Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

rats gegen Morgen unter dem Spiegel zur
Schau gestellt zu werden. Sie war Etwas
ungehalten über meinen Vater, obgleich sie
sich solches nicht weiter merken lies, indessen
war es nicht das erste mal daß sie sein Conto
mit einer Schuld belastete. Sie faßte die-
ses und beinahe alles was sie sonst noch auf
ihrem Herzen und Gewissen hatte, die Noth
des ganzen Pastorats zusammen, und schriebs
flugs unter die Rubrick: nicht aus dem
Stamme Levi.
Ihrem Zorn brachte sie ein
Opfer, das sie nachher sehr bereute. Sie
schickte eben so flugs den Rahmen abzusagen,
den sie für den Kupferstich bestelt hatte, und
war verbunden obgleich der Rahmen noch
nicht zur Helfte fertig war (und dieses gab
zur neuen Aergernis Gelegenheit) ihn ganz
zu bezahlen. Nachdem sie ihre zu Paaren
getriebene Ideen wieder zu Hauf gebracht
hatte, entwarf sie einen neuen Operations-
plan der ihr auch glücklich einschlug: nem-
lich diesen verdienstvollen Mann in der Spei-
sekammer aufzuhängen. Hier sagte sie, kann
er sich ohne Rahmen behelfen und Niemand
wird zu ihm sagen Freund! wie bist du her-
einkommen und hast doch kein hochzeitlich
Kleid an.


Ich

rats gegen Morgen unter dem Spiegel zur
Schau geſtellt zu werden. Sie war Etwas
ungehalten uͤber meinen Vater, obgleich ſie
ſich ſolches nicht weiter merken lies, indeſſen
war es nicht das erſte mal daß ſie ſein Conto
mit einer Schuld belaſtete. Sie faßte die-
ſes und beinahe alles was ſie ſonſt noch auf
ihrem Herzen und Gewiſſen hatte, die Noth
des ganzen Paſtorats zuſammen, und ſchriebs
flugs unter die Rubrick: nicht aus dem
Stamme Levi.
Ihrem Zorn brachte ſie ein
Opfer, das ſie nachher ſehr bereute. Sie
ſchickte eben ſo flugs den Rahmen abzuſagen,
den ſie fuͤr den Kupferſtich beſtelt hatte, und
war verbunden obgleich der Rahmen noch
nicht zur Helfte fertig war (und dieſes gab
zur neuen Aergernis Gelegenheit) ihn ganz
zu bezahlen. Nachdem ſie ihre zu Paaren
getriebene Ideen wieder zu Hauf gebracht
hatte, entwarf ſie einen neuen Operations-
plan der ihr auch gluͤcklich einſchlug: nem-
lich dieſen verdienſtvollen Mann in der Spei-
ſekammer aufzuhaͤngen. Hier ſagte ſie, kann
er ſich ohne Rahmen behelfen und Niemand
wird zu ihm ſagen Freund! wie biſt du her-
einkommen und haſt doch kein hochzeitlich
Kleid an.


Ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0037" n="29"/>
rats gegen Morgen unter dem Spiegel zur<lb/>
Schau ge&#x017F;tellt zu werden. Sie war Etwas<lb/>
ungehalten u&#x0364;ber meinen Vater, obgleich &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;olches nicht weiter merken lies, inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
war es nicht das er&#x017F;te mal daß &#x017F;ie &#x017F;ein Conto<lb/>
mit einer Schuld bela&#x017F;tete. Sie faßte die-<lb/>
&#x017F;es und beinahe alles was &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t noch auf<lb/>
ihrem Herzen und Gewi&#x017F;&#x017F;en hatte, die Noth<lb/>
des ganzen Pa&#x017F;torats zu&#x017F;ammen, und &#x017F;chriebs<lb/>
flugs unter die Rubrick: <hi rendition="#fr">nicht aus dem<lb/>
Stamme Levi.</hi> Ihrem Zorn brachte &#x017F;ie ein<lb/>
Opfer, das &#x017F;ie nachher &#x017F;ehr bereute. Sie<lb/>
&#x017F;chickte eben &#x017F;o flugs den Rahmen abzu&#x017F;agen,<lb/>
den &#x017F;ie fu&#x0364;r den Kupfer&#x017F;tich be&#x017F;telt hatte, und<lb/>
war verbunden obgleich der Rahmen noch<lb/>
nicht zur Helfte fertig war (und die&#x017F;es gab<lb/>
zur neuen Aergernis Gelegenheit) ihn ganz<lb/>
zu bezahlen. Nachdem &#x017F;ie ihre zu Paaren<lb/>
getriebene Ideen wieder zu Hauf gebracht<lb/>
hatte, entwarf &#x017F;ie einen neuen Operations-<lb/>
plan der ihr auch glu&#x0364;cklich ein&#x017F;chlug: nem-<lb/>
lich die&#x017F;en verdien&#x017F;tvollen Mann in der Spei-<lb/>
&#x017F;ekammer aufzuha&#x0364;ngen. Hier &#x017F;agte &#x017F;ie, kann<lb/>
er &#x017F;ich ohne Rahmen behelfen und Niemand<lb/>
wird zu ihm &#x017F;agen Freund! wie bi&#x017F;t du her-<lb/>
einkommen und ha&#x017F;t doch kein hochzeitlich<lb/>
Kleid an.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Ich</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0037] rats gegen Morgen unter dem Spiegel zur Schau geſtellt zu werden. Sie war Etwas ungehalten uͤber meinen Vater, obgleich ſie ſich ſolches nicht weiter merken lies, indeſſen war es nicht das erſte mal daß ſie ſein Conto mit einer Schuld belaſtete. Sie faßte die- ſes und beinahe alles was ſie ſonſt noch auf ihrem Herzen und Gewiſſen hatte, die Noth des ganzen Paſtorats zuſammen, und ſchriebs flugs unter die Rubrick: nicht aus dem Stamme Levi. Ihrem Zorn brachte ſie ein Opfer, das ſie nachher ſehr bereute. Sie ſchickte eben ſo flugs den Rahmen abzuſagen, den ſie fuͤr den Kupferſtich beſtelt hatte, und war verbunden obgleich der Rahmen noch nicht zur Helfte fertig war (und dieſes gab zur neuen Aergernis Gelegenheit) ihn ganz zu bezahlen. Nachdem ſie ihre zu Paaren getriebene Ideen wieder zu Hauf gebracht hatte, entwarf ſie einen neuen Operations- plan der ihr auch gluͤcklich einſchlug: nem- lich dieſen verdienſtvollen Mann in der Spei- ſekammer aufzuhaͤngen. Hier ſagte ſie, kann er ſich ohne Rahmen behelfen und Niemand wird zu ihm ſagen Freund! wie biſt du her- einkommen und haſt doch kein hochzeitlich Kleid an. Ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/37
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/37>, abgerufen am 28.04.2024.