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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Es ist ganz klar und hat mit der Wahl irgend eines staatlichen Systems
gar nichts zu tun, daß dieser Zustand nun bald aufhören muß, wenn Europa
überhaupt noch gerettet werden soll. Es geht nicht an, daß Nationen, die immer¬
fort von Völkerfreiheit reden, drei oder vier Völker auf Generationen hinaus zu
unnatürlichen Lebensbedingungen zwingen wollen. Es geht nicht an, daß christ¬
liche Nationen sich eigenmächtig zum Werkzeug eines rächenden Gottes aufwerfen.
W geht nicht an, daß jedermann in Europa ständig das Maul voll Ideale hat.
es aber, nachdem Millionen Leben und Lebensglück geopfert haben, ablehnt, Opfer
an materiellen Gütern zu bringen. 'Nur glaube niemand., daß diesem Zustand
°urch Formen des Staates oder Veränderungen unter den sogenannten regieren¬
den Männern ein Ende gemacht werden kann. Das ist nur durch die individuelle
tatkräftige Leistung des Einzelnen möglich. Kein Einsichtiger wird verlangen.
0W ein reicher Mann alles hingebe, um durch das Nadelöhr ins Himmelreich eines
neu erstandenen Europas zu gelangen (was doch von jedem Frontsoldaten ohne
^nnpernzucken nicht nur verlangt, sondern sogar vorausgesetzt wurde), niemand
verlangt Selbstentäußerung, wohl aber darf man Selbstbcscheidnng verlangen.
"!e muß geleistet werden in allen Ländern. Wenn französische Industrielle theo¬
retisch zwar einsehen, daß eine Monopolisierung des Wiederaufbaumarktes der
französischen Industrie nach vollzogener Wiederherstellung mehr schaden als nützen
tan", dennoch aber jede Beteiligung überschüssiger deutscher Kräfte ängstlich und
eifersüchtig ablehnen, wenn englische Industrielle eiuer englisch-französisch-deut-
Icheu Zusammenarbeit im allgemeinen zwar das Wort reden, im besonderen aber
Wort protestieren, wenn durch endliche Anbahnung einer deutsch-französischen
./nigunZ und beim ersten Versuch eiuer überbrückung der dem Wiederaufbau so
IZädlichen politischen Gegensätze ihre eigenen Lieferungsverträge mit französischen
^lederausbaufirmen bedroht erscheinen, wenn endlich deutsche Industrielle auf
ver Münchener Tagung zwar einerseits dein Vortrage des Ministers Rathenau
warmen Beifall, am Tage darauf jedoch der Polemik des Dr. niendert noch wär¬
meren Beifall spenden, so muß man nnr warnend darauf hinweisen, daß das
Gespenst des Bolschewismus durch das Wissen um die in Rußland eingetretene
Katastrophe uoch keineswegs hinlänglich und endgültig gebannt ist, sondern
zwangsläufig neue Kraft gewinnt, falls es den Kreisen, die heute führende sein
vollen und alle Einsicht für sich gepachtet zu haben glauben, nicht gelingt, die
^evensbedingungen nicht nur eines individuellen Landes, sondern ganz Europas,
gerade durch die Entwicklung des Weltkrieges eine Welteinheit geworden ist,
endgültig zu verbessern. Hier ist der Punkt, wo Ethik, über die man sich so rasch
M so oft zu lächeln erlaubt, und Politik sich mit der Kraft nnabweudbaren Ge-
luM'es berühren. Die Wiedergesnndung Europas ist viel weniger ein politisches
oder wirtschaftliches, sie ist in' allererster Linie ein ethisches Problem. Es steht
'Urgends geschrieben, daß ein Ethiker sich die Butter vom Brot nehmen lassen
Auß, es ist keineswegs ausgemacht, daß Ethiker schwächliche Naturen sein müssen,
-"ur durch ein täglich wiederholtes, tätkräftig bekundetes ethisches Beispiel jedoch
wird es gelingen, die vielen Einzelnen, aus denen die Massen und Völker bestehen,
^Utzureißen und Steuerfeder, Anarchie, maßlose Gewinnsucht, Faulheit und Ver-
°?^>lung zu überwinden. Das Gelingen dieses Versuchs wird die Probe sein,
es ^ropa in seiner jetzigen soziologischen Gestalt noch lebenskräftig ist, oder ob
- erst in die riesige Häckselmaschine des Bolschewismus hinein muß, damit ans
"ern Chaos ein Neues werde.

to> ^ Schon beginnen die Amerikaner auf Europa als ein Gefäß von Schlangen
^ravzusehen. "Man sagt uns beständig", schreibt der "San Francisco
""er", "daß Mitteleuropa zum Normalzustand zurückkehren müsse, wenn
welches Geschäft blühen und Amerikas europäischer Handel wieder belebt
t", " ^le- Der Hilferuf kommt hauptsächlich aus London mit Paris. Was
" London und Paris, um zu helfen? Was haben die europäischen Mächte, ab-
^> leyeu von der Bitte an die Vereinigten Staaten, noch weitere amerikanische
uuvnen in den Abgrund zu werfen, getan, um Österreich zu stützen? Weniger


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Es ist ganz klar und hat mit der Wahl irgend eines staatlichen Systems
gar nichts zu tun, daß dieser Zustand nun bald aufhören muß, wenn Europa
überhaupt noch gerettet werden soll. Es geht nicht an, daß Nationen, die immer¬
fort von Völkerfreiheit reden, drei oder vier Völker auf Generationen hinaus zu
unnatürlichen Lebensbedingungen zwingen wollen. Es geht nicht an, daß christ¬
liche Nationen sich eigenmächtig zum Werkzeug eines rächenden Gottes aufwerfen.
