Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

ehemaliger Existenz immer schwächer und
schwächer werdend, endlich ganz unterginge.
Das Gewühl der Menschen, der fortdauernde
Lärm des Gewerbes, das sich auf den Stra¬
ßen rührte, alles war mir neu und ganz da¬
zu geeignet, die heitre Stimmung zu erhal¬
ten, in die mich der komische Kleine versetzt.
In meiner neuen anständigen Kleidung wagte
ich mich hinab an die zahlreiche Wirthstafel,
und jede Scheu verschwand, als ich wahr¬
nahm, daß mich niemand bemerkte, ja daß
mein nächster Nachbar sich nicht einmal die
Mühe gab mich anzuschauen, als ich mich
neben ihn setzte. In der Fremdenliste hatte
ich, meiner Befreiung durch den Prior geden¬
kend mich Leonhard genannt, und für einen
Privatmann ausgegeben, der zu seinem Ver¬
gnügen reise. Dergleichen Reisende mochte
es in der Stadt gar viele geben, und um so
weniger veranlaßte ich weitere Nachfrage. --
Es war mir ein eignes Vergnügen, die Stra¬
ßen zu durchstreichen und mich an dem An¬

ehemaliger Exiſtenz immer ſchwaͤcher und
ſchwaͤcher werdend, endlich ganz unterginge.
Das Gewuͤhl der Menſchen, der fortdauernde
Laͤrm des Gewerbes, das ſich auf den Stra¬
ßen ruͤhrte, alles war mir neu und ganz da¬
zu geeignet, die heitre Stimmung zu erhal¬
ten, in die mich der komiſche Kleine verſetzt.
In meiner neuen anſtaͤndigen Kleidung wagte
ich mich hinab an die zahlreiche Wirthstafel,
und jede Scheu verſchwand, als ich wahr¬
nahm, daß mich niemand bemerkte, ja daß
mein naͤchſter Nachbar ſich nicht einmal die
Muͤhe gab mich anzuſchauen, als ich mich
neben ihn ſetzte. In der Fremdenliſte hatte
ich, meiner Befreiung durch den Prior geden¬
kend mich Leonhard genannt, und fuͤr einen
Privatmann ausgegeben, der zu ſeinem Ver¬
gnuͤgen reiſe. Dergleichen Reiſende mochte
es in der Stadt gar viele geben, und um ſo
weniger veranlaßte ich weitere Nachfrage. —
Es war mir ein eignes Vergnuͤgen, die Stra¬
ßen zu durchſtreichen und mich an dem An¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0233" n="217"/>
ehemaliger Exi&#x017F;tenz immer &#x017F;chwa&#x0364;cher und<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;cher werdend, endlich ganz unterginge.<lb/>
Das Gewu&#x0364;hl der Men&#x017F;chen, der fortdauernde<lb/>
La&#x0364;rm des Gewerbes, das &#x017F;ich auf den Stra¬<lb/>
ßen ru&#x0364;hrte, alles war mir neu und ganz da¬<lb/>
zu geeignet, die heitre Stimmung zu erhal¬<lb/>
ten, in die mich der komi&#x017F;che Kleine ver&#x017F;etzt.<lb/>
In meiner neuen an&#x017F;ta&#x0364;ndigen Kleidung wagte<lb/>
ich mich hinab an die zahlreiche Wirthstafel,<lb/>
und jede Scheu ver&#x017F;chwand, als ich wahr¬<lb/>
nahm, daß mich niemand bemerkte, ja daß<lb/>
mein na&#x0364;ch&#x017F;ter Nachbar &#x017F;ich nicht einmal die<lb/>
Mu&#x0364;he gab mich anzu&#x017F;chauen, als ich mich<lb/>
neben ihn &#x017F;etzte. In der Fremdenli&#x017F;te hatte<lb/>
ich, meiner Befreiung durch den Prior geden¬<lb/>
kend mich Leonhard genannt, und fu&#x0364;r einen<lb/>
Privatmann ausgegeben, der zu &#x017F;einem Ver¬<lb/>
gnu&#x0364;gen rei&#x017F;e. Dergleichen Rei&#x017F;ende mochte<lb/>
es in der Stadt gar viele geben, und um &#x017F;o<lb/>
weniger veranlaßte ich weitere Nachfrage. &#x2014;<lb/>
Es war mir ein eignes Vergnu&#x0364;gen, die Stra¬<lb/>
ßen zu durch&#x017F;treichen und mich an dem An¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0233] ehemaliger Exiſtenz immer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher werdend, endlich ganz unterginge. Das Gewuͤhl der Menſchen, der fortdauernde Laͤrm des Gewerbes, das ſich auf den Stra¬ ßen ruͤhrte, alles war mir neu und ganz da¬ zu geeignet, die heitre Stimmung zu erhal¬ ten, in die mich der komiſche Kleine verſetzt. In meiner neuen anſtaͤndigen Kleidung wagte ich mich hinab an die zahlreiche Wirthstafel, und jede Scheu verſchwand, als ich wahr¬ nahm, daß mich niemand bemerkte, ja daß mein naͤchſter Nachbar ſich nicht einmal die Muͤhe gab mich anzuſchauen, als ich mich neben ihn ſetzte. In der Fremdenliſte hatte ich, meiner Befreiung durch den Prior geden¬ kend mich Leonhard genannt, und fuͤr einen Privatmann ausgegeben, der zu ſeinem Ver¬ gnuͤgen reiſe. Dergleichen Reiſende mochte es in der Stadt gar viele geben, und um ſo weniger veranlaßte ich weitere Nachfrage. — Es war mir ein eignes Vergnuͤgen, die Stra¬ ßen zu durchſtreichen und mich an dem An¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/233
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/233>, abgerufen am 30.04.2024.