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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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nur für die Spielart eines Schulmeisters hielt, wie
denn in der That auch an vielen Orten beide
Posten in einer Person vereinigt zu seyn pflegen.
Der Geistliche suchte mit aller Gelassenheit ihn
durch verschiedene Gründe auf andere Gedanken zu
bringen, und schlug endlich vor, den Spaßmacher
Steinhausen zum zweiten Aufwärter zu ernennen.
Dieser Vorschlag verletzte aber recht eigentlich den
Hofschulzen, er erklärte dem Diaconus, daß er
nur deshalb, weil der Herr noch nicht lange in der
Gegend sei und darum die Manieren nicht inne
haben könne, ihm die Rede hingehen lasse. Denn erst-
lich sei nicht die mindeste Aehnlichkeit zwischen einem
Schulmeister und dem Spaßmacher, und zweitens
werde es ja für seinen Eidam im höchsten Grade
despectirlich seyn, einen solchen Compagnon zu haben.

Die Debatte dauerte zwischen beiden Männern
unentschieden fort. Sie wurde mit Anstand und
Ruhe geführt, aber ein Ende und Ziel ließ sich
nicht voraussehen. Dieß war um so beklagens-
werther, als bereits die meisten Suppenkübel und
Schüsseln auf den Tafeln dampften, und Alles nach
der Mahlzeit verlangte, die doch ohne die gehörige
Aufwartung nicht zu Stande kommen konnte.


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nur für die Spielart eines Schulmeiſters hielt, wie
denn in der That auch an vielen Orten beide
Poſten in einer Perſon vereinigt zu ſeyn pflegen.
Der Geiſtliche ſuchte mit aller Gelaſſenheit ihn
durch verſchiedene Gründe auf andere Gedanken zu
bringen, und ſchlug endlich vor, den Spaßmacher
Steinhauſen zum zweiten Aufwärter zu ernennen.
Dieſer Vorſchlag verletzte aber recht eigentlich den
Hofſchulzen, er erklärte dem Diaconus, daß er
nur deshalb, weil der Herr noch nicht lange in der
Gegend ſei und darum die Manieren nicht inne
haben könne, ihm die Rede hingehen laſſe. Denn erſt-
lich ſei nicht die mindeſte Aehnlichkeit zwiſchen einem
Schulmeiſter und dem Spaßmacher, und zweitens
werde es ja für ſeinen Eidam im höchſten Grade
deſpectirlich ſeyn, einen ſolchen Compagnon zu haben.

Die Debatte dauerte zwiſchen beiden Männern
unentſchieden fort. Sie wurde mit Anſtand und
Ruhe geführt, aber ein Ende und Ziel ließ ſich
nicht vorausſehen. Dieß war um ſo beklagens-
werther, als bereits die meiſten Suppenkübel und
Schüſſeln auf den Tafeln dampften, und Alles nach
der Mahlzeit verlangte, die doch ohne die gehörige
Aufwartung nicht zu Stande kommen konnte.


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[83/0097] nur für die Spielart eines Schulmeiſters hielt, wie denn in der That auch an vielen Orten beide Poſten in einer Perſon vereinigt zu ſeyn pflegen. Der Geiſtliche ſuchte mit aller Gelaſſenheit ihn durch verſchiedene Gründe auf andere Gedanken zu bringen, und ſchlug endlich vor, den Spaßmacher Steinhauſen zum zweiten Aufwärter zu ernennen. Dieſer Vorſchlag verletzte aber recht eigentlich den Hofſchulzen, er erklärte dem Diaconus, daß er nur deshalb, weil der Herr noch nicht lange in der Gegend ſei und darum die Manieren nicht inne haben könne, ihm die Rede hingehen laſſe. Denn erſt- lich ſei nicht die mindeſte Aehnlichkeit zwiſchen einem Schulmeiſter und dem Spaßmacher, und zweitens werde es ja für ſeinen Eidam im höchſten Grade deſpectirlich ſeyn, einen ſolchen Compagnon zu haben. Die Debatte dauerte zwiſchen beiden Männern unentſchieden fort. Sie wurde mit Anſtand und Ruhe geführt, aber ein Ende und Ziel ließ ſich nicht vorausſehen. Dieß war um ſo beklagens- werther, als bereits die meiſten Suppenkübel und Schüſſeln auf den Tafeln dampften, und Alles nach der Mahlzeit verlangte, die doch ohne die gehörige Aufwartung nicht zu Stande kommen konnte. 6*

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/97>, abgerufen am 29.04.2024.