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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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weges frug Andres Giorginen, wo sie denn
das Kästchen verwahrt habe; sie gestand, wie es
ihr jetzt leid thue, daß sie es dem Denner
überliefert, da es jetzt der Obrigkeit hätte über¬
geben werden können. In Fulda trennte man
den Andres von seinem Weibe und warf ihn
in ein tiefes finstres Gefängniß. Nach einigen
Tagen wurde er zum Verhör geführt. Man be¬
schuldigte ihn der Theilnahme an dem im Vach¬
schen Schlosse verübten Raubmorde und ermahnte
ihn die Wahrheit zu gestehen, da schon alles wi¬
der ihn so gut als ausgemittelt sei. Andres
erzählte nun getreulich Alles, was sich mit ihm
zugetragen, von dem ersten Eintritt des abscheu¬
lichen Denners in sein Haus bis zu dem Au¬
genblick seiner Verhaftung. Er klagte sich selbst
voll Reue des einzigen Vergehens an, daß er, um
Weib und Kind zu retten, bei der Plünderung
des Pachters zugegen war, und den Denner
von der Gefangennehmung befreite, und betheu¬
erte seine gänzliche Unschuld Rücksichts des letzten

weges frug Andres Giorginen, wo ſie denn
das Kaͤſtchen verwahrt habe; ſie geſtand, wie es
ihr jetzt leid thue, daß ſie es dem Denner
uͤberliefert, da es jetzt der Obrigkeit haͤtte uͤber¬
geben werden koͤnnen. In Fulda trennte man
den Andres von ſeinem Weibe und warf ihn
in ein tiefes finſtres Gefaͤngniß. Nach einigen
Tagen wurde er zum Verhoͤr gefuͤhrt. Man be¬
ſchuldigte ihn der Theilnahme an dem im Vach¬
ſchen Schloſſe veruͤbten Raubmorde und ermahnte
ihn die Wahrheit zu geſtehen, da ſchon alles wi¬
der ihn ſo gut als ausgemittelt ſei. Andres
erzaͤhlte nun getreulich Alles, was ſich mit ihm
zugetragen, von dem erſten Eintritt des abſcheu¬
lichen Denners in ſein Haus bis zu dem Au¬
genblick ſeiner Verhaftung. Er klagte ſich ſelbſt
voll Reue des einzigen Vergehens an, daß er, um
Weib und Kind zu retten, bei der Pluͤnderung
des Pachters zugegen war, und den Denner
von der Gefangennehmung befreite, und betheu¬
erte ſeine gaͤnzliche Unſchuld Ruͤckſichts des letzten

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[153/0161] weges frug Andres Giorginen, wo ſie denn das Kaͤſtchen verwahrt habe; ſie geſtand, wie es ihr jetzt leid thue, daß ſie es dem Denner uͤberliefert, da es jetzt der Obrigkeit haͤtte uͤber¬ geben werden koͤnnen. In Fulda trennte man den Andres von ſeinem Weibe und warf ihn in ein tiefes finſtres Gefaͤngniß. Nach einigen Tagen wurde er zum Verhoͤr gefuͤhrt. Man be¬ ſchuldigte ihn der Theilnahme an dem im Vach¬ ſchen Schloſſe veruͤbten Raubmorde und ermahnte ihn die Wahrheit zu geſtehen, da ſchon alles wi¬ der ihn ſo gut als ausgemittelt ſei. Andres erzaͤhlte nun getreulich Alles, was ſich mit ihm zugetragen, von dem erſten Eintritt des abſcheu¬ lichen Denners in ſein Haus bis zu dem Au¬ genblick ſeiner Verhaftung. Er klagte ſich ſelbſt voll Reue des einzigen Vergehens an, daß er, um Weib und Kind zu retten, bei der Pluͤnderung des Pachters zugegen war, und den Denner von der Gefangennehmung befreite, und betheu¬ erte ſeine gaͤnzliche Unſchuld Ruͤckſichts des letzten

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/161>, abgerufen am 30.04.2024.