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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
wann man die ordentliche Obrigkeit nicht vorbey
gienge/ im Fall ihm aber dieselbe patrociniren solte/
hätte man das Duell noch allemahl zur Satisfaction
vor sich. Belligny sprach jetzo: So wil ich dann mei-
nem Herrn darinn willig folgen/ dann ich glaube/ der
Herr Condado habe mit Fleiß seine Meynung am
Letzten geben wollen/ damit er auß den Vorherge-
henden das Beste erwählen möge. Klingenfeld sprach
darauf: Welches deucht meinen Herren dann wol
am besten zu seyn/ daß einer in dergleichen Rathschla-
gungen zuerst/ oder zuletzt/ seine Meynung gebe?
Mein Herr verzeyhe mir/ war deß Belligny Entschul-
digung/ daß ich mich hierüber nicht werde vernehmen
lassen/ dann ich bekenne es/ daß ich meine Jugend im
Feld und unter dem Waffen-Gerassel zugebracht/ und
den gelehrten Musen also nicht zu nahe getretten bin/
wiewol ich jetzo wünsche/ daß ich etliche Jahre auf die
Studia möchte gewendet haben. Jch glaube aber/ un-
sere edle Lucretia werde an meine Stelle hierauf zu
antworten wissen. Also warff ein Jeder die Augen
auf die wol-belesene Lucretia, welche demnach ihres
Liebsten Stelle mit folgender Antwort gebührlich zu
ersetzen wuste:

DJe Jenigen/ sprach sie/ welche mit ihren vorher bedachten
Reden Lob und Preyß einlegen/ und selbigen Ruhm/ so sie
einmahl erlanget haben/ behalten wollen/ sollen in den ersten ze-
hen Jahren (welche Zeit einen guten Redner zu machen erfor-
dert wird/) allezeit darnach trachten/ daß sie erst reden/ damit sie
nicht allein dardurch einen Discurs, der vielmahls ihrem Ge-
dächtnüß mehr beschwerlicher ist/ als einem Sack-Träger seine
Last/ je eher/ je lieber/ ablegen. Sondern/ weil auch ein und das
andere Ding eine andere Art hat/ wann es zuerst oder zuletzt vor-
gehracht wird/ auch den Zuhörern ein Ding ins gemein viel an-
genehmer ist/ zur Zeit/ da ihre Ohren noch leer und frisch/ oder
durch Geschwätz nicht übertäubet seynd/ als wann ihnen schon
die erste Begierde zu hören vergangen ist. Dann es ist mit dem

Mensch-

Deß Academiſchen
wann man die ordentliche Obrigkeit nicht vorbey
gienge/ im Fall ihm aber dieſelbe patrociniren ſolte/
haͤtte man das Duell noch allemahl zur Satisfaction
vor ſich. Belligny ſprach jetzo: So wil ich dann mei-
nem Herꝛn darinn willig folgen/ dann ich glaube/ der
Herꝛ Condado habe mit Fleiß ſeine Meynung am
Letzten geben wollen/ damit er auß den Vorherge-
henden das Beſte erwaͤhlen moͤge. Klingenfeld ſprach
darauf: Welches deucht meinen Herren dann wol
am beſten zu ſeyn/ daß einer in dergleichen Rathſchla-
gungen zuerſt/ oder zuletzt/ ſeine Meynung gebe?
Mein Herꝛ verzeyhe mir/ war deß Belligny Entſchul-
digung/ daß ich mich hieruͤber nicht werde vernehmen
laſſen/ dann ich bekenne es/ daß ich meine Jugend im
Feld und unter dem Waffen-Geraſſel zugebracht/ uñ
den gelehrten Muſen alſo nicht zu nahe getretten bin/
wiewol ich jetzo wuͤnſche/ daß ich etliche Jahre auf die
Studia moͤchte gewendet haben. Jch glaube aber/ un-
ſere edle Lucretia werde an meine Stelle hierauf zu
antworten wiſſen. Alſo warff ein Jeder die Augen
auf die wol-beleſene Lucretia, welche demnach ihres
Liebſten Stelle mit folgender Antwort gebuͤhrlich zu
erſetzen wuſte:

