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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Siebender Auftritt.
Als Silvio, die Mutter/ und dann ich:
Zwey hulffen ihr mit Rath/ und einer mit der Hand/
Nachdem der Jüngling nun das blutige Gewand
Von dem nackten Helffenbeine säuberlich hinweg genommen:
So ließ er ihm fast nichts so sehr seyn angelegen/
Als daß bald das Geschoß möcht aus der Wunde kommen.
Jch weiß nicht/ wie durch das Bewegen
Sich das Holtz vom Stahle trieb/
Und die Spitz ihr in dem Schaden jämmerlich verhafftet blieb:
Da schaute man die Noth erst recht beginnen/
Man konte hier mit Zänglein und mit Händen
Nichts rechtes enden.
Es hätte sich zwar noch ein Mittel finden können/
Zu gelangen zu der Spitzen/
Doch hätte man das Loch was weiter müssen ritzen:
Dis aber war zu schwer vor des Verliebten Sinnen/
Denn/ dis was schneiden wil und schmertzlich üm sich sticht/
Begehrt der Liebes-Gott zu seinen Wunden nicht/
Wiewol die Nymfe fast den Schaden nicht verspürte/
Weil sie ihr Silvio berührte:
Deswegen ihm dann auch fast neuer Muth entstund.
Er sprach: du Stahl/ hast keine Lust
Zu weichen aus der Brust/
Und wilstu nicht/ so schwer ich dir/ du must.
Es werde dir nun kund/
Daß diese Hand/ durch die du in die Brust geflogen/
Dich endlich ohne Müh auch hat heraus gezogen:
Und daß die Jäger-Kunst/ durch die ich hier versehrt/
Mich die Versehrung auch zu stören hat gelehrt.
Mir fällt itzt gleich ein Kräutlein ein/
Wornach der schnelle Rehbock steiget/
Durch des Jägers Pfeil verwundt/
Jhm hat es die Natur/ und er es uns gezeiget/
Und weil der Orth nechst dem Gebürge lag/
Da dieses Kraut zu wachsen pflag/
So eilet er/ dasselb alldar zu pflücken/
Und bracht uns dessen ein Gebund/
Darauf bemüht er sich den Safft daraus zu drücken.
Nach-
N 2
Siebender Auftritt.
Als Silvio, die Mutter/ und dann ich:
Zwey hulffen ihr mit Rath/ und einer mit der Hand/
Nachdem der Juͤngling nun das blutige Gewand
Von dem nackten Helffenbeine ſaͤuberlich hinweg genommen:
So ließ er ihm faſt nichts ſo ſehr ſeyn angelegen/
Als daß bald das Geſchoß moͤcht aus der Wunde kommen.
Jch weiß nicht/ wie durch das Bewegen
Sich das Holtz vom Stahle trieb/
Und die Spitz ihr in dem Schaden jaͤmmerlich verhafftet blieb:
Da ſchaute man die Noth erſt recht beginnen/
Man konte hier mit Zaͤnglein und mit Haͤnden
Nichts rechtes enden.
Es haͤtte ſich zwar noch ein Mittel finden koͤnnen/
Zu gelangen zu der Spitzen/
Doch haͤtte man das Loch was weiter muͤſſen ritzen:
Dis aber war zu ſchwer vor des Verliebten Sinnen/
Denn/ dis was ſchneiden wil und ſchmertzlich uͤm ſich ſticht/
Begehrt der Liebes-Gott zu ſeinen Wunden nicht/
Wiewol die Nymfe faſt den Schaden nicht verſpuͤrte/
Weil ſie ihr Silvio beruͤhrte:
Deswegen ihm dann auch faſt neuer Muth entſtund.
Er ſprach: du Stahl/ haſt keine Luſt
Zu weichen aus der Bruſt/
Und wilſtu nicht/ ſo ſchwer ich dir/ du muſt.
Es werde dir nun kund/
Daß dieſe Hand/ durch die du in die Bruſt geflogen/
Dich endlich ohne Muͤh auch hat heraus gezogen:
Und daß die Jaͤger-Kunſt/ durch die ich hier verſehrt/
Mich die Verſehrung auch zu ſtoͤren hat gelehrt.
Mir faͤllt itzt gleich ein Kraͤutlein ein/
Wornach der ſchnelle Rehbock ſteiget/
Durch des Jaͤgers Pfeil verwundt/
Jhm hat es die Natur/ und er es uns gezeiget/
Und weil der Orth nechſt dem Gebuͤrge lag/
Da dieſes Kraut zu wachſen pflag/
So eilet er/ daſſelb alldar zu pfluͤcken/
Und bracht uns deſſen ein Gebund/
Darauf bemuͤht er ſich den Safft daraus zu druͤcken.
Nach-
N 2
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[195/0241] Siebender Auftritt. Als Silvio, die Mutter/ und dann ich: Zwey hulffen ihr mit Rath/ und einer mit der Hand/ Nachdem der Juͤngling nun das blutige Gewand Von dem nackten Helffenbeine ſaͤuberlich hinweg genommen: So ließ er ihm faſt nichts ſo ſehr ſeyn angelegen/ Als daß bald das Geſchoß moͤcht aus der Wunde kommen. Jch weiß nicht/ wie durch das Bewegen Sich das Holtz vom Stahle trieb/ Und die Spitz ihr in dem Schaden jaͤmmerlich verhafftet blieb: Da ſchaute man die Noth erſt recht beginnen/ Man konte hier mit Zaͤnglein und mit Haͤnden Nichts rechtes enden. Es haͤtte ſich zwar noch ein Mittel finden koͤnnen/ Zu gelangen zu der Spitzen/ Doch haͤtte man das Loch was weiter muͤſſen ritzen: Dis aber war zu ſchwer vor des Verliebten Sinnen/ Denn/ dis was ſchneiden wil und ſchmertzlich uͤm ſich ſticht/ Begehrt der Liebes-Gott zu ſeinen Wunden nicht/ Wiewol die Nymfe faſt den Schaden nicht verſpuͤrte/ Weil ſie ihr Silvio beruͤhrte: Deswegen ihm dann auch faſt neuer Muth entſtund. Er ſprach: du Stahl/ haſt keine Luſt Zu weichen aus der Bruſt/ Und wilſtu nicht/ ſo ſchwer ich dir/ du muſt. Es werde dir nun kund/ Daß dieſe Hand/ durch die du in die Bruſt geflogen/ Dich endlich ohne Muͤh auch hat heraus gezogen: Und daß die Jaͤger-Kunſt/ durch die ich hier verſehrt/ Mich die Verſehrung auch zu ſtoͤren hat gelehrt. Mir faͤllt itzt gleich ein Kraͤutlein ein/ Wornach der ſchnelle Rehbock ſteiget/ Durch des Jaͤgers Pfeil verwundt/ Jhm hat es die Natur/ und er es uns gezeiget/ Und weil der Orth nechſt dem Gebuͤrge lag/ Da dieſes Kraut zu wachſen pflag/ So eilet er/ daſſelb alldar zu pfluͤcken/ Und bracht uns deſſen ein Gebund/ Darauf bemuͤht er ſich den Safft daraus zu druͤcken. Nach- N 2

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/241>, abgerufen am 29.04.2024.