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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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wie meine Mutter behauptete ein aus andern
Ländern nach Curland gebrachter nicht alge-
mein im Schwange gehender unchristlicher
Gebrauch wäre und dieser gute Mann war
in Kupfer gestochen. Ich weiß bis diesen
Augenblick nicht wie er zu dieser Ehre gekom-
men war. Meine Mutter hatte diesen Ku-
pferstich lange verwahret, ohne davon einen
andern Gebrauch zu machen als daß sie, wie
sie sagte, dieses Bild alle heilige Abend vor
Ostern eine Stunde angesehen. Sie be-
hauptete, daß ich Etwas änliches in der Ge-
gend um die Augen von diesem so ehrwürdi-
gen als beherzten Manne hätte; obgleich ich
davon nicht die mindeste Spur zu entdecken
im Stande war.

Es sei nun dieses oder Etwas anderes
die Ursache, genug meiner Mutter wandelte
auf einmahl der Einfall an, diesen Kupfer-
stich unter Glas zu sezen und unter den
Spiegel zu hängen der im Prunkzimmer des
Pastorats gegen Morgen hing.

Mein Vater widersprach diesem Gedan-
ken da ein Glaser unsre Straße zog, und
ist also dieser gute Mann, obgleich er die
Oestereyen abgebracht, nicht der Ehre ge-
würdiget worden im Prunkzimmer des Pasto-

rats

wie meine Mutter behauptete ein aus andern
Laͤndern nach Curland gebrachter nicht alge-
mein im Schwange gehender unchriſtlicher
Gebrauch waͤre und dieſer gute Mann war
in Kupfer geſtochen. Ich weiß bis dieſen
Augenblick nicht wie er zu dieſer Ehre gekom-
men war. Meine Mutter hatte dieſen Ku-
pferſtich lange verwahret, ohne davon einen
andern Gebrauch zu machen als daß ſie, wie
ſie ſagte, dieſes Bild alle heilige Abend vor
Oſtern eine Stunde angeſehen. Sie be-
hauptete, daß ich Etwas aͤnliches in der Ge-
gend um die Augen von dieſem ſo ehrwuͤrdi-
gen als beherzten Manne haͤtte; obgleich ich
davon nicht die mindeſte Spur zu entdecken
im Stande war.

Es ſei nun dieſes oder Etwas anderes
die Urſache, genug meiner Mutter wandelte
auf einmahl der Einfall an, dieſen Kupfer-
ſtich unter Glas zu ſezen und unter den
Spiegel zu haͤngen der im Prunkzimmer des
Paſtorats gegen Morgen hing.

Mein Vater widerſprach dieſem Gedan-
ken da ein Glaſer unſre Straße zog, und
iſt alſo dieſer gute Mann, obgleich er die
Oeſtereyen abgebracht, nicht der Ehre ge-
wuͤrdiget worden im Prunkzimmer des Paſto-

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[28/0036] wie meine Mutter behauptete ein aus andern Laͤndern nach Curland gebrachter nicht alge- mein im Schwange gehender unchriſtlicher Gebrauch waͤre und dieſer gute Mann war in Kupfer geſtochen. Ich weiß bis dieſen Augenblick nicht wie er zu dieſer Ehre gekom- men war. Meine Mutter hatte dieſen Ku- pferſtich lange verwahret, ohne davon einen andern Gebrauch zu machen als daß ſie, wie ſie ſagte, dieſes Bild alle heilige Abend vor Oſtern eine Stunde angeſehen. Sie be- hauptete, daß ich Etwas aͤnliches in der Ge- gend um die Augen von dieſem ſo ehrwuͤrdi- gen als beherzten Manne haͤtte; obgleich ich davon nicht die mindeſte Spur zu entdecken im Stande war. Es ſei nun dieſes oder Etwas anderes die Urſache, genug meiner Mutter wandelte auf einmahl der Einfall an, dieſen Kupfer- ſtich unter Glas zu ſezen und unter den Spiegel zu haͤngen der im Prunkzimmer des Paſtorats gegen Morgen hing. Mein Vater widerſprach dieſem Gedan- ken da ein Glaſer unſre Straße zog, und iſt alſo dieſer gute Mann, obgleich er die Oeſtereyen abgebracht, nicht der Ehre ge- wuͤrdiget worden im Prunkzimmer des Paſto- rats

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/36>, abgerufen am 28.04.2024.