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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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mit jedem Handelsschiffe eine kleine Ladung Kennt-
nisse als Ballast mit herüber kommt -- O da will
ich gern mit dem edeln Condorcet die Verbesserung
des Ganzen durch Kenntnisse erwarten, und die-
sen widrigen Handelsgeist, der im Einzelnen so
schnell in Geldgeist ausartet, als wunderbares
Mittel zu einem großen Endzwecke dulden. So
vereine sich denn Geistesfunken zu Geistesfunken,
und bilde endlich die Lichtgarbe, bei deren Strah-
len auf jedem Pfeiler der Amsterdammer Börse
stehen wird: Menschenglück.

In dieser Waare hat noch keines unsrer guten
Häuser Geschäfte gemacht, würde jetzt in der
Börse wiederhallen, und in der Welt? -- man
kennt sie nur unter den Bankerutirern, höre ich mir
von manchem Tyrann mit kaltem Gesichte zuspöt-
teln -- aber Jenseits findet sie den Hafen, der
sie in seinem sichern Schoose empfängt, und wo
die frohen Spekulanten sich freudestrahlend die
Hände reichen, und sich zurufen -- so war sie
doch gültig! -- --

Kommt indessen mit mir ins Schauspiel. Der
König zieht das holländische Schauspiel vor, und
hat Recht. -- Ja, das behaupte ich. Ihn mö-
gen Gründe dazu bestimmen, die aus seinem edeln

mit jedem Handelsſchiffe eine kleine Ladung Kennt-
niſſe als Ballaſt mit heruͤber kommt — O da will
ich gern mit dem edeln Condorcet die Verbeſſerung
des Ganzen durch Kenntniſſe erwarten, und die-
ſen widrigen Handelsgeiſt, der im Einzelnen ſo
ſchnell in Geldgeiſt ausartet, als wunderbares
Mittel zu einem großen Endzwecke dulden. So
vereine ſich denn Geiſtesfunken zu Geiſtesfunken,
und bilde endlich die Lichtgarbe, bei deren Strah-
len auf jedem Pfeiler der Amſterdammer Boͤrſe
ſtehen wird: Menſchengluͤck.

In dieſer Waare hat noch keines unſrer guten
Haͤuſer Geſchaͤfte gemacht, wuͤrde jetzt in der
Boͤrſe wiederhallen, und in der Welt? — man
kennt ſie nur unter den Bankerutirern, hoͤre ich mir
von manchem Tyrann mit kaltem Geſichte zuſpoͤt-
teln — aber Jenſeits findet ſie den Hafen, der
ſie in ſeinem ſichern Schooſe empfaͤngt, und wo
die frohen Spekulanten ſich freudeſtrahlend die
Haͤnde reichen, und ſich zurufen — ſo war ſie
doch guͤltig! — —

Kommt indeſſen mit mir ins Schauſpiel. Der
Koͤnig zieht das hollaͤndiſche Schauſpiel vor, und
hat Recht. — Ja, das behaupte ich. Ihn moͤ-
gen Gruͤnde dazu beſtimmen, die aus ſeinem edeln

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[208/0222] mit jedem Handelsſchiffe eine kleine Ladung Kennt- niſſe als Ballaſt mit heruͤber kommt — O da will ich gern mit dem edeln Condorcet die Verbeſſerung des Ganzen durch Kenntniſſe erwarten, und die- ſen widrigen Handelsgeiſt, der im Einzelnen ſo ſchnell in Geldgeiſt ausartet, als wunderbares Mittel zu einem großen Endzwecke dulden. So vereine ſich denn Geiſtesfunken zu Geiſtesfunken, und bilde endlich die Lichtgarbe, bei deren Strah- len auf jedem Pfeiler der Amſterdammer Boͤrſe ſtehen wird: Menſchengluͤck. In dieſer Waare hat noch keines unſrer guten Haͤuſer Geſchaͤfte gemacht, wuͤrde jetzt in der Boͤrſe wiederhallen, und in der Welt? — man kennt ſie nur unter den Bankerutirern, hoͤre ich mir von manchem Tyrann mit kaltem Geſichte zuſpoͤt- teln — aber Jenſeits findet ſie den Hafen, der ſie in ſeinem ſichern Schooſe empfaͤngt, und wo die frohen Spekulanten ſich freudeſtrahlend die Haͤnde reichen, und ſich zurufen — ſo war ſie doch guͤltig! — — Kommt indeſſen mit mir ins Schauſpiel. Der Koͤnig zieht das hollaͤndiſche Schauſpiel vor, und hat Recht. — Ja, das behaupte ich. Ihn moͤ- gen Gruͤnde dazu beſtimmen, die aus ſeinem edeln

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/222>, abgerufen am 29.04.2024.