W geht nicht an, daß jedermann in Europa ständig das Maul voll Ideale hat.
es aber, nachdem Millionen Leben und Lebensglück geopfert haben, ablehnt, Opfer
an materiellen Gütern zu bringen. 'Nur glaube niemand., daß diesem Zustand
°urch Formen des Staates oder Veränderungen unter den sogenannten regieren¬
den Männern ein Ende gemacht werden kann. Das ist nur durch die individuelle
tatkräftige Leistung des Einzelnen möglich. Kein Einsichtiger wird verlangen.
0W ein reicher Mann alles hingebe, um durch das Nadelöhr ins Himmelreich eines
neu erstandenen Europas zu gelangen (was doch von jedem Frontsoldaten ohne
^nnpernzucken nicht nur verlangt, sondern sogar vorausgesetzt wurde), niemand
verlangt Selbstentäußerung, wohl aber darf man Selbstbcscheidnng verlangen.
«!e muß geleistet werden in allen Ländern. Wenn französische Industrielle theo¬
retisch zwar einsehen, daß eine Monopolisierung des Wiederaufbaumarktes der
französischen Industrie nach vollzogener Wiederherstellung mehr schaden als nützen
tan«, dennoch aber jede Beteiligung überschüssiger deutscher Kräfte ängstlich und
eifersüchtig ablehnen, wenn englische Industrielle eiuer englisch-französisch-deut-
Icheu Zusammenarbeit im allgemeinen zwar das Wort reden, im besonderen aber
Wort protestieren, wenn durch endliche Anbahnung einer deutsch-französischen
./nigunZ und beim ersten Versuch eiuer überbrückung der dem Wiederaufbau so
IZädlichen politischen Gegensätze ihre eigenen Lieferungsverträge mit französischen
^lederausbaufirmen bedroht erscheinen, wenn endlich deutsche Industrielle auf
ver Münchener Tagung zwar einerseits dein Vortrage des Ministers Rathenau
warmen Beifall, am Tage darauf jedoch der Polemik des Dr. niendert noch wär¬
meren Beifall spenden, so muß man nnr warnend darauf hinweisen, daß das
Gespenst des Bolschewismus durch das Wissen um die in Rußland eingetretene
Katastrophe uoch keineswegs hinlänglich und endgültig gebannt ist, sondern
zwangsläufig neue Kraft gewinnt, falls es den Kreisen, die heute führende sein
vollen und alle Einsicht für sich gepachtet zu haben glauben, nicht gelingt, die
^evensbedingungen nicht nur eines individuellen Landes, sondern ganz Europas,
gerade durch die Entwicklung des Weltkrieges eine Welteinheit geworden ist,
endgültig zu verbessern. Hier ist der Punkt, wo Ethik, über die man sich so rasch
M so oft zu lächeln erlaubt, und Politik sich mit der Kraft nnabweudbaren Ge-
luM'es berühren. Die Wiedergesnndung Europas ist viel weniger ein politisches
oder wirtschaftliches, sie ist in' allererster Linie ein ethisches Problem. Es steht
'Urgends geschrieben, daß ein Ethiker sich die Butter vom Brot nehmen lassen
Auß, es ist keineswegs ausgemacht, daß Ethiker schwächliche Naturen sein müssen,
-"ur durch ein täglich wiederholtes, tätkräftig bekundetes ethisches Beispiel jedoch
wird es gelingen, die vielen Einzelnen, aus denen die Massen und Völker bestehen,
^Utzureißen und Steuerfeder, Anarchie, maßlose Gewinnsucht, Faulheit und Ver-
°?^>lung zu überwinden. Das Gelingen dieses Versuchs wird die Probe sein,
es ^ropa in seiner jetzigen soziologischen Gestalt noch lebenskräftig ist, oder ob
- erst in die riesige Häckselmaschine des Bolschewismus hinein muß, damit ans
"ern Chaos ein Neues werde.

