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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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zurückgeführt. Einige Tage nachher sagte ihm
der ziemlich gutmüthige Gefangenwärter, daß sein
Weib, da sowol Denner, als die übrigen Räu¬
ber fortwährend ihre Unschuld behauptet, sonst auch
nichts wider sie ausgemittelt worden, der Haft
entlassen sei. Der junge Graf von Vach, ein
edelmüthiger Herr, der sogar an seiner, des An¬
dres, Schuld zu zweifeln scheine, habe Caution
gestellt, und der alte Förster Giorginen in
einem schönen Wagen abgeholt. Vergebens habe
Giorgina gebeten, ihren Mann sehen zu dür¬
fen; das sei ihr vom Gericht gänzlich abgeschla¬
gen worden. Den armen Andres tröstete diese
Nachricht nicht wenig, da mehr, als sein Unglück
ihm seines Weibes elender Zustand im Gefängniß
zu Herzen ging. Sein Prozeß verschlimmerte
sich indessen von Tage zu Tage. Es war erwie¬
sen, daß eben, wie Denner es angegeben, seit
fünf Jahren Andres in einen gewissen Wohl¬
stand gerieth, dessen Quelle nur die Theilnahme
an den Räubereien seyn konnte. Ferner gestand

zuruͤckgefuͤhrt. Einige Tage nachher ſagte ihm
der ziemlich gutmuͤthige Gefangenwaͤrter, daß ſein
Weib, da ſowol Denner, als die uͤbrigen Raͤu¬
ber fortwaͤhrend ihre Unſchuld behauptet, ſonſt auch
nichts wider ſie ausgemittelt worden, der Haft
entlaſſen ſei. Der junge Graf von Vach, ein
edelmuͤthiger Herr, der ſogar an ſeiner, des An¬
dres, Schuld zu zweifeln ſcheine, habe Caution
geſtellt, und der alte Foͤrſter Giorginen in
einem ſchoͤnen Wagen abgeholt. Vergebens habe
Giorgina gebeten, ihren Mann ſehen zu duͤr¬
fen; das ſei ihr vom Gericht gaͤnzlich abgeſchla¬
gen worden. Den armen Andres troͤſtete dieſe
Nachricht nicht wenig, da mehr, als ſein Ungluͤck
ihm ſeines Weibes elender Zuſtand im Gefaͤngniß
zu Herzen ging. Sein Prozeß verſchlimmerte
ſich indeſſen von Tage zu Tage. Es war erwie¬
ſen, daß eben, wie Denner es angegeben, ſeit
fuͤnf Jahren Andres in einen gewiſſen Wohl¬
ſtand gerieth, deſſen Quelle nur die Theilnahme
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[157/0165] zuruͤckgefuͤhrt. Einige Tage nachher ſagte ihm der ziemlich gutmuͤthige Gefangenwaͤrter, daß ſein Weib, da ſowol Denner, als die uͤbrigen Raͤu¬ ber fortwaͤhrend ihre Unſchuld behauptet, ſonſt auch nichts wider ſie ausgemittelt worden, der Haft entlaſſen ſei. Der junge Graf von Vach, ein edelmuͤthiger Herr, der ſogar an ſeiner, des An¬ dres, Schuld zu zweifeln ſcheine, habe Caution geſtellt, und der alte Foͤrſter Giorginen in einem ſchoͤnen Wagen abgeholt. Vergebens habe Giorgina gebeten, ihren Mann ſehen zu duͤr¬ fen; das ſei ihr vom Gericht gaͤnzlich abgeſchla¬ gen worden. Den armen Andres troͤſtete dieſe Nachricht nicht wenig, da mehr, als ſein Ungluͤck ihm ſeines Weibes elender Zuſtand im Gefaͤngniß zu Herzen ging. Sein Prozeß verſchlimmerte ſich indeſſen von Tage zu Tage. Es war erwie¬ ſen, daß eben, wie Denner es angegeben, ſeit fuͤnf Jahren Andres in einen gewiſſen Wohl¬ ſtand gerieth, deſſen Quelle nur die Theilnahme an den Raͤubereien ſeyn konnte. Ferner geſtand

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/165>, abgerufen am 01.05.2024.