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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
nicht allein auf gegenwärtige Zeit/ sondern auch noch etliche
auf künfftige Jahre hinterlassen.

Solche Künste und Wissenschafften zu lernen hat er frey-
lich wenig Zeit und Gelegenheit gehabt. Dann von Jugend
an/ biß ohngefähr in das 50. Jahr seines Alters/ hat er stäts der
Bauer-Arbeit mit Vieh-vüten/ Ackern/ Pflügen/ Dreschen/ und
dergleichen/ abwarten müssen/ jedoch hat er unter solcher viel-
fältigen/ schweren/ mübsamen Arveit selvige erlernet. Die Liebe
zu Künsten und Wissenschafften ist bey ihm so groß gewesen/
daß er Tag und Nacht darnach getrachtet/ wo er gestanden und
gegangen/ stäts ein Buch beylsich geführet/ und dar auß gelernet.
Auch über dem Essen hat er nicht feyren können/ sintemahl er
Anfangs/ ehe er ein wenig Lufft oder Ruhe von der Arbeit be-
kommen/ immer ein Buch auf dem Tisch neben sich ligend ge-
habt/ darinnen er unter währendem Essen gelesen.

Wann er gedroschen/ hat er ihm die fremden Orientalischen
Sprachen in der Scheune hin und wieder angeschrieben/ und
unter währendem Dreschen sich in denselbigen geübet. Zu
Nachts/ wann andere Leute ihrer Ruhe gepfleget/ hat er ihm den
Schlaff abgebrochen/ und in guten Büchern gelesen/ und dar-
auß mancherley gute Wissenschafften erlanget. Und ob er wol
wegen seiner von GOtt bescherten hoben [G]aben von etlichen
Leuten geneidet/ auch wol gar/ ob solte er einen Spiritum familia-
rem
haben beschuldiget worden/ hat er es doch nicht groß geach-
tet/ sondern alles mit Gedult vertragen/ und nebst gebührender
Ableinung sothane Verleumdung GOtt anheim gesteklet.

Mittels dessen hat es ihm gleichwol an guten Gönnern
und hohen Beförderern nicht ermangelt. Sintemahl er wegen
seiner Erudition nicht allein geliebet/ sondern auch bey hohen
Häuptern/ als Chur-Fürsten/ Fürsten und Herren rüymlich[e]
Audientz gehabt/ auch mit stattlichen Verehrungen und Privi-
legi
en/ wie seine Schrifften außweisen/ begnadet worden. Seine
erste Räyse ist gewesen zu Jhrer Fürstl. Durcht zu Weymar/
da er in der Fürstl. Bibliotheck sehr viel fremde Sprachen un[d]
Schrifften gesehen und abgeschrieben. Hernach als er sich in
Böhmen im Carls-Bad auf gehalten/ ist er von dar an den
Fürstl. Hof gen Schlackawerda abgeholet worden/ woselbst er
stattliche Verehrungen bekommen. Ferner ist er nach D[r]eßde[n]
kommen/ allda er in die Chur-Fürstl. Bibliotheck auf die dri[verlorenes Material - Zeichen fehlt]
halb hundert Sprachen und Schrifften geschrieben/ auch [verlorenes Material - Zeichen fehlt]
Chur-Fürstl. Durchl. mit 60. Gulden an Geld und and[verlorenes Material - Zeichen fehlt]
Sachen mehr begnadet worden.

N[ach]
T t

Romans II. Buch.
nicht allein auf gegenwaͤrtige Zeit/ ſondern auch noch etliche
auf kuͤnfftige Jahre hinterlaſſen.

Solche Kuͤnſte und Wiſſenſchafften zu lernen hat er frey-
lich wenig Zeit und Gelegenheit gehabt. Dann von Jugend
an/ biß ohngefaͤhr in das 50. Jahr ſeines Alters/ hat er ſtaͤts der
Bauer-Arbeit mit Vieh-vuͤten/ Ackern/ Pfluͤgen/ Dreſchen/ und
dergleichen/ abwarten muͤſſen/ jedoch hat er unter ſolcher viel-
faͤltigen/ ſchweren/ muͤbſamen Arveit ſelvige erlernet. Die Liebe
zu Kuͤnſten und Wiſſenſchafften iſt bey ihm ſo groß geweſen/
daß er Tag und Nacht darnach getrachtet/ wo er geſtanden und
gegangen/ ſtaͤts ein Buch beylſich gefuͤhret/ und dar auß gelernet.
Auch uͤber dem Eſſen hat er nicht feyren koͤnnen/ ſintemahl er
Anfangs/ ehe er ein wenig Lufft oder Ruhe von der Arbeit be-
kommen/ immer ein Buch auf dem Tiſch neben ſich ligend ge-
habt/ darinnen er unter waͤhrendem Eſſen geleſen.

Wann er gedroſchen/ hat er ihm die fremden Orientaliſchen
Sprachen in der Scheune hin und wieder angeſchrieben/ und
unter waͤhrendem Dreſchen ſich in denſelbigen geuͤbet. Zu
Nachts/ wann andere Leute ihrer Ruhe gepfleget/ hat er ihm den
Schlaff abgebrochen/ und in guten Buͤchern geleſen/ und dar-
auß mancherley gute Wiſſenſchafften erlanget. Und ob er wol
wegen ſeiner von GOtt beſcherten hoben [G]aben von etlichen
Leuten geneidet/ auch wol gar/ ob ſolte er einen Spiritum familia-
rem
haben beſchuldiget worden/ hat er es doch nicht groß geach-
tet/ ſondern alles mit Gedult vertragen/ und nebſt gebuͤhrender
Ableinung ſothane Verleumdung GOtt anheim geſteklet.

