬
berechtigte Vertreter der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels, der Schiff¬
fahrt, der Handwerker und Arbeiter, kurz: aller gewerblichen Kreise als Sach¬
verständige enthalten soll (vergleiche Monatsschrift der Handelskammer Düsseldorf,
Mai-Nummer 1916).

Würde nun ein Reichsoolkswirtschastsrat geschaffen und würden, wie oben
angedeutet, jene Behörden ins Leben gerufen oder weiter ausgebaut, so könnte
das Preußische Kriegsministerium dem Kreise des Volkswirtschaftsrates stets
leicht die sachkundigen Männer entnehmen, deren es als Berater bei den in
Betracht kommenden wirtschaftlich-kaufmännischen Fragen bedarf. Ebenso könnte
der Volkswirtschaftsrat aus seiner Mitte einen Ausschutz wählen, der im Frieden
bei dem Neichswirtschaftsamt beratende Stimme hätte. Eine beschließende
Stimme wäre wohl nicht nötig, da dem Volkswirtschaftsrat selbst ja noch die
Beschlußfassung über alle wirtschaftlichen Fragen verbliebe. Im Kriege dagegen,
wo sich der gesamte Volkswirtschaftsrat wohl nicht häufiger versammeln würde
wie auch der Reichstag, könnte jener Ausschuß bei dem Kriegswirtschaftsamt
auch beschließende Stimmen erhalten, und außerdem bei diesem noch ein weiterer
Ausschuß mit beratender Stimme gebildet werden, dem auch die Vorstände der
Kriegsgesellschaften usw. und die Vertretungen der Verbraucher angehören
würden.

Es ist naturgemäß, daß wir jetzt infolge des Krieges die wirtschaftlichen
Einrichtungen für einen künftigen Kriegsfall schaffen wollen, die wir in diesem


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[0218] Lin deutscher Reich5volkswirtschaftsrat das im Kriegsfall gleichzeitig zu einem durch Vertreter anderer Reichs¬ behörden verstärkten Reichskriegsamt werden könnte, hätte auch alle die Ob¬ liegenheiten zu erfüllen, die zurzeit der beim Reichsamt des Innern als Beirat bestehende „Wirtschaftliche Ausschuß" erfüllen soll, und die nach den Anträgen der Handelskammern Elberfeld und Barmer sowie des Geh. Justizrath Professors Dr. Rießer und des Kommerzienrath Leonhardt in Dresden ein ins Leben zu rufender „Wirtschaftlicher Generalstab" zu erledigen hätte: nämlich den Abbau der kriegswirtschaftlichen Einrichtungen nach eingetretenem Frieden einschließlich der Vorschläge für die dringend notwendige Nachkriegsgesetzgebung, die Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf den Krieg, die Kriegsbereitschaft und Mobilmachung der Volkswirtschaft, also ihre Umschattung in und ihre Anpassung an den Krieg (Kriegssozialismus, Ausfuhrverbote, Regelung des Arbeitsmarktes, des Kredit- und Verkehrswesens, Rohstoffverteilung und -Ersatz und dergleichen), besonders die Regelung der Erzeugung, Aufstapelung und sachgemäßen, gerechten Verteilung der Lebens- und Futtermittel und anderer Verbrauchsgegenstände im Kriege; im Frieden aber die organische Vorbereitung aller für den Krieg in Betracht kommenden wirtschaftlichen, finanziellen, ver¬ kehrstechnischen, sozialrechtlichen und juristischen Maßregeln. Die genannten Antragsteller denken an eine beim Preußischen Kriegsministerium oder beim Reichsamt des Innern einzurichtende Abteilung oder auch an ein selbständiges Reichsamt, das neben den Vertretern der Behörden auch sitz- und stimm¬ berechtigte Vertreter der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels, der Schiff¬ fahrt, der Handwerker und Arbeiter, kurz: aller gewerblichen Kreise als Sach¬ verständige enthalten soll (vergleiche Monatsschrift der Handelskammer Düsseldorf, Mai-Nummer 1916). Würde nun ein Reichsoolkswirtschastsrat geschaffen und würden, wie oben angedeutet, jene Behörden ins Leben gerufen oder weiter ausgebaut, so könnte das Preußische Kriegsministerium dem Kreise des Volkswirtschaftsrates stets leicht die sachkundigen Männer entnehmen, deren es als Berater bei den in Betracht kommenden wirtschaftlich-kaufmännischen Fragen bedarf. Ebenso könnte der Volkswirtschaftsrat aus seiner Mitte einen Ausschutz wählen, der im Frieden bei dem Neichswirtschaftsamt beratende Stimme hätte. Eine beschließende Stimme wäre wohl nicht nötig, da dem Volkswirtschaftsrat selbst ja noch die Beschlußfassung über alle wirtschaftlichen Fragen verbliebe. Im Kriege dagegen, wo sich der gesamte Volkswirtschaftsrat wohl nicht häufiger versammeln würde wie auch der Reichstag, könnte jener Ausschuß bei dem Kriegswirtschaftsamt auch beschließende Stimmen erhalten, und außerdem bei diesem noch ein weiterer Ausschuß mit beratender Stimme gebildet werden, dem auch die Vorstände der Kriegsgesellschaften usw. und die Vertretungen der Verbraucher angehören würden. Es ist naturgemäß, daß wir jetzt infolge des Krieges die wirtschaftlichen Einrichtungen für einen künftigen Kriegsfall schaffen wollen, die wir in diesem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/218>, abgerufen am 17.06.2024.