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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 9. Berlin, 1964.

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N. S. Da Sie wissen, daß ich aus der Wetterprophetenschule bin:
so will ich denn meine vor acht Tagen schon ausgesprochne Weis-
sagung -- die Ihnen wahrscheinlich erst nach der Erfüllung ihres
kleinern Theils zukommen wird -- Ihnen nicht vorenthalten, daß
eine Dürre mit blauem Himmel bis in den Oktober hinein kommt;5
und schon vor Weihnachten viel Kälte.

Die reizende Urania möge meinen Arbeiten mein Schweigen ver-
zeihen; besonders da man vor ihr als der Fürstin und als der geisti-
gen Schönschreiberin doch nicht im Wochenkleide sondern im Gala-
stil erscheinen muß. Freilich so gern ich ihre Hand auf dem Post-10
papiere sehe: so wäre mir die Hand ohne die Feder noch 10 mal lieber.
Versichern Sie sie meiner innigsten Verehrung, Wärme und --
Sehnsucht.

29. An Richard Groote in Frankfurt a. M.
15
Euer Wohlgeboren

dank' ich herzlich für die schnelle Erfüllung meines Wunsches. Der
Wein kam schon vorigen Sonnabend an und völlig in der Güte der
frühern Probe. Alle übrigen Weinproben waren bei aller ihrer Rein-
heit und Güte meinen Nerven zu stark. -- Sind wir nur über die20
Nachtfröste dieser Woche hinweg: so hat der Wein auf dem Stocke
nichts mehr vom Frühlinge zu befürchten, der mehr trocken als naß
sein wird und sehr warm, so wie der August dieses mal gewiß "den
Wein kochen" wird. -- Ihren niedergelegten Haut Sauterne lass'
ich fleißig mit meinem noch übrigen Sauterne auffüllen; aber noch25
konnt' ich keinen Käufer ausmitteln, weil man hier mehr Sinn für
Wohlgeschmack als Stärke hat. --

Meine Schuld beträgtfl.kr.
Weinproben30.16
1/2 Oxhoft783030
108.46.

N. S. Da Sie wiſſen, daß ich aus der Wetterprophetenſchule bin:
ſo will ich denn meine vor acht Tagen ſchon ausgeſprochne Weiſ-
ſagung — die Ihnen wahrſcheinlich erſt nach der Erfüllung ihres
kleinern Theils zukommen wird — Ihnen nicht vorenthalten, daß
eine Dürre mit blauem Himmel bis in den Oktober hinein kommt;5
und ſchon vor Weihnachten viel Kälte.

Die reizende Urania möge meinen Arbeiten mein Schweigen ver-
zeihen; beſonders da man vor ihr als der Fürſtin und als der geiſti-
gen Schönſchreiberin doch nicht im Wochenkleide ſondern im Gala-
ſtil erſcheinen muß. Freilich ſo gern ich ihre Hand auf dem Poſt-10
papiere ſehe: ſo wäre mir die Hand ohne die Feder noch 10 mal lieber.
Verſichern Sie ſie meiner innigſten Verehrung, Wärme und —
Sehnſucht.

29. An Richard Groote in Frankfurt a. M.
15
Euer Wohlgeboren

dank’ ich herzlich für die ſchnelle Erfüllung meines Wunſches. Der
Wein kam ſchon vorigen Sonnabend an und völlig in der Güte der
frühern Probe. Alle übrigen Weinproben waren bei aller ihrer Rein-
heit und Güte meinen Nerven zu ſtark. — Sind wir nur über die20
Nachtfröſte dieſer Woche hinweg: ſo hat der Wein auf dem Stocke
nichts mehr vom Frühlinge zu befürchten, der mehr trocken als naß
ſein wird und ſehr warm, ſo wie der Auguſt dieſes mal gewiß „den
Wein kochen“ wird. — Ihren niedergelegten Haut Sauterne laſſ’
ich fleißig mit meinem noch übrigen Sauterne auffüllen; aber noch25
konnt’ ich keinen Käufer ausmitteln, weil man hier mehr Sinn für
Wohlgeſchmack als Stärke hat. —

Meine Schuld beträgtfl.kr.
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[18/0025] N. S. Da Sie wiſſen, daß ich aus der Wetterprophetenſchule bin: ſo will ich denn meine vor acht Tagen ſchon ausgeſprochne Weiſ- ſagung — die Ihnen wahrſcheinlich erſt nach der Erfüllung ihres kleinern Theils zukommen wird — Ihnen nicht vorenthalten, daß eine Dürre mit blauem Himmel bis in den Oktober hinein kommt; 5 und ſchon vor Weihnachten viel Kälte. Die reizende Urania möge meinen Arbeiten mein Schweigen ver- zeihen; beſonders da man vor ihr als der Fürſtin und als der geiſti- gen Schönſchreiberin doch nicht im Wochenkleide ſondern im Gala- ſtil erſcheinen muß. Freilich ſo gern ich ihre Hand auf dem Poſt- 10 papiere ſehe: ſo wäre mir die Hand ohne die Feder noch 10 mal lieber. Verſichern Sie ſie meiner innigſten Verehrung, Wärme und — Sehnſucht. 29. An Richard Groote in Frankfurt a. M. Baireut d. 4ten Apr. 1822 [Donnerstag]. 15 Euer Wohlgeboren dank’ ich herzlich für die ſchnelle Erfüllung meines Wunſches. Der Wein kam ſchon vorigen Sonnabend an und völlig in der Güte der frühern Probe. Alle übrigen Weinproben waren bei aller ihrer Rein- heit und Güte meinen Nerven zu ſtark. — Sind wir nur über die 20 Nachtfröſte dieſer Woche hinweg: ſo hat der Wein auf dem Stocke nichts mehr vom Frühlinge zu befürchten, der mehr trocken als naß ſein wird und ſehr warm, ſo wie der Auguſt dieſes mal gewiß „den Wein kochen“ wird. — Ihren niedergelegten Haut Sauterne laſſ’ ich fleißig mit meinem noch übrigen Sauterne auffüllen; aber noch 25 konnt’ ich keinen Käufer ausmitteln, weil man hier mehr Sinn für Wohlgeſchmack als Stärke hat. — Meine Schuld beträgt fl. kr. Weinproben 30. 16 ½ Oxhoft 78 30 30 108. 46.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:36:37Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:36:37Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 9. Berlin, 1964, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe09_1964/25>, abgerufen am 29.04.2024.