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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.

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Ans Preußens Ostmark

fest, daß der Gesamtgewinn (1913 drei Millionen) sich 1915 auf 2V2 Millionen
Mark beziffert hat, daß 1914 keine. 1915 nur 2 Genossenschaften ihre Tätig¬
keit eingestellt haben, daß 1915 nur 6 Volksbanken Verluste in Höhe von
59 000 Mark aufwiesen, die rolniks mit dem sehr günstigen Gewinnergebnis
von 865 000 Mark abschlossen, die Landgenossenschaften aber einen empfindlichen
Verlust von fast 305 000 Mark erlitten. Auf letztere ist näher einzugehen.

Der "Dziennik Poznanski" hat sich vor einigen Tagen der dankenswerten
Aufgabe unterzogen, von der Tätigkeit der Landgenossenschaften während der
letzten 6 Jahre in Tabellenform ein anschauliches Bild zu entwerfen; die folgen-
den Zahlen sind ihm entnommen:

JahrGenossenschaftenGenossenGewinnVerlustBankdarlehen
1910193 944438 64538 2982 719 123
1911235 671475 50719 2662 970 237
1912245 432406 00695 4375 778 186
1913225 285360 730220 7255 393 118
19141"4 149806Z2177 9633 642 027
1915103 83085 728304 8632 664 876
1 847 228856 552
AnteileReservenDepositenGrundbesitzBetriebskapital
'
19101 805 8532 339 867 11 869 3803 691 63130 436 241
19111 985 0592 352 88113 246 1404 467 09532 771 639
19121 859 9932 452 71814 020 9404 81162535 142 977
19131 822 0952 230 57515 065 4614 515 34234 714 331
19141 318 1551 541 34711 387 9084 520 43622 664 183
19151 263 8661 290 28911 349 1234 303 88221 046 231

Wer diese Zahlen sorgfältig mustert, nimmt zweierlei wahr; erstens, daß
der Krieg den Rückgang des national-polnischen Landerwerbs- und Aufteilungs-
gefchäfts zwar wesentlich beschleunigt, aber nicht ausschließlich verursacht hat;
zweitens, daß. worauf die fett gedruckten Zahlen hindeuten, der Höhepunkt
der Entwicklung bereits vor dem Kriege 1911 und 1912 erreicht und 1913
überstiegen war, was namentlich die Abnahme der Reserven und des Betriebs¬
kapitals und die Zunahme auf der Verlustseite ergibt. Wie erklärt sich das?

Herr von Podbielski. damals Landschaftsminister, übte 1904 im Herren-
hause in Abwehr von "Geistesblitzen" des Herrn von Koscielsli. nach dem
Grundsatze: Die beste Verteidigung ist der Hieb, an den polnischen Parzellie¬
rungsbanken einschneidend Kritik. Er kennzeichnete ihre Verträge als "Hals-
abschneiderkontrakte" und betonte, daß diese Banken "nur Geldinstitute und auf
hohe Zinsen bedacht" seien. Indem er, unter dem Beifall des Hohen Hauses,
hinzufügte, es würden so "Stellen geschaffen, wo die Käufer vom ersten Tage
an ihrem Untergang entgegengingen", hatte er nach der deutschen Theorie
ganz, nach der polnischen Praxis nicht ganz recht. Recht hatte er in Betreff


Ans Preußens Ostmark

fest, daß der Gesamtgewinn (1913 drei Millionen) sich 1915 auf 2V2 Millionen
Mark beziffert hat, daß 1914 keine. 1915 nur 2 Genossenschaften ihre Tätig¬
keit eingestellt haben, daß 1915 nur 6 Volksbanken Verluste in Höhe von
59 000 Mark aufwiesen, die rolniks mit dem sehr günstigen Gewinnergebnis
von 865 000 Mark abschlossen, die Landgenossenschaften aber einen empfindlichen
Verlust von fast 305 000 Mark erlitten. Auf letztere ist näher einzugehen.

Der „Dziennik Poznanski" hat sich vor einigen Tagen der dankenswerten
Aufgabe unterzogen, von der Tätigkeit der Landgenossenschaften während der
letzten 6 Jahre in Tabellenform ein anschauliches Bild zu entwerfen; die folgen-
den Zahlen sind ihm entnommen:

JahrGenossenschaftenGenossenGewinnVerlustBankdarlehen
1910193 944438 64538 2982 719 123
1911235 671475 50719 2662 970 237
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Wer diese Zahlen sorgfältig mustert, nimmt zweierlei wahr; erstens, daß
der Krieg den Rückgang des national-polnischen Landerwerbs- und Aufteilungs-
gefchäfts zwar wesentlich beschleunigt, aber nicht ausschließlich verursacht hat;
zweitens, daß. worauf die fett gedruckten Zahlen hindeuten, der Höhepunkt
der Entwicklung bereits vor dem Kriege 1911 und 1912 erreicht und 1913
überstiegen war, was namentlich die Abnahme der Reserven und des Betriebs¬
kapitals und die Zunahme auf der Verlustseite ergibt. Wie erklärt sich das?