to> ^ Schon beginnen die Amerikaner auf Europa als ein Gefäß von Schlangen
^ravzusehen. „Man sagt uns beständig", schreibt der „San Francisco
""er", „daß Mitteleuropa zum Normalzustand zurückkehren müsse, wenn
welches Geschäft blühen und Amerikas europäischer Handel wieder belebt
t„, « ^le- Der Hilferuf kommt hauptsächlich aus London mit Paris. Was
" London und Paris, um zu helfen? Was haben die europäischen Mächte, ab-
^> leyeu von der Bitte an die Vereinigten Staaten, noch weitere amerikanische
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[0069] N)eltspicgel Es ist ganz klar und hat mit der Wahl irgend eines staatlichen Systems gar nichts zu tun, daß dieser Zustand nun bald aufhören muß, wenn Europa überhaupt noch gerettet werden soll. Es geht nicht an, daß Nationen, die immer¬ fort von Völkerfreiheit reden, drei oder vier Völker auf Generationen hinaus zu unnatürlichen Lebensbedingungen zwingen wollen. Es geht nicht an, daß christ¬ liche Nationen sich eigenmächtig zum Werkzeug eines rächenden Gottes aufwerfen. W geht nicht an, daß jedermann in Europa ständig das Maul voll Ideale hat. es aber, nachdem Millionen Leben und Lebensglück geopfert haben, ablehnt, Opfer an materiellen Gütern zu bringen. 'Nur glaube niemand., daß diesem Zustand °urch Formen des Staates oder Veränderungen unter den sogenannten regieren¬ den Männern ein Ende gemacht werden kann. Das ist nur durch die individuelle tatkräftige Leistung des Einzelnen möglich. Kein Einsichtiger wird verlangen. 0W ein reicher Mann alles hingebe, um durch das Nadelöhr ins Himmelreich eines neu erstandenen Europas zu gelangen (was doch von jedem Frontsoldaten ohne ^nnpernzucken nicht nur verlangt, sondern sogar vorausgesetzt wurde), niemand verlangt Selbstentäußerung, wohl aber darf man Selbstbcscheidnng verlangen. «!e muß geleistet werden in allen Ländern. Wenn französische Industrielle theo¬ retisch zwar einsehen, daß eine Monopolisierung des Wiederaufbaumarktes der französischen Industrie nach vollzogener Wiederherstellung mehr schaden als nützen tan«, dennoch aber jede Beteiligung überschüssiger deutscher Kräfte ängstlich und eifersüchtig ablehnen, wenn englische Industrielle eiuer englisch-französisch-deut- Icheu Zusammenarbeit im allgemeinen zwar das Wort reden, im besonderen aber Wort protestieren, wenn durch endliche Anbahnung einer deutsch-französischen ./nigunZ und beim ersten Versuch eiuer überbrückung der dem Wiederaufbau so IZädlichen politischen Gegensätze ihre eigenen Lieferungsverträge mit französischen ^lederausbaufirmen bedroht erscheinen, wenn endlich deutsche Industrielle auf ver Münchener Tagung zwar einerseits dein Vortrage des Ministers Rathenau warmen Beifall, am Tage darauf jedoch der Polemik des Dr. niendert noch wär¬ meren Beifall spenden, so muß man nnr warnend darauf hinweisen, daß das Gespenst des Bolschewismus durch das Wissen um die in Rußland eingetretene Katastrophe uoch keineswegs hinlänglich und endgültig gebannt ist, sondern zwangsläufig neue Kraft gewinnt, falls es den Kreisen, die heute führende sein vollen und alle Einsicht für sich gepachtet zu haben glauben, nicht gelingt, die ^evensbedingungen nicht nur eines individuellen Landes, sondern ganz Europas, gerade durch die Entwicklung des Weltkrieges eine Welteinheit geworden ist, endgültig zu verbessern. Hier ist der Punkt, wo Ethik, über die man sich so rasch M so oft zu lächeln erlaubt, und Politik sich mit der Kraft nnabweudbaren Ge- luM'es berühren. Die Wiedergesnndung Europas ist viel weniger ein politisches oder wirtschaftliches, sie ist in' allererster Linie ein ethisches Problem. Es steht 'Urgends geschrieben, daß ein Ethiker sich die Butter vom Brot nehmen lassen Auß, es ist keineswegs ausgemacht, daß Ethiker schwächliche Naturen sein müssen, -"ur durch ein täglich wiederholtes, tätkräftig bekundetes ethisches Beispiel jedoch wird es gelingen, die vielen Einzelnen, aus denen die Massen und Völker bestehen, ^Utzureißen und Steuerfeder, Anarchie, maßlose Gewinnsucht, Faulheit und Ver- °?^>lung zu überwinden. Das Gelingen dieses Versuchs wird die Probe sein, es ^ropa in seiner jetzigen soziologischen Gestalt noch lebenskräftig ist, oder ob - erst in die riesige Häckselmaschine des Bolschewismus hinein muß, damit ans "ern Chaos ein Neues werde. to> ^ Schon beginnen die Amerikaner auf Europa als ein Gefäß von Schlangen ^ravzusehen. „Man sagt uns beständig", schreibt der „San Francisco ""er", „daß Mitteleuropa zum Normalzustand zurückkehren müsse, wenn welches Geschäft blühen und Amerikas europäischer Handel wieder belebt t„, « ^le- Der Hilferuf kommt hauptsächlich aus London mit Paris. Was " London und Paris, um zu helfen? Was haben die europäischen Mächte, ab- ^> leyeu von der Bitte an die Vereinigten Staaten, noch weitere amerikanische uuvnen in den Abgrund zu werfen, getan, um Österreich zu stützen? Weniger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/69>, abgerufen am 21.09.2024.