Mittels deſſen hat es ihm gleichwol an guten Goͤnnern
und hohen Befoͤrderern nicht ermangelt. Sintemahl er wegen
ſeiner Erudition nicht allein geliebet/ ſondern auch bey hohen
Haͤuptern/ als Chur-Fuͤrſten/ Fuͤrſten und Herren ruͤymlich[e]
Audientz gehabt/ auch mit ſtattlichen Verehrungen und Privi-
legi
en/ wie ſeine Schrifften außweiſen/ begnadet worden. Seine
erſte Raͤyſe iſt geweſen zu Jhrer Fuͤrſtl. Durcht zu Weymar/
da er in der Fuͤrſtl. Bibliotheck ſehr viel fremde Sprachen un[d]
Schrifften geſehen und abgeſchrieben. Hernach als er ſich in
Boͤhmen im Carls-Bad auf gehalten/ iſt er von dar an den
Fuͤrſtl. Hof gen Schlackawerda abgeholet worden/ woſelbſt er
ſtattliche Verehrungen bekommen. Ferner iſt er nach D[r]eßde[n]
kommen/ allda er in die Chur-Fuͤrſtl. Bibliotheck auf die dri[verlorenes Material – Zeichen fehlt]
halb hundert Sprachen und Schrifften geſchrieben/ auch [verlorenes Material – Zeichen fehlt]
Chur-Fuͤrſtl. Durchl. mit 60. Gulden an Geld und and[verlorenes Material – Zeichen fehlt]
Sachen mehr begnadet worden.

N[ach]
T t
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[657/0675] Romans II. Buch. nicht allein auf gegenwaͤrtige Zeit/ ſondern auch noch etliche auf kuͤnfftige Jahre hinterlaſſen. Solche Kuͤnſte und Wiſſenſchafften zu lernen hat er frey- lich wenig Zeit und Gelegenheit gehabt. Dann von Jugend an/ biß ohngefaͤhr in das 50. Jahr ſeines Alters/ hat er ſtaͤts der Bauer-Arbeit mit Vieh-vuͤten/ Ackern/ Pfluͤgen/ Dreſchen/ und dergleichen/ abwarten muͤſſen/ jedoch hat er unter ſolcher viel- faͤltigen/ ſchweren/ muͤbſamen Arveit ſelvige erlernet. Die Liebe zu Kuͤnſten und Wiſſenſchafften iſt bey ihm ſo groß geweſen/ daß er Tag und Nacht darnach getrachtet/ wo er geſtanden und gegangen/ ſtaͤts ein Buch beylſich gefuͤhret/ und dar auß gelernet. Auch uͤber dem Eſſen hat er nicht feyren koͤnnen/ ſintemahl er Anfangs/ ehe er ein wenig Lufft oder Ruhe von der Arbeit be- kommen/ immer ein Buch auf dem Tiſch neben ſich ligend ge- habt/ darinnen er unter waͤhrendem Eſſen geleſen. Wann er gedroſchen/ hat er ihm die fremden Orientaliſchen Sprachen in der Scheune hin und wieder angeſchrieben/ und unter waͤhrendem Dreſchen ſich in denſelbigen geuͤbet. Zu Nachts/ wann andere Leute ihrer Ruhe gepfleget/ hat er ihm den Schlaff abgebrochen/ und in guten Buͤchern geleſen/ und dar- auß mancherley gute Wiſſenſchafften erlanget. Und ob er wol wegen ſeiner von GOtt beſcherten hoben Gaben von etlichen Leuten geneidet/ auch wol gar/ ob ſolte er einen Spiritum familia- rem haben beſchuldiget worden/ hat er es doch nicht groß geach- tet/ ſondern alles mit Gedult vertragen/ und nebſt gebuͤhrender Ableinung ſothane Verleumdung GOtt anheim geſteklet. Mittels deſſen hat es ihm gleichwol an guten Goͤnnern und hohen Befoͤrderern nicht ermangelt. Sintemahl er wegen ſeiner Erudition nicht allein geliebet/ ſondern auch bey hohen Haͤuptern/ als Chur-Fuͤrſten/ Fuͤrſten und Herren ruͤymliche Audientz gehabt/ auch mit ſtattlichen Verehrungen und Privi- legien/ wie ſeine Schrifften außweiſen/ begnadet worden. Seine erſte Raͤyſe iſt geweſen zu Jhrer Fuͤrſtl. Durcht zu Weymar/ da er in der Fuͤrſtl. Bibliotheck ſehr viel fremde Sprachen und Schrifften geſehen und abgeſchrieben. Hernach als er ſich in Boͤhmen im Carls-Bad auf gehalten/ iſt er von dar an den Fuͤrſtl. Hof gen Schlackawerda abgeholet worden/ woſelbſt er ſtattliche Verehrungen bekommen. Ferner iſt er nach Dreßden kommen/ allda er in die Chur-Fuͤrſtl. Bibliotheck auf die dri_ halb hundert Sprachen und Schrifften geſchrieben/ auch _ Chur-Fuͤrſtl. Durchl. mit 60. Gulden an Geld und and_ Sachen mehr begnadet worden. Nach T t

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/675>, abgerufen am 24.05.2024.