Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

Bild:
<< vorherige Seite


Mittler-Amtes JEsu Christi in
der Seelen müsse gezeuget werden?

Erläuterung.

Der Grad der Liebe richtet sich nach der grös-
se des Begriffs von denen göttl. Vollenkommen-
heiten/ in so fern sich dieselbe zur Beförderung un-
serer Seeligkeit äusern und geschäfftig erweisen.
(quaest. 61.) Nun ist ohne den Begriff von dem
Mittler-Amt JEsu Christi die Seele in Anse-
hung ihrer sündlichen Schwachheit voll Unge-
wißheit/ voller Gewissens-Stiche/ voll furcht und
Mißvergnügens. (quaest. 38.) Durch Hülffe die-
ses Mittlers aber haben die göttliche Vollen-
kommenheiten sich solchergestallt geoffenbahret/
daß die Seele/ wenn sie der Früchte seines Leydens
durch den glauben theilhafftig geworden/ auch
bey denen ihr noch anklebenden sündlichen
Schwachheiten voller Zuversicht/ voller Gewissens-
Freudigkeit/ voller Hoffnung/ Vergnügens und
Trostes seyn könne. (quaest. 67) Solchemnach hat
GOtt seine Macht/ Weißheit/ Gerechtigkeit/ Liebe/
Gnad und Barmhertzigkeit also kund gemacht; daß
wir unter dem Zustand des gegenwärtigen Lebens
keine Gelegenheit haben/ köstlicher von ihm zu ge-
dencken. Da nun die Empfindungen unsers Gei-
stes/ welche dessen Seligkeit in dieser Welt aus-
machen/ derselben Wirckungen; so ist es nicht allein
unmöglich/ daß wir den nicht lieben sollten/ der
uns also geliebet/ sondern die Liebe muß auch nach

dem


Mittler-Amtes JEſu Chriſti in
der Seelen muͤſſe gezeuget werden?

Erlaͤuterung.

Der Grad der Liebe richtet ſich nach der groͤſ-
ſe des Begriffs von denen goͤttl. Vollenkommen-
heiten/ in ſo fern ſich dieſelbe zur Befoͤrderung un-
ſerer Seeligkeit aͤuſern und geſchaͤfftig erweiſen.
(quæſt. 61.) Nun iſt ohne den Begriff von dem
Mittler-Amt JEſu Chriſti die Seele in Anſe-
hung ihrer ſuͤndlichen Schwachheit voll Unge-
wißheit/ voller Gewiſſens-Stiche/ voll furcht und
Mißvergnuͤgens. (quæſt. 38.) Durch Huͤlffe die-
ſes Mittlers aber haben die goͤttliche Vollen-
kommenheiten ſich ſolchergeſtallt geoffenbahret/
daß die Seele/ wenn ſie der Fruͤchte ſeines Leydens
durch den glauben theilhafftig geworden/ auch
bey denen ihr noch anklebenden ſuͤndlichen
Schwachheiten voller Zuverſicht/ voller Gewiſſens-
Freudigkeit/ voller Hoffnung/ Vergnuͤgens und
Troſtes ſeyn koͤnne. (quæſt. 67) Solchemnach hat
GOtt ſeine Macht/ Weißheit/ Gerechtigkeit/ Liebe/
Gnad und Barmhertzigkeit alſo kund gemacht; daß
wir unter dem Zuſtand des gegenwaͤrtigen Lebens
keine Gelegenheit haben/ koͤſtlicher von ihm zu ge-
dencken. Da nun die Empfindungen unſers Gei-
ſtes/ welche deſſen Seligkeit in dieſer Welt aus-
machen/ derſelben Wirckungen; ſo iſt es nicht allein
unmoͤglich/ daß wir den nicht lieben ſollten/ der
uns alſo geliebet/ ſondern die Liebe muß auch nach

