Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Johann: Send-Schreiben an einen S. Theologum. Leipzig, 1711.

Bild:
<< vorherige Seite

sich von den andern Leuten meynen abzusondern / und zu dem Geistlichen Stande begeben. Ja wenn er in der Bibel lesen wird / so wird der Scrupel wider des Autoris Argument noch grösser / weil in derselben geschrieben stehet / daß nicht viele Gewaltige nach dem Fleische / nicht viel Edle beruffen / sondern was thöricht ist vor der Welt / das hat GOtt erwehlet / und das Unedle für der Welt das hat GOtt erwehlet / 1. Cor. 1 / 26. 27. 28. Hernach wenn wir auch den Minorem ansehen / so frag ich ihn auf seine Seele: Ob bey den Römisch-Catholischen / die Erwehlung des Geistlichen Standes mit Grund der Warheit / eine Verlassung der Welt mit aller Eitelkeit / oder nicht mit besserem Grunde / eine Suchung der Welt mit aller Eitelkeit heissen könne? Ich rede ietzt nicht von etlichen / die etwan aus Unwissenheit / Einfalt und Aberglauben sich darein begeben / und auch in Einfalt darinnen leben; sondern ich rede von dem was am meisten geschicht / und davon die Rede ist: und da getraue ich mirs wohl zu behaupten / daß das geistliche Leben vielmehr heist die Eitelkeit der Welt erwehlen / als fliehen. Die tägliche Erfahrung mag hiervon ein unwiderleglich Zeugniß ablegen. Daher auch andere deßwe-

sich von den andern Leuten meynen abzusondern / und zu dem Geistlichen Stande begeben. Ja wenn er in der Bibel lesen wird / so wird der Scrupel wider des Autoris Argument noch grösser / weil in derselben geschrieben stehet / daß nicht viele Gewaltige nach dem Fleische / nicht viel Edle beruffen / sondern was thöricht ist vor der Welt / das hat GOtt erwehlet / und das Unedle für der Welt das hat GOtt erwehlet / 1. Cor. 1 / 26. 27. 28. Hernach wenn wir auch den Minorem ansehen / so frag ich ihn auf seine Seele: Ob bey den Römisch-Catholischen / die Erwehlung des Geistlichen Standes mit Grund der Warheit / eine Verlassung der Welt mit aller Eitelkeit / oder nicht mit besserem Grunde / eine Suchung der Welt mit aller Eitelkeit heissen könne? Ich rede ietzt nicht von etlichen / die etwan aus Unwissenheit / Einfalt und Aberglauben sich darein begeben / und auch in Einfalt darinnen leben; sondern ich rede von dem was am meisten geschicht / und davon die Rede ist: und da getraue ich mirs wohl zu behaupten / daß das geistliche Leben vielmehr heist die Eitelkeit der Welt erwehlen / als fliehen. Die tägliche Erfahrung mag hiervon ein unwiderleglich Zeugniß ablegen. Daher auch andere deßwe-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0059" n="59"/>
sich von den andern                      Leuten meynen abzusondern / und zu dem Geistlichen Stande begeben. Ja wenn er in                      der Bibel lesen wird / so wird der Scrupel wider des Autoris Argument noch                      grösser / weil in derselben geschrieben stehet / daß nicht viele Gewaltige nach                      dem Fleische / nicht viel Edle beruffen / sondern was thöricht ist vor der Welt                      / das hat GOtt erwehlet / und das Unedle für der Welt das hat GOtt erwehlet / 1.                      Cor. 1 / 26. 27. 28. Hernach wenn wir auch den Minorem ansehen / so frag ich ihn                      auf seine Seele: Ob bey den Römisch-Catholischen / die Erwehlung des Geistlichen                      Standes mit Grund der Warheit / eine Verlassung der Welt mit aller Eitelkeit /                      oder nicht mit besserem Grunde / eine Suchung der Welt mit aller Eitelkeit                      heissen könne? Ich rede ietzt nicht von etlichen / die etwan aus Unwissenheit /                      Einfalt und Aberglauben sich darein begeben / und auch in Einfalt darinnen                      leben; sondern ich rede von dem was am meisten geschicht / und davon die Rede                      ist: und da getraue ich mirs wohl zu behaupten / daß das geistliche Leben                      vielmehr heist die Eitelkeit der Welt erwehlen / als fliehen. Die tägliche                      Erfahrung mag hiervon ein unwiderleglich Zeugniß ablegen. Daher auch andere                              deßwe-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0059] sich von den andern Leuten meynen abzusondern / und zu dem Geistlichen Stande begeben. Ja wenn er in der Bibel lesen wird / so wird der Scrupel wider des Autoris Argument noch grösser / weil in derselben geschrieben stehet / daß nicht viele Gewaltige nach dem Fleische / nicht viel Edle beruffen / sondern was thöricht ist vor der Welt / das hat GOtt erwehlet / und das Unedle für der Welt das hat GOtt erwehlet / 1. Cor. 1 / 26. 27. 28. Hernach wenn wir auch den Minorem ansehen / so frag ich ihn auf seine Seele: Ob bey den Römisch-Catholischen / die Erwehlung des Geistlichen Standes mit Grund der Warheit / eine Verlassung der Welt mit aller Eitelkeit / oder nicht mit besserem Grunde / eine Suchung der Welt mit aller Eitelkeit heissen könne? Ich rede ietzt nicht von etlichen / die etwan aus Unwissenheit / Einfalt und Aberglauben sich darein begeben / und auch in Einfalt darinnen leben; sondern ich rede von dem was am meisten geschicht / und davon die Rede ist: und da getraue ich mirs wohl zu behaupten / daß das geistliche Leben vielmehr heist die Eitelkeit der Welt erwehlen / als fliehen. Die tägliche Erfahrung mag hiervon ein unwiderleglich Zeugniß ablegen. Daher auch andere deßwe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_sendschreiben_1711
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_sendschreiben_1711/59
Zitationshilfe: Günther, Johann: Send-Schreiben an einen S. Theologum. Leipzig, 1711, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_sendschreiben_1711/59>, abgerufen am 29.03.2024.