DJe Jenigen/ ſprach ſie/ welche mit ihren vorher bedachten
Reden Lob und Preyß einlegen/ und ſelbigen Ruhm/ ſo ſie
einmahl erlanget haben/ behalten wollen/ ſollen in den erſten ze-
hen Jahren (welche Zeit einen guten Redner zu machen erfor-
dert wird/) allezeit darnach trachten/ daß ſie erſt reden/ damit ſie
nicht allein dardurch einen Diſcurs, der vielmahls ihrem Ge-
daͤchtnuͤß mehr beſchwerlicher iſt/ als einem Sack-Traͤger ſeine
Laſt/ je eher/ je lieber/ ablegen. Sondern/ weil auch ein und das
andere Ding eine andere Art hat/ wann es zuerſt oder zuletzt vor-
gehracht wird/ auch den Zuhoͤrern ein Ding ins gemein viel an-
genehmer iſt/ zur Zeit/ da ihre Ohren noch leer und friſch/ oder
durch Geſchwaͤtz nicht uͤbertaͤubet ſeynd/ als wann ihnen ſchon
die erſte Begierde zu hoͤren vergangen iſt. Dann es iſt mit dem

Menſch-
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[584/0600] Deß Academiſchen wann man die ordentliche Obrigkeit nicht vorbey gienge/ im Fall ihm aber dieſelbe patrociniren ſolte/ haͤtte man das Duell noch allemahl zur Satisfaction vor ſich. Belligny ſprach jetzo: So wil ich dann mei- nem Herꝛn darinn willig folgen/ dann ich glaube/ der Herꝛ Condado habe mit Fleiß ſeine Meynung am Letzten geben wollen/ damit er auß den Vorherge- henden das Beſte erwaͤhlen moͤge. Klingenfeld ſprach darauf: Welches deucht meinen Herren dann wol am beſten zu ſeyn/ daß einer in dergleichen Rathſchla- gungen zuerſt/ oder zuletzt/ ſeine Meynung gebe? Mein Herꝛ verzeyhe mir/ war deß Belligny Entſchul- digung/ daß ich mich hieruͤber nicht werde vernehmen laſſen/ dann ich bekenne es/ daß ich meine Jugend im Feld und unter dem Waffen-Geraſſel zugebracht/ uñ den gelehrten Muſen alſo nicht zu nahe getretten bin/ wiewol ich jetzo wuͤnſche/ daß ich etliche Jahre auf die Studia moͤchte gewendet haben. Jch glaube aber/ un- ſere edle Lucretia werde an meine Stelle hierauf zu antworten wiſſen. Alſo warff ein Jeder die Augen auf die wol-beleſene Lucretia, welche demnach ihres Liebſten Stelle mit folgender Antwort gebuͤhrlich zu erſetzen wuſte: DJe Jenigen/ ſprach ſie/ welche mit ihren vorher bedachten Reden Lob und Preyß einlegen/ und ſelbigen Ruhm/ ſo ſie einmahl erlanget haben/ behalten wollen/ ſollen in den erſten ze- hen Jahren (welche Zeit einen guten Redner zu machen erfor- dert wird/) allezeit darnach trachten/ daß ſie erſt reden/ damit ſie nicht allein dardurch einen Diſcurs, der vielmahls ihrem Ge- daͤchtnuͤß mehr beſchwerlicher iſt/ als einem Sack-Traͤger ſeine Laſt/ je eher/ je lieber/ ablegen. Sondern/ weil auch ein und das andere Ding eine andere Art hat/ wann es zuerſt oder zuletzt vor- gehracht wird/ auch den Zuhoͤrern ein Ding ins gemein viel an- genehmer iſt/ zur Zeit/ da ihre Ohren noch leer und friſch/ oder durch Geſchwaͤtz nicht uͤbertaͤubet ſeynd/ als wann ihnen ſchon die erſte Begierde zu hoͤren vergangen iſt. Dann es iſt mit dem Menſch-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/600>, abgerufen am 29.04.2024.