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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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seligkeit verschwendet ist, um bald Griechenlands
Tempeln, bald einem Kiosk, bald einem chinesi-
schen Thurm zu gleichen, und nie die Täuschung
zu bewirken, die erreicht, einen sehr lächerlichen
Kontrast mit der lebendigen Holländigkeit des gan-
zen Schauplatzes machen würde. Manches Wohn-
haus ist rund umher dicht an der Mauer mit einem
Graben umgeben, über den eine artige Brücke auf
Stufen, nicht ins Erdgeschoß, sondern in den er-
sten Stock führt, indeß das Erdgeschoß einen eig-
nen Ausgang an der Wasserfläche hat. Dieser
Graben hat wohl mit der Befestigung gar nichts
zu thun, sondern dient nur zur Trockenlegung des
Bodens. Man erreicht sie auch mehr, wie ich es
begreifen kann, denn in diesem Erdgeschoß, das
nun fast wagerecht mit der Wasserfläche steht,
spürte ich keine Feuchtigkeit; die Wäsche blieb da-
selbst trocken, und das hölzerne Geräthe, dessen
Formen sein Alterthum bewiesen, war spiegelglatt
und wohl erhalten. Viel trägt gewiß die Rein-
lichkeit zur Trockenheit bei, die Winkel werden un-
aufhörlich gelufter, die glatten Oberflächen ziehen
weniger Feuchtigkeit ein, aber diese Ursache reicht
nicht hin die anscheinende Trockenheit dieser Ge-
mächer zu erklären. Rechnet nun noch hinzu, daß

ſeligkeit verſchwendet iſt, um bald Griechenlands
Tempeln, bald einem Kiosk, bald einem chineſi-
ſchen Thurm zu gleichen, und nie die Taͤuſchung
zu bewirken, die erreicht, einen ſehr laͤcherlichen
Kontraſt mit der lebendigen Hollaͤndigkeit des gan-
zen Schauplatzes machen wuͤrde. Manches Wohn-
haus iſt rund umher dicht an der Mauer mit einem
Graben umgeben, uͤber den eine artige Bruͤcke auf
Stufen, nicht ins Erdgeſchoß, ſondern in den er-
ſten Stock fuͤhrt, indeß das Erdgeſchoß einen eig-
nen Ausgang an der Waſſerflaͤche hat. Dieſer
Graben hat wohl mit der Befeſtigung gar nichts
zu thun, ſondern dient nur zur Trockenlegung des
Bodens. Man erreicht ſie auch mehr, wie ich es
begreifen kann, denn in dieſem Erdgeſchoß, das
nun faſt wagerecht mit der Waſſerflaͤche ſteht,
ſpuͤrte ich keine Feuchtigkeit; die Waͤſche blieb da-
ſelbſt trocken, und das hoͤlzerne Geraͤthe, deſſen
Formen ſein Alterthum bewieſen, war ſpiegelglatt
und wohl erhalten. Viel traͤgt gewiß die Rein-
lichkeit zur Trockenheit bei, die Winkel werden un-
aufhoͤrlich gelufter, die glatten Oberflaͤchen ziehen
weniger Feuchtigkeit ein, aber dieſe Urſache reicht
nicht hin die anſcheinende Trockenheit dieſer Ge-
maͤcher zu erklaͤren. Rechnet nun noch hinzu, daß

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[231/0245] ſeligkeit verſchwendet iſt, um bald Griechenlands Tempeln, bald einem Kiosk, bald einem chineſi- ſchen Thurm zu gleichen, und nie die Taͤuſchung zu bewirken, die erreicht, einen ſehr laͤcherlichen Kontraſt mit der lebendigen Hollaͤndigkeit des gan- zen Schauplatzes machen wuͤrde. Manches Wohn- haus iſt rund umher dicht an der Mauer mit einem Graben umgeben, uͤber den eine artige Bruͤcke auf Stufen, nicht ins Erdgeſchoß, ſondern in den er- ſten Stock fuͤhrt, indeß das Erdgeſchoß einen eig- nen Ausgang an der Waſſerflaͤche hat. Dieſer Graben hat wohl mit der Befeſtigung gar nichts zu thun, ſondern dient nur zur Trockenlegung des Bodens. Man erreicht ſie auch mehr, wie ich es begreifen kann, denn in dieſem Erdgeſchoß, das nun faſt wagerecht mit der Waſſerflaͤche ſteht, ſpuͤrte ich keine Feuchtigkeit; die Waͤſche blieb da- ſelbſt trocken, und das hoͤlzerne Geraͤthe, deſſen Formen ſein Alterthum bewieſen, war ſpiegelglatt und wohl erhalten. Viel traͤgt gewiß die Rein- lichkeit zur Trockenheit bei, die Winkel werden un- aufhoͤrlich gelufter, die glatten Oberflaͤchen ziehen weniger Feuchtigkeit ein, aber dieſe Urſache reicht nicht hin die anſcheinende Trockenheit dieſer Ge- maͤcher zu erklaͤren. Rechnet nun noch hinzu, daß

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/245>, abgerufen am 29.04.2024.