Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

aufthäte und wie ers thun könnte, einer Reihe von Völkern
ihren ihnen selbst unbekannten Stammbaum gäbea).

Die Abkunft der Afrikaner und Amerikaner ist uns frei-
lich dunkler; so weit wir aber den obern Rand des erstgenann-
ten Welttheils kennen und die ältesten Traditionen über ihn
zusammenhalten, ist er Asiatisch. Weiter hinab müssen wir
uns begnügen, in der Negergestalt und Farbe wenigstens nichts
widersprechendes gegen diese Abkunft, vielmehr ein fortgehen-
des Gemälde klimatischer Nationalbildungen zu finden, wie
das sechste Buch dieser Schrift zu zeigen versucht hat. Ein
gleiches ists mit dem später bevölkerten Amerika, dessen Be-
pflanzung aus dem östlichen Asien schon der einförmige Anblick
der Völker wahrscheinlich machte.

Mehr als die Bildungen aber sagen uns die Sprachen
der Völker; und wo auf der ganzen Erde giebt es die ältest-
cultivirten Sprachen? Jn Asien. Wollt ihr das Wunder-
ding sehen, daß Völker tausende von Meilen hin in die Länge
und Breite lauter einsylbige Sprachen reden: sehet nach Asien.
Die Strecke jenseit des Ganges, Tibet und Sina, Pegu, Ava,
Arrakan und Brema, Tonquin, Laos, Koschin-Sina, Kambod-

scha
a) Dieser gelehrte Mann arbeitet mit einem vielumfaßenden Plan
an einem ähnlichen Werke.

aufthaͤte und wie ers thun koͤnnte, einer Reihe von Voͤlkern
ihren ihnen ſelbſt unbekannten Stammbaum gaͤbea).

Die Abkunft der Afrikaner und Amerikaner iſt uns frei-
lich dunkler; ſo weit wir aber den obern Rand des erſtgenann-
ten Welttheils kennen und die aͤlteſten Traditionen uͤber ihn
zuſammenhalten, iſt er Aſiatiſch. Weiter hinab muͤſſen wir
uns begnuͤgen, in der Negergeſtalt und Farbe wenigſtens nichts
widerſprechendes gegen dieſe Abkunft, vielmehr ein fortgehen-
des Gemaͤlde klimatiſcher Nationalbildungen zu finden, wie
das ſechſte Buch dieſer Schrift zu zeigen verſucht hat. Ein
gleiches iſts mit dem ſpaͤter bevoͤlkerten Amerika, deſſen Be-
pflanzung aus dem oͤſtlichen Aſien ſchon der einfoͤrmige Anblick
der Voͤlker wahrſcheinlich machte.

Mehr als die Bildungen aber ſagen uns die Sprachen
der Voͤlker; und wo auf der ganzen Erde giebt es die aͤlteſt-
cultivirten Sprachen? Jn Aſien. Wollt ihr das Wunder-
ding ſehen, daß Voͤlker tauſende von Meilen hin in die Laͤnge
und Breite lauter einſylbige Sprachen reden: ſehet nach Aſien.
Die Strecke jenſeit des Ganges, Tibet und Sina, Pegu, Ava,
Arrakan und Brema, Tonquin, Laos, Koſchin-Sina, Kambod-

