Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

verfolgt hat und an dem in voriger Nacht wir
Rache nahmen -- Er fiel, kämpfend, von Eures
Mannes Hand. Beruhigt Euch nur, liebe Frau,
und sagt dem Andres, daß er mich nun so bald
nicht wieder sehen würde, da die Bande sich auf
einige Zeit trennt. Heute Abend verlasse ich
Euch. -- Ihr habt lauter hübsche Kinder, liebe
Frau! Das ist ja wieder ein herrlicher Knabe."
Mit diesen Worten nahm er den Kleinen von
Giorgina's Arm und wußte mit ihm so freund¬
lich zu spielen, daß das Kind lachte und jauchzte
und gern bei ihm blieb, bis er es wieder der
Mutter zurückgab. Schon war es Abend gewor¬
den, als Denner zu Giorgina sagte: "Ihr
merkt wohl, daß ich, unerachtet ich kein Weib
und keine Kinder habe, welches mir manchmal
recht nahe geht, doch gar zu gern mit kleinen
Kindern spiele und tändle. Gebt mir doch Euern
Kleinen auf die wenigen Augenblicke, die ich noch
bei Euch zubringe. Nicht wahr? der Kleine ist
jetzt gerade neun Wochen alt." Giorgina be¬

verfolgt hat und an dem in voriger Nacht wir
Rache nahmen — Er fiel, kaͤmpfend, von Eures
Mannes Hand. Beruhigt Euch nur, liebe Frau,
und ſagt dem Andres, daß er mich nun ſo bald
nicht wieder ſehen wuͤrde, da die Bande ſich auf
einige Zeit trennt. Heute Abend verlaſſe ich
Euch. — Ihr habt lauter huͤbſche Kinder, liebe
Frau! Das iſt ja wieder ein herrlicher Knabe.“
Mit dieſen Worten nahm er den Kleinen von
Giorgina's Arm und wußte mit ihm ſo freund¬
lich zu ſpielen, daß das Kind lachte und jauchzte
und gern bei ihm blieb, bis er es wieder der
Mutter zuruͤckgab. Schon war es Abend gewor¬
den, als Denner zu Giorgina ſagte: „Ihr
merkt wohl, daß ich, unerachtet ich kein Weib
und keine Kinder habe, welches mir manchmal
recht nahe geht, doch gar zu gern mit kleinen
Kindern ſpiele und taͤndle. Gebt mir doch Euern
Kleinen auf die wenigen Augenblicke, die ich noch
bei Euch zubringe. Nicht wahr? der Kleine iſt
jetzt gerade neun Wochen alt.“ Giorgina be¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0154" n="146"/>
verfolgt hat und an dem in voriger Nacht wir<lb/>
Rache nahmen &#x2014; Er fiel, ka&#x0364;mpfend, von Eures<lb/>
Mannes Hand. Beruhigt Euch nur, liebe Frau,<lb/>
und &#x017F;agt dem <hi rendition="#g">Andres</hi>, daß er mich nun &#x017F;o bald<lb/>
nicht wieder &#x017F;ehen wu&#x0364;rde, da die Bande &#x017F;ich auf<lb/>
einige Zeit trennt. Heute Abend verla&#x017F;&#x017F;e ich<lb/>
Euch. &#x2014; Ihr habt lauter hu&#x0364;b&#x017F;che Kinder, liebe<lb/>
Frau! Das i&#x017F;t ja wieder ein herrlicher Knabe.&#x201C;<lb/>
Mit die&#x017F;en Worten nahm er den Kleinen von<lb/><hi rendition="#g">Giorgina's</hi> Arm und wußte mit ihm &#x017F;o freund¬<lb/>
lich zu &#x017F;pielen, daß das Kind lachte und jauchzte<lb/>
und gern bei ihm blieb, bis er es wieder der<lb/>
Mutter zuru&#x0364;ckgab. Schon war es Abend gewor¬<lb/>
den, als <hi rendition="#g">Denner</hi> zu <hi rendition="#g">Giorgina</hi> &#x017F;agte: &#x201E;Ihr<lb/>
merkt wohl, daß ich, unerachtet ich kein Weib<lb/>
und keine Kinder habe, welches mir manchmal<lb/>
recht nahe geht, doch gar zu gern mit kleinen<lb/>
Kindern &#x017F;piele und ta&#x0364;ndle. Gebt mir doch Euern<lb/>
Kleinen auf die wenigen Augenblicke, die ich noch<lb/>
bei Euch zubringe. Nicht wahr? der Kleine i&#x017F;t<lb/>
jetzt gerade neun Wochen alt.&#x201C; <hi rendition="#g">Giorgina</hi> be¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0154] verfolgt hat und an dem in voriger Nacht wir Rache nahmen — Er fiel, kaͤmpfend, von Eures Mannes Hand. Beruhigt Euch nur, liebe Frau, und ſagt dem Andres, daß er mich nun ſo bald nicht wieder ſehen wuͤrde, da die Bande ſich auf einige Zeit trennt. Heute Abend verlaſſe ich Euch. — Ihr habt lauter huͤbſche Kinder, liebe Frau! Das iſt ja wieder ein herrlicher Knabe.“ Mit dieſen Worten nahm er den Kleinen von Giorgina's Arm und wußte mit ihm ſo freund¬ lich zu ſpielen, daß das Kind lachte und jauchzte und gern bei ihm blieb, bis er es wieder der Mutter zuruͤckgab. Schon war es Abend gewor¬ den, als Denner zu Giorgina ſagte: „Ihr merkt wohl, daß ich, unerachtet ich kein Weib und keine Kinder habe, welches mir manchmal recht nahe geht, doch gar zu gern mit kleinen Kindern ſpiele und taͤndle. Gebt mir doch Euern Kleinen auf die wenigen Augenblicke, die ich noch bei Euch zubringe. Nicht wahr? der Kleine iſt jetzt gerade neun Wochen alt.“ Giorgina be¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/154
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/154>, abgerufen am 01.05.2024.