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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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doch die Heilung der armen Verletzten abwarten,
das erforderte die Menschlichkeit, fügte er hinzu.
Im Baumgarten fand er den Hofschulzen, der, da
er erfahren, daß keine Gefahr vorhanden sei, seinen
Geschäften nachging, als habe sich nichts ereignet.
Er bat den Alten, ihm noch länger Quartier zu
geben. Der Hofschulze sann nach und wußte kein
Gelaß für den Jäger. Und wenn es auch nur
ein Verschlag auf dem Speicher wäre! rief der
Jäger, der auf die Entschließung seines alten
Wirthes mit einer Aengstlichkeit harrte, als hange
davon sein Schicksal ab.

Nach langem Besinnen fiel diesem endlich ein
solcher Verschlag auf dem Speicher ein, worin er
Frucht bewahrte, wenn die Ernte für die gewöhn-
lichen Räume zu ergiebig ausgefallen war. Jetzt
war er leer und diesen wies nun der Alte seinem
jungen Gaste an, setzte aber hinzu, daß es ihm da
droben wohl nicht gefallen werde. Der Jäger
ging hinauf, und obgleich der kahle und verdrieß-
liche Raum nur von einer Dachluke sein geringes
Licht empfing, und zum Sitzen sich da nichts vor-
fand, als ein Brett und ein Kasten, so gefiel es
dem Jäger doch dort oben wohl. Denn, sagte er,

doch die Heilung der armen Verletzten abwarten,
das erforderte die Menſchlichkeit, fügte er hinzu.
Im Baumgarten fand er den Hofſchulzen, der, da
er erfahren, daß keine Gefahr vorhanden ſei, ſeinen
Geſchäften nachging, als habe ſich nichts ereignet.
Er bat den Alten, ihm noch länger Quartier zu
geben. Der Hofſchulze ſann nach und wußte kein
Gelaß für den Jäger. Und wenn es auch nur
ein Verſchlag auf dem Speicher wäre! rief der
Jäger, der auf die Entſchließung ſeines alten
Wirthes mit einer Aengſtlichkeit harrte, als hange
davon ſein Schickſal ab.

Nach langem Beſinnen fiel dieſem endlich ein
ſolcher Verſchlag auf dem Speicher ein, worin er
Frucht bewahrte, wenn die Ernte für die gewöhn-
lichen Räume zu ergiebig ausgefallen war. Jetzt
war er leer und dieſen wies nun der Alte ſeinem
jungen Gaſte an, ſetzte aber hinzu, daß es ihm da
droben wohl nicht gefallen werde. Der Jäger
ging hinauf, und obgleich der kahle und verdrieß-
liche Raum nur von einer Dachluke ſein geringes
Licht empfing, und zum Sitzen ſich da nichts vor-
fand, als ein Brett und ein Kaſten, ſo gefiel es
dem Jäger doch dort oben wohl. Denn, ſagte er,

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[42/0056] doch die Heilung der armen Verletzten abwarten, das erforderte die Menſchlichkeit, fügte er hinzu. Im Baumgarten fand er den Hofſchulzen, der, da er erfahren, daß keine Gefahr vorhanden ſei, ſeinen Geſchäften nachging, als habe ſich nichts ereignet. Er bat den Alten, ihm noch länger Quartier zu geben. Der Hofſchulze ſann nach und wußte kein Gelaß für den Jäger. Und wenn es auch nur ein Verſchlag auf dem Speicher wäre! rief der Jäger, der auf die Entſchließung ſeines alten Wirthes mit einer Aengſtlichkeit harrte, als hange davon ſein Schickſal ab. Nach langem Beſinnen fiel dieſem endlich ein ſolcher Verſchlag auf dem Speicher ein, worin er Frucht bewahrte, wenn die Ernte für die gewöhn- lichen Räume zu ergiebig ausgefallen war. Jetzt war er leer und dieſen wies nun der Alte ſeinem jungen Gaſte an, ſetzte aber hinzu, daß es ihm da droben wohl nicht gefallen werde. Der Jäger ging hinauf, und obgleich der kahle und verdrieß- liche Raum nur von einer Dachluke ſein geringes Licht empfing, und zum Sitzen ſich da nichts vor- fand, als ein Brett und ein Kaſten, ſo gefiel es dem Jäger doch dort oben wohl. Denn, ſagte er,

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/56>, abgerufen am 29.04.2024.