Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

und sündliche Gedanken sind. Wer einmal ein
Gefäß der Wunder ist, muß aushalten, und so
will ich denn auch, ich armer, elendiger Mensch.

Ich denk' den ganzen Tag über an die Gott-
losigkeiten (der Himmel verzeihe mir, daß ich so
sprechen muß!) meines seligen Herren Vaters, und
da ich ein sehr gutes Gedächtniß von jeher gehabt,
und daher nichts vergessen habe, was mir von
demselben zu Ohren gekommen ist an lästerlich-
leichtfertigen Sachen über Bibel und Christenthum,
so drängt sich das Alles nun jetzt zu Hauf in mir
empor, und die Sachen werden laut in mir, die
ich so sehr verabscheue. Und da der Grobschmidt,
den ich bei mir führen soll, von nichts weiter in
mir hört, als von diesen Magistersünden, so mag
es wohl daher kommen, daß in den schrecklichen
Abendstunden, wo der Dürr und die beiden Herren
ihr schweres Werk mit mir beginnen, wo ich zwi-
schen Beten, Singen, Ausfragen, Faustdrohen, An-
schnarchen und Anbrällen nicht weiß, wo mir der
Kopf steht, wo es mir grün und gelb vor den
Augen wird, meine Sinne sich verwirren und ich
wie im hitzigen Fieber rede --

Wie? Jungfer Schnotterbaum?


und ſündliche Gedanken ſind. Wer einmal ein
Gefäß der Wunder iſt, muß aushalten, und ſo
will ich denn auch, ich armer, elendiger Menſch.

Ich denk’ den ganzen Tag über an die Gott-
loſigkeiten (der Himmel verzeihe mir, daß ich ſo
ſprechen muß!) meines ſeligen Herren Vaters, und
da ich ein ſehr gutes Gedächtniß von jeher gehabt,
und daher nichts vergeſſen habe, was mir von
demſelben zu Ohren gekommen iſt an läſterlich-
leichtfertigen Sachen über Bibel und Chriſtenthum,
ſo drängt ſich das Alles nun jetzt zu Hauf in mir
empor, und die Sachen werden laut in mir, die
ich ſo ſehr verabſcheue. Und da der Grobſchmidt,
den ich bei mir führen ſoll, von nichts weiter in
mir hört, als von dieſen Magiſterſünden, ſo mag
es wohl daher kommen, daß in den ſchrecklichen
Abendſtunden, wo der Dürr und die beiden Herren
ihr ſchweres Werk mit mir beginnen, wo ich zwi-
ſchen Beten, Singen, Ausfragen, Fauſtdrohen, An-
ſchnarchen und Anbrällen nicht weiß, wo mir der
Kopf ſteht, wo es mir grün und gelb vor den
Augen wird, meine Sinne ſich verwirren und ich
wie im hitzigen Fieber rede —

Wie? Jungfer Schnotterbaum?


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0319" n="301"/>
und &#x017F;ündliche Gedanken &#x017F;ind. Wer einmal ein<lb/>
Gefäß der Wunder i&#x017F;t, muß aushalten, und &#x017F;o<lb/>
will ich denn auch, ich armer, elendiger Men&#x017F;ch.</p><lb/>
          <p>Ich denk&#x2019; den ganzen Tag über an die Gott-<lb/>
lo&#x017F;igkeiten (der Himmel verzeihe mir, daß ich &#x017F;o<lb/>
&#x017F;prechen muß!) meines &#x017F;eligen Herren Vaters, und<lb/>
da ich ein &#x017F;ehr gutes Gedächtniß von jeher gehabt,<lb/>
und daher nichts verge&#x017F;&#x017F;en habe, was mir von<lb/>
dem&#x017F;elben zu Ohren gekommen i&#x017F;t an lä&#x017F;terlich-<lb/>
leichtfertigen Sachen über Bibel und Chri&#x017F;tenthum,<lb/>
&#x017F;o drängt &#x017F;ich das Alles nun jetzt zu Hauf in mir<lb/>
empor, und die Sachen werden laut in mir, die<lb/>
ich &#x017F;o &#x017F;ehr verab&#x017F;cheue. Und da der Grob&#x017F;chmidt,<lb/>
den ich bei mir führen &#x017F;oll, von nichts weiter in<lb/>
mir hört, als von die&#x017F;en Magi&#x017F;ter&#x017F;ünden, &#x017F;o mag<lb/>
es wohl daher kommen, daß in den &#x017F;chrecklichen<lb/>
Abend&#x017F;tunden, wo der Dürr und die beiden Herren<lb/>
ihr &#x017F;chweres Werk mit mir beginnen, wo ich zwi-<lb/>
&#x017F;chen Beten, Singen, Ausfragen, Fau&#x017F;tdrohen, An-<lb/>
&#x017F;chnarchen und Anbrällen nicht weiß, wo mir der<lb/>
Kopf &#x017F;teht, wo es mir grün und gelb vor den<lb/>
Augen wird, meine Sinne &#x017F;ich verwirren und ich<lb/>
wie im hitzigen Fieber rede &#x2014;</p><lb/>
          <p>Wie? Jungfer Schnotterbaum?</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0319] und ſündliche Gedanken ſind. Wer einmal ein Gefäß der Wunder iſt, muß aushalten, und ſo will ich denn auch, ich armer, elendiger Menſch. Ich denk’ den ganzen Tag über an die Gott- loſigkeiten (der Himmel verzeihe mir, daß ich ſo ſprechen muß!) meines ſeligen Herren Vaters, und da ich ein ſehr gutes Gedächtniß von jeher gehabt, und daher nichts vergeſſen habe, was mir von demſelben zu Ohren gekommen iſt an läſterlich- leichtfertigen Sachen über Bibel und Chriſtenthum, ſo drängt ſich das Alles nun jetzt zu Hauf in mir empor, und die Sachen werden laut in mir, die ich ſo ſehr verabſcheue. Und da der Grobſchmidt, den ich bei mir führen ſoll, von nichts weiter in mir hört, als von dieſen Magiſterſünden, ſo mag es wohl daher kommen, daß in den ſchrecklichen Abendſtunden, wo der Dürr und die beiden Herren ihr ſchweres Werk mit mir beginnen, wo ich zwi- ſchen Beten, Singen, Ausfragen, Fauſtdrohen, An- ſchnarchen und Anbrällen nicht weiß, wo mir der Kopf ſteht, wo es mir grün und gelb vor den Augen wird, meine Sinne ſich verwirren und ich wie im hitzigen Fieber rede — Wie? Jungfer Schnotterbaum?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/319
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/319>, abgerufen am 27.04.2024.