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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Alles ist mir einerlei, wenn ich hier nur bleiben
darf, bis ich darüber sicher bin, daß ich mit mei-
nem verwünschten Schießen keinen Schaden ange-
richtet habe. Es ist schönes Wetter, und ich werde
nicht viel oben zu seyn brauchen.

Er war auch wirklich nicht viel oben in seinem
Verschlage, sondern mehr unten bei Lisbeth. Er
bat sie so oft wegen des Schusses um Verzeihung,
daß sie ungeduldig wurde und ihm mit einem
Stirnfältchen des Verdrusses, welches ihr allerliebst
stand, sagte, er solle das nun seyn lassen. Nach
fünf Tagen war sie vollkommen geheilt, der Ver-
band konnte abgelegt werden und nur leichte röth-
liche Pünctchen an der weißen Schulter deuteten
noch die Stellen der Verwundung an.

Sie blieb im Oberhofe, denn sie war vom
Hofschulzen, wie wir wissen, schon früher zur Hoch-
zeit gebeten worden. Diese verspätete sich um
Einiges, weil die Ausstattung zum bestimmten Tage
nicht fertig werden wollte. Der junge Jäger blieb
auch, obgleich ihn der Hofschulze nicht einlud. Er
lud sich aber selbst zur Hochzeit, indem er eines
Tages dem Alten sagte, die Landesgebräuche seien
ihm so merkwürdig, daß er sie auch auf einer

Alles iſt mir einerlei, wenn ich hier nur bleiben
darf, bis ich darüber ſicher bin, daß ich mit mei-
nem verwünſchten Schießen keinen Schaden ange-
richtet habe. Es iſt ſchönes Wetter, und ich werde
nicht viel oben zu ſeyn brauchen.

Er war auch wirklich nicht viel oben in ſeinem
Verſchlage, ſondern mehr unten bei Lisbeth. Er
bat ſie ſo oft wegen des Schuſſes um Verzeihung,
daß ſie ungeduldig wurde und ihm mit einem
Stirnfältchen des Verdruſſes, welches ihr allerliebſt
ſtand, ſagte, er ſolle das nun ſeyn laſſen. Nach
fünf Tagen war ſie vollkommen geheilt, der Ver-
band konnte abgelegt werden und nur leichte röth-
liche Pünctchen an der weißen Schulter deuteten
noch die Stellen der Verwundung an.

Sie blieb im Oberhofe, denn ſie war vom
Hofſchulzen, wie wir wiſſen, ſchon früher zur Hoch-
zeit gebeten worden. Dieſe verſpätete ſich um
Einiges, weil die Ausſtattung zum beſtimmten Tage
nicht fertig werden wollte. Der junge Jäger blieb
auch, obgleich ihn der Hofſchulze nicht einlud. Er
lud ſich aber ſelbſt zur Hochzeit, indem er eines
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ihm ſo merkwürdig, daß er ſie auch auf einer

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[43/0057] Alles iſt mir einerlei, wenn ich hier nur bleiben darf, bis ich darüber ſicher bin, daß ich mit mei- nem verwünſchten Schießen keinen Schaden ange- richtet habe. Es iſt ſchönes Wetter, und ich werde nicht viel oben zu ſeyn brauchen. Er war auch wirklich nicht viel oben in ſeinem Verſchlage, ſondern mehr unten bei Lisbeth. Er bat ſie ſo oft wegen des Schuſſes um Verzeihung, daß ſie ungeduldig wurde und ihm mit einem Stirnfältchen des Verdruſſes, welches ihr allerliebſt ſtand, ſagte, er ſolle das nun ſeyn laſſen. Nach fünf Tagen war ſie vollkommen geheilt, der Ver- band konnte abgelegt werden und nur leichte röth- liche Pünctchen an der weißen Schulter deuteten noch die Stellen der Verwundung an. Sie blieb im Oberhofe, denn ſie war vom Hofſchulzen, wie wir wiſſen, ſchon früher zur Hoch- zeit gebeten worden. Dieſe verſpätete ſich um Einiges, weil die Ausſtattung zum beſtimmten Tage nicht fertig werden wollte. Der junge Jäger blieb auch, obgleich ihn der Hofſchulze nicht einlud. Er lud ſich aber ſelbſt zur Hochzeit, indem er eines Tages dem Alten ſagte, die Landesgebräuche ſeien ihm ſo merkwürdig, daß er ſie auch auf einer

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/57>, abgerufen am 29.04.2024.