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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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gestanden hatten, waren scheu zur Seite gewichen,
so daß die Gegner vollen Raum zur Entfaltung
ihrer Polemik in den Buchdeckeln gefunden hatten.
Dabei gaben sie sonderbare Töne zu vernehmen.
Im Leben Jesu ließ sich ein feines, nagendes Knis-
pern, wie von fressenden Mäusen hören, dagegen
grunzte und grölzte die dicke Mystik in einer Art
von Strohbaß. Ich nahm meinen armen Görres,
der auch schon ganz warm geworden war, wenn
gleich nicht glühend, wie der heilige Petrus von
Alcantara, vom Brette, streichelte ihn, redete ihm
mit guten Worten zu, und brachte es denn endlich
auch dahin, daß sich das Buch von seiner entsetz-
lichen inneren Aufregung beruhigte; während das
Leben Jesu noch immer mit dem einen Deckel in
die leere Luft hineinfocht, gegen einen Wunderglau-
ben, der ihm gar nicht mehr gegenüber stand.

Wie ich nun aber den Einband von Görres unter-
suchte, um zu sehen, ob er in diesem Strauße mit
Strauß nicht Schaden gelitten habe, da erschien mir
das dreifarbige Wunder. Ich hatte nämlich den Gör-
res in Purpur binden lassen, und, was sagen Sie dazu,
meine Freunde? der Autor hatte vor Alteration
zwischen dem Purpur blaue und weiße Streifen

geſtanden hatten, waren ſcheu zur Seite gewichen,
ſo daß die Gegner vollen Raum zur Entfaltung
ihrer Polemik in den Buchdeckeln gefunden hatten.
Dabei gaben ſie ſonderbare Töne zu vernehmen.
Im Leben Jeſu ließ ſich ein feines, nagendes Knis-
pern, wie von freſſenden Mäuſen hören, dagegen
grunzte und grölzte die dicke Myſtik in einer Art
von Strohbaß. Ich nahm meinen armen Görres,
der auch ſchon ganz warm geworden war, wenn
gleich nicht glühend, wie der heilige Petrus von
Alcantara, vom Brette, ſtreichelte ihn, redete ihm
mit guten Worten zu, und brachte es denn endlich
auch dahin, daß ſich das Buch von ſeiner entſetz-
lichen inneren Aufregung beruhigte; während das
Leben Jeſu noch immer mit dem einen Deckel in
die leere Luft hineinfocht, gegen einen Wunderglau-
ben, der ihm gar nicht mehr gegenüber ſtand.

Wie ich nun aber den Einband von Görres unter-
ſuchte, um zu ſehen, ob er in dieſem Strauße mit
Strauß nicht Schaden gelitten habe, da erſchien mir
das dreifarbige Wunder. Ich hatte nämlich den Gör-
res in Purpur binden laſſen, und, was ſagen Sie dazu,
meine Freunde? der Autor hatte vor Alteration
zwiſchen dem Purpur blaue und weiße Streifen

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[207/0215] geſtanden hatten, waren ſcheu zur Seite gewichen, ſo daß die Gegner vollen Raum zur Entfaltung ihrer Polemik in den Buchdeckeln gefunden hatten. Dabei gaben ſie ſonderbare Töne zu vernehmen. Im Leben Jeſu ließ ſich ein feines, nagendes Knis- pern, wie von freſſenden Mäuſen hören, dagegen grunzte und grölzte die dicke Myſtik in einer Art von Strohbaß. Ich nahm meinen armen Görres, der auch ſchon ganz warm geworden war, wenn gleich nicht glühend, wie der heilige Petrus von Alcantara, vom Brette, ſtreichelte ihn, redete ihm mit guten Worten zu, und brachte es denn endlich auch dahin, daß ſich das Buch von ſeiner entſetz- lichen inneren Aufregung beruhigte; während das Leben Jeſu noch immer mit dem einen Deckel in die leere Luft hineinfocht, gegen einen Wunderglau- ben, der ihm gar nicht mehr gegenüber ſtand. Wie ich nun aber den Einband von Görres unter- ſuchte, um zu ſehen, ob er in dieſem Strauße mit Strauß nicht Schaden gelitten habe, da erſchien mir das dreifarbige Wunder. Ich hatte nämlich den Gör- res in Purpur binden laſſen, und, was ſagen Sie dazu, meine Freunde? der Autor hatte vor Alteration zwiſchen dem Purpur blaue und weiße Streifen

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/215>, abgerufen am 30.04.2024.