Herr von Podbielski. damals Landschaftsminister, übte 1904 im Herren-
hause in Abwehr von „Geistesblitzen" des Herrn von Koscielsli. nach dem
Grundsatze: Die beste Verteidigung ist der Hieb, an den polnischen Parzellie¬
rungsbanken einschneidend Kritik. Er kennzeichnete ihre Verträge als „Hals-
abschneiderkontrakte" und betonte, daß diese Banken „nur Geldinstitute und auf
hohe Zinsen bedacht" seien. Indem er, unter dem Beifall des Hohen Hauses,
hinzufügte, es würden so „Stellen geschaffen, wo die Käufer vom ersten Tage
an ihrem Untergang entgegengingen", hatte er nach der deutschen Theorie
ganz, nach der polnischen Praxis nicht ganz recht. Recht hatte er in Betreff


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[0021] Ans Preußens Ostmark fest, daß der Gesamtgewinn (1913 drei Millionen) sich 1915 auf 2V2 Millionen Mark beziffert hat, daß 1914 keine. 1915 nur 2 Genossenschaften ihre Tätig¬ keit eingestellt haben, daß 1915 nur 6 Volksbanken Verluste in Höhe von 59 000 Mark aufwiesen, die rolniks mit dem sehr günstigen Gewinnergebnis von 865 000 Mark abschlossen, die Landgenossenschaften aber einen empfindlichen Verlust von fast 305 000 Mark erlitten. Auf letztere ist näher einzugehen. Der „Dziennik Poznanski" hat sich vor einigen Tagen der dankenswerten Aufgabe unterzogen, von der Tätigkeit der Landgenossenschaften während der letzten 6 Jahre in Tabellenform ein anschauliches Bild zu entwerfen; die folgen- den Zahlen sind ihm entnommen: JahrGenossenschaftenGenossenGewinnVerlustBankdarlehen 1910193 944438 64538 2982 719 123 1911235 671475 50719 2662 970 237 1912245 432406 00695 4375 778 186 1913225 285360 730220 7255 393 118 19141»4 149806Z2177 9633 642 027 1915103 83085 728304 8632 664 876 1 847 228856 552 AnteileReservenDepositenGrundbesitzBetriebskapital ' 19101 805 8532 339 867 11 869 3803 691 63130 436 241 19111 985 0592 352 88113 246 1404 467 09532 771 639 19121 859 9932 452 71814 020 9404 81162535 142 977 19131 822 0952 230 57515 065 4614 515 34234 714 331 19141 318 1551 541 34711 387 9084 520 43622 664 183 19151 263 8661 290 28911 349 1234 303 88221 046 231 Wer diese Zahlen sorgfältig mustert, nimmt zweierlei wahr; erstens, daß der Krieg den Rückgang des national-polnischen Landerwerbs- und Aufteilungs- gefchäfts zwar wesentlich beschleunigt, aber nicht ausschließlich verursacht hat; zweitens, daß. worauf die fett gedruckten Zahlen hindeuten, der Höhepunkt der Entwicklung bereits vor dem Kriege 1911 und 1912 erreicht und 1913 überstiegen war, was namentlich die Abnahme der Reserven und des Betriebs¬ kapitals und die Zunahme auf der Verlustseite ergibt. Wie erklärt sich das? Herr von Podbielski. damals Landschaftsminister, übte 1904 im Herren- hause in Abwehr von „Geistesblitzen" des Herrn von Koscielsli. nach dem Grundsatze: Die beste Verteidigung ist der Hieb, an den polnischen Parzellie¬ rungsbanken einschneidend Kritik. Er kennzeichnete ihre Verträge als „Hals- abschneiderkontrakte" und betonte, daß diese Banken „nur Geldinstitute und auf hohe Zinsen bedacht" seien. Indem er, unter dem Beifall des Hohen Hauses, hinzufügte, es würden so „Stellen geschaffen, wo die Käufer vom ersten Tage an ihrem Untergang entgegengingen", hatte er nach der deutschen Theorie ganz, nach der polnischen Praxis nicht ganz recht. Recht hatte er in Betreff

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330971/21>, abgerufen am 14.05.2024.