schuld des Angeklagten. Man führe ihn sogleich nach dem Gefängnisse zurück." Denner hatte alles von der Leiter herab ruhig angesehen; als aber der Richter diese Worte gesprochen, da rollten seine glühenden Augen, er knirschte mit den Zäh¬ nen, er heulte in wilder Verzweiflung, daß es gräßlich, wie der namenlose Jammer des wüthenden Wahnsinns, durch die Lüfte hallte: "Satan, Satan! Du hast mich betrogen -- weh mir! weh mir! es ist aus -- aus -- Alles verloren!" Man brachte ihn von der Leiter herab, er fiel zu Boden und röchelte dumpf: "ich will alles be¬ kennen -- ich will alles bekennen!" Auch seine Hinrichtung wurde verschoben und er ins Gefäng¬ niß zurückgeführt, wo ihm jedes Entspringen unmöglich gemacht worden. Der Haß seiner Wächter war die beste Schutzwehr gegen die Schlauheit seiner Verbündeten. -- Wenige Au¬ genblicke nachher, als Andres bei dem Gefan¬ genwärter angekommen, lag Giorgina in sei¬ nen Armen. "Ach Andres, Andres," rief
ſchuld des Angeklagten. Man fuͤhre ihn ſogleich nach dem Gefaͤngniſſe zuruͤck.“ Denner hatte alles von der Leiter herab ruhig angeſehen; als aber der Richter dieſe Worte geſprochen, da rollten ſeine gluͤhenden Augen, er knirſchte mit den Zaͤh¬ nen, er heulte in wilder Verzweiflung, daß es graͤßlich, wie der namenloſe Jammer des wuͤthenden Wahnſinns, durch die Luͤfte hallte: „Satan, Satan! Du haſt mich betrogen — weh mir! weh mir! es iſt aus — aus — Alles verloren!“ Man brachte ihn von der Leiter herab, er fiel zu Boden und roͤchelte dumpf: „ich will alles be¬ kennen — ich will alles bekennen!“ Auch ſeine Hinrichtung wurde verſchoben und er ins Gefaͤng¬ niß zuruͤckgefuͤhrt, wo ihm jedes Entſpringen unmoͤglich gemacht worden. Der Haß ſeiner Waͤchter war die beſte Schutzwehr gegen die Schlauheit ſeiner Verbuͤndeten. — Wenige Au¬ genblicke nachher, als Andres bei dem Gefan¬ genwaͤrter angekommen, lag Giorgina in ſei¬ nen Armen. „Ach Andres, Andres,“ rief
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0180"n="172"/>ſchuld des Angeklagten. Man fuͤhre ihn ſogleich<lb/>
nach dem Gefaͤngniſſe zuruͤck.“<hirendition="#g">Denner</hi> hatte<lb/>
alles von der Leiter herab ruhig angeſehen; als<lb/>
aber der Richter dieſe Worte geſprochen, da rollten<lb/>ſeine gluͤhenden Augen, er knirſchte mit den Zaͤh¬<lb/>
nen, er heulte in wilder Verzweiflung, daß es<lb/>
graͤßlich, wie der namenloſe Jammer des wuͤthenden<lb/>
Wahnſinns, durch die Luͤfte hallte: „Satan,<lb/>
Satan! Du haſt mich betrogen — weh mir!<lb/>
weh mir! es iſt aus — aus — Alles verloren!“<lb/>
Man brachte ihn von der Leiter herab, er fiel<lb/>
zu Boden und roͤchelte dumpf: „ich will alles be¬<lb/>
kennen — ich will alles bekennen!“ Auch <hirendition="#g">ſeine</hi><lb/>
Hinrichtung wurde verſchoben und er ins Gefaͤng¬<lb/>
niß zuruͤckgefuͤhrt, wo ihm jedes Entſpringen<lb/>
unmoͤglich gemacht worden. Der Haß ſeiner<lb/>
Waͤchter war die beſte Schutzwehr gegen die<lb/>
Schlauheit ſeiner Verbuͤndeten. — Wenige Au¬<lb/>
genblicke nachher, als <hirendition="#g">Andres</hi> bei dem Gefan¬<lb/>
genwaͤrter angekommen, lag <hirendition="#g">Giorgina</hi> in ſei¬<lb/>
nen Armen. „Ach <hirendition="#g">Andres</hi>, <hirendition="#g">Andres</hi>,“ rief<lb/></p></div></body></text></TEI>
[172/0180]
ſchuld des Angeklagten. Man fuͤhre ihn ſogleich
nach dem Gefaͤngniſſe zuruͤck.“ Denner hatte
alles von der Leiter herab ruhig angeſehen; als
aber der Richter dieſe Worte geſprochen, da rollten
ſeine gluͤhenden Augen, er knirſchte mit den Zaͤh¬
nen, er heulte in wilder Verzweiflung, daß es
graͤßlich, wie der namenloſe Jammer des wuͤthenden
Wahnſinns, durch die Luͤfte hallte: „Satan,
Satan! Du haſt mich betrogen — weh mir!
weh mir! es iſt aus — aus — Alles verloren!“
Man brachte ihn von der Leiter herab, er fiel
zu Boden und roͤchelte dumpf: „ich will alles be¬
kennen — ich will alles bekennen!“ Auch ſeine
Hinrichtung wurde verſchoben und er ins Gefaͤng¬
niß zuruͤckgefuͤhrt, wo ihm jedes Entſpringen
unmoͤglich gemacht worden. Der Haß ſeiner
Waͤchter war die beſte Schutzwehr gegen die
Schlauheit ſeiner Verbuͤndeten. — Wenige Au¬
genblicke nachher, als Andres bei dem Gefan¬
genwaͤrter angekommen, lag Giorgina in ſei¬
nen Armen. „Ach Andres, Andres,“ rief
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/180>, abgerufen am 01.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.