ſcha
a) Dieſer gelehrte Mann arbeitet mit einem vielumfaßenden Plan
an einem aͤhnlichen Werke.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0307" n="295"/>
auftha&#x0364;te und wie ers thun ko&#x0364;nnte, einer Reihe von Vo&#x0364;lkern<lb/>
ihren ihnen &#x017F;elb&#x017F;t unbekannten Stammbaum ga&#x0364;be<note place="foot" n="a)">Die&#x017F;er gelehrte Mann arbeitet mit einem vielumfaßenden Plan<lb/>
an einem a&#x0364;hnlichen Werke.</note>.</p><lb/>
          <p>Die Abkunft der Afrikaner und Amerikaner i&#x017F;t uns frei-<lb/>
lich dunkler; &#x017F;o weit wir aber den obern Rand des er&#x017F;tgenann-<lb/>
ten Welttheils kennen und die a&#x0364;lte&#x017F;ten Traditionen u&#x0364;ber ihn<lb/>
zu&#x017F;ammenhalten, i&#x017F;t er A&#x017F;iati&#x017F;ch. Weiter hinab mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir<lb/>
uns begnu&#x0364;gen, in der Negerge&#x017F;talt und Farbe wenig&#x017F;tens nichts<lb/>
wider&#x017F;prechendes gegen die&#x017F;e Abkunft, vielmehr ein fortgehen-<lb/>
des Gema&#x0364;lde klimati&#x017F;cher Nationalbildungen zu finden, wie<lb/>
das &#x017F;ech&#x017F;te Buch die&#x017F;er Schrift zu zeigen ver&#x017F;ucht hat. Ein<lb/>
gleiches i&#x017F;ts mit dem &#x017F;pa&#x0364;ter bevo&#x0364;lkerten Amerika, de&#x017F;&#x017F;en Be-<lb/>
pflanzung aus dem o&#x0364;&#x017F;tlichen A&#x017F;ien &#x017F;chon der einfo&#x0364;rmige Anblick<lb/>
der Vo&#x0364;lker wahr&#x017F;cheinlich machte.</p><lb/>
          <p>Mehr als die Bildungen aber &#x017F;agen uns die Sprachen<lb/>
der Vo&#x0364;lker; und wo auf der ganzen Erde giebt es die a&#x0364;lte&#x017F;t-<lb/>
cultivirten Sprachen? Jn A&#x017F;ien. Wollt ihr das Wunder-<lb/>
ding &#x017F;ehen, daß Vo&#x0364;lker tau&#x017F;ende von Meilen hin in die La&#x0364;nge<lb/>
und Breite lauter ein&#x017F;ylbige Sprachen reden: &#x017F;ehet nach A&#x017F;ien.<lb/>
Die Strecke jen&#x017F;eit des Ganges, Tibet und Sina, Pegu, Ava,<lb/>
Arrakan und Brema, Tonquin, Laos, Ko&#x017F;chin-Sina, Kambod-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;cha</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0307] aufthaͤte und wie ers thun koͤnnte, einer Reihe von Voͤlkern ihren ihnen ſelbſt unbekannten Stammbaum gaͤbe a). Die Abkunft der Afrikaner und Amerikaner iſt uns frei- lich dunkler; ſo weit wir aber den obern Rand des erſtgenann- ten Welttheils kennen und die aͤlteſten Traditionen uͤber ihn zuſammenhalten, iſt er Aſiatiſch. Weiter hinab muͤſſen wir uns begnuͤgen, in der Negergeſtalt und Farbe wenigſtens nichts widerſprechendes gegen dieſe Abkunft, vielmehr ein fortgehen- des Gemaͤlde klimatiſcher Nationalbildungen zu finden, wie das ſechſte Buch dieſer Schrift zu zeigen verſucht hat. Ein gleiches iſts mit dem ſpaͤter bevoͤlkerten Amerika, deſſen Be- pflanzung aus dem oͤſtlichen Aſien ſchon der einfoͤrmige Anblick der Voͤlker wahrſcheinlich machte. Mehr als die Bildungen aber ſagen uns die Sprachen der Voͤlker; und wo auf der ganzen Erde giebt es die aͤlteſt- cultivirten Sprachen? Jn Aſien. Wollt ihr das Wunder- ding ſehen, daß Voͤlker tauſende von Meilen hin in die Laͤnge und Breite lauter einſylbige Sprachen reden: ſehet nach Aſien. Die Strecke jenſeit des Ganges, Tibet und Sina, Pegu, Ava, Arrakan und Brema, Tonquin, Laos, Koſchin-Sina, Kambod- ſcha a) Dieſer gelehrte Mann arbeitet mit einem vielumfaßenden Plan an einem aͤhnlichen Werke.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/307
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/307>, abgerufen am 15.05.2024.