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <head>
            <pb facs="#f0198" n="146"/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <hi rendition="#b">Mittler-Amtes JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti in<lb/>
der Seelen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e gezeuget werden?</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Erla&#x0364;uterung.</hi> </hi> </p><lb/>
          <p>Der Grad der Liebe richtet &#x017F;ich nach der gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e des Begriffs von denen go&#x0364;ttl. Vollenkommen-<lb/>
heiten/ in &#x017F;o fern &#x017F;ich die&#x017F;elbe zur Befo&#x0364;rderung un-<lb/>
&#x017F;erer Seeligkeit a&#x0364;u&#x017F;ern und ge&#x017F;cha&#x0364;fftig erwei&#x017F;en.<lb/>
(<hi rendition="#aq">quæ&#x017F;t.</hi> 61.) Nun i&#x017F;t ohne den Begriff von dem<lb/>
Mittler-Amt JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti die Seele in An&#x017F;e-<lb/>
hung ihrer &#x017F;u&#x0364;ndlichen Schwachheit voll Unge-<lb/>
wißheit/ voller Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Stiche/ voll furcht und<lb/>
Mißvergnu&#x0364;gens. (<hi rendition="#aq">quæ&#x017F;t.</hi> 38.) Durch Hu&#x0364;lffe die-<lb/>
&#x017F;es Mittlers aber haben die go&#x0364;ttliche Vollen-<lb/>
kommenheiten &#x017F;ich &#x017F;olcherge&#x017F;tallt geoffenbahret/<lb/>
daß die Seele/ wenn &#x017F;ie der Fru&#x0364;chte &#x017F;eines Leydens<lb/>
durch den glauben theilhafftig geworden/ auch<lb/>
bey denen ihr noch anklebenden &#x017F;u&#x0364;ndlichen<lb/>
Schwachheiten voller Zuver&#x017F;icht/ voller Gewi&#x017F;&#x017F;ens-<lb/>
Freudigkeit/ voller Hoffnung/ Vergnu&#x0364;gens und<lb/>
Tro&#x017F;tes &#x017F;eyn ko&#x0364;nne. (<hi rendition="#aq">quæ&#x017F;t.</hi> 67) Solchemnach hat<lb/>
GOtt &#x017F;eine Macht/ Weißheit/ Gerechtigkeit/ Liebe/<lb/>
Gnad und Barmhertzigkeit al&#x017F;o kund gemacht; daß<lb/>
wir unter dem Zu&#x017F;tand des gegenwa&#x0364;rtigen Lebens<lb/>
keine Gelegenheit haben/ ko&#x0364;&#x017F;tlicher von ihm zu ge-<lb/>
dencken. Da nun die Empfindungen un&#x017F;ers Gei-<lb/>
&#x017F;tes/ welche de&#x017F;&#x017F;en Seligkeit in die&#x017F;er Welt aus-<lb/>
machen/ der&#x017F;elben Wirckungen; &#x017F;o i&#x017F;t es nicht allein<lb/>
unmo&#x0364;glich/ daß wir den nicht lieben &#x017F;ollten/ der<lb/>
uns al&#x017F;o geliebet/ &#x017F;ondern die Liebe muß auch nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0198] Mittler-Amtes JEſu Chriſti in der Seelen muͤſſe gezeuget werden? Erlaͤuterung. Der Grad der Liebe richtet ſich nach der groͤſ- ſe des Begriffs von denen goͤttl. Vollenkommen- heiten/ in ſo fern ſich dieſelbe zur Befoͤrderung un- ſerer Seeligkeit aͤuſern und geſchaͤfftig erweiſen. (quæſt. 61.) Nun iſt ohne den Begriff von dem Mittler-Amt JEſu Chriſti die Seele in Anſe- hung ihrer ſuͤndlichen Schwachheit voll Unge- wißheit/ voller Gewiſſens-Stiche/ voll furcht und Mißvergnuͤgens. (quæſt. 38.) Durch Huͤlffe die- ſes Mittlers aber haben die goͤttliche Vollen- kommenheiten ſich ſolchergeſtallt geoffenbahret/ daß die Seele/ wenn ſie der Fruͤchte ſeines Leydens durch den glauben theilhafftig geworden/ auch bey denen ihr noch anklebenden ſuͤndlichen Schwachheiten voller Zuverſicht/ voller Gewiſſens- Freudigkeit/ voller Hoffnung/ Vergnuͤgens und Troſtes ſeyn koͤnne. (quæſt. 67) Solchemnach hat GOtt ſeine Macht/ Weißheit/ Gerechtigkeit/ Liebe/ Gnad und Barmhertzigkeit alſo kund gemacht; daß wir unter dem Zuſtand des gegenwaͤrtigen Lebens keine Gelegenheit haben/ koͤſtlicher von ihm zu ge- dencken. Da nun die Empfindungen unſers Gei- ſtes/ welche deſſen Seligkeit in dieſer Welt aus- machen/ derſelben Wirckungen; ſo iſt es nicht allein unmoͤglich/ daß wir den nicht lieben ſollten/ der uns alſo geliebet/ ſondern die Liebe muß auch nach dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/198
Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/198>, abgerufen am 26.04.2024.