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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch.
dieselbe Geschichte unter ein und eben derselben Gestalt vortrüge. Es wird hoffentlich nicht
unangenehm seyn, eine kurze Beschreibung des lezten Matsuri, dem ich selbst beigewohnt,
hier einzuschalten:

Die 1te Scene war ein Ballet, das 8 junge Dirnen wechselsweise machten: über
ihre bunten Kleider waren sie mit blümigt besezten Oberröcken angethan, mit Sonnenhüten
bedekt, und führten Fächer, Stäbe und Blumen in der Hand: zwo Haupttänzerinnen
in einem andern Anzuge löseten sie ab;

Die 2te Scene stelte einen Blumengarten zu beiden Seiten des Schauplatzes vor,
in dessen Mitte eine Strohhütte stand, durch welche und neben hin acht weis und roth geklei-
dete Dirnen mit Fächern, Stäben und Blumen einen Tanz hielten. Eine geübtere Allein-
tänzerin wechselte mit ihnen ab.

Die 3te Scene war ein Aufzug verschiedener *) Triumphkarren mit davor gespan-
neten durch Kunst nach dem Leben gemachten Büffeln und Ochsen von ungleicher Farbe,
welche durch wohlgekleidete Knaben fortgezogen wurden. Die Ladung bestand in einer mit
3 Störchen und andern Vögeln besezten Klippe: **) einem blühenden Tsubakibaum: einem
bebuschten Berge, einem Bambuswäldgen, mit einem darin laurenden Tygerthier: einer
Last Stroh samt einem Baum nebst seiner Wurzel und Zweigen: einem unter einer Klippe
halb im Wasser liegenden Walfische und einem Berge mit schön gepuzten lebendigen unter
einem blühenden Abrikosenbaum sitzenden Knaben, der auch wiederum von Knaben fortgezo-
gen wurde.

Jn der 4ten Scene tanzten 9 einförmig gekleidete und mit 2 Säbeln und Flinten
versehene Knaben, auch ein Bauer zwischen 6 ebenfals von Knaben auf den Plaz herbei ge-
zogenen Blumenbetten und einem grünen Baume.

Jn der 5ten Scene wurde ein Berg von Menschen getragen, ein Brunne mit einer
Gallerie, ein großes Fas und ein Haus dahin gestelt. Zwei maskirte Riesen mit dicken
Köpfen, gewissen Fotoge oder Jndianischen Göttern nicht unähnlich, fiengen einen Tanz
an: aus dem Berge, so klein er auch war, kam noch ein drittes größeres Ungeheuer mit
einem Schwerdt und nach ihm 7 Sinesen hervor, die sich in der ersten ihren Tanz einmisch-
ten. Nach einer kleinen Weile schlug der große Riese das Fas in Stücken, woraus sodann
ein Knabe zum Vorschein kam, der nach einer gehaltenen langen muntern Rede mit dem
Riesen allein tanzte. Während dem krochen aus dem Baume 3 Affen von natürlicher Größe
mit Rehköpfen hervor, die auf dessen Gallerie ebenfals einen Tanz, in Uebereinstimmung

mit
*) Scheuchzer giebt die Zahl von 8 an.
**) Diesen Theil der Ladung hat Scheuchzer nicht.

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
dieſelbe Geſchichte unter ein und eben derſelben Geſtalt vortruͤge. Es wird hoffentlich nicht
unangenehm ſeyn, eine kurze Beſchreibung des lezten Matſuri, dem ich ſelbſt beigewohnt,
hier einzuſchalten:

Die 1te Scene war ein Ballet, das 8 junge Dirnen wechſelsweiſe machten: uͤber
ihre bunten Kleider waren ſie mit bluͤmigt beſezten Oberroͤcken angethan, mit Sonnenhuͤten
bedekt, und fuͤhrten Faͤcher, Staͤbe und Blumen in der Hand: zwo Haupttaͤnzerinnen
in einem andern Anzuge loͤſeten ſie ab;

Die 2te Scene ſtelte einen Blumengarten zu beiden Seiten des Schauplatzes vor,
in deſſen Mitte eine Strohhuͤtte ſtand, durch welche und neben hin acht weis und roth geklei-
dete Dirnen mit Faͤchern, Staͤben und Blumen einen Tanz hielten. Eine geuͤbtere Allein-
taͤnzerin wechſelte mit ihnen ab.

Die 3te Scene war ein Aufzug verſchiedener *) Triumphkarren mit davor geſpan-
neten durch Kunſt nach dem Leben gemachten Buͤffeln und Ochſen von ungleicher Farbe,
welche durch wohlgekleidete Knaben fortgezogen wurden. Die Ladung beſtand in einer mit
3 Stoͤrchen und andern Voͤgeln beſezten Klippe: **) einem bluͤhenden Tſubakibaum: einem
bebuſchten Berge, einem Bambuswaͤldgen, mit einem darin laurenden Tygerthier: einer
Laſt Stroh ſamt einem Baum nebſt ſeiner Wurzel und Zweigen: einem unter einer Klippe
halb im Waſſer liegenden Walfiſche und einem Berge mit ſchoͤn gepuzten lebendigen unter
einem bluͤhenden Abrikoſenbaum ſitzenden Knaben, der auch wiederum von Knaben fortgezo-
gen wurde.

Jn der 4ten Scene tanzten 9 einfoͤrmig gekleidete und mit 2 Saͤbeln und Flinten
verſehene Knaben, auch ein Bauer zwiſchen 6 ebenfals von Knaben auf den Plaz herbei ge-
zogenen Blumenbetten und einem gruͤnen Baume.

Jn der 5ten Scene wurde ein Berg von Menſchen getragen, ein Brunne mit einer
Gallerie, ein großes Fas und ein Haus dahin geſtelt. Zwei maſkirte Rieſen mit dicken
Koͤpfen, gewiſſen Fotoge oder Jndianiſchen Goͤttern nicht unaͤhnlich, fiengen einen Tanz
an: aus dem Berge, ſo klein er auch war, kam noch ein drittes groͤßeres Ungeheuer mit
einem Schwerdt und nach ihm 7 Sineſen hervor, die ſich in der erſten ihren Tanz einmiſch-
ten. Nach einer kleinen Weile ſchlug der große Rieſe das Fas in Stuͤcken, woraus ſodann
ein Knabe zum Vorſchein kam, der nach einer gehaltenen langen muntern Rede mit dem
Rieſen allein tanzte. Waͤhrend dem krochen aus dem Baume 3 Affen von natuͤrlicher Groͤße
mit Rehkoͤpfen hervor, die auf deſſen Gallerie ebenfals einen Tanz, in Uebereinſtimmung

mit
*) Scheuchzer giebt die Zahl von 8 an.
**) Dieſen Theil der Ladung hat Scheuchzer nicht.
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[48/0062] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. dieſelbe Geſchichte unter ein und eben derſelben Geſtalt vortruͤge. Es wird hoffentlich nicht unangenehm ſeyn, eine kurze Beſchreibung des lezten Matſuri, dem ich ſelbſt beigewohnt, hier einzuſchalten: Die 1te Scene war ein Ballet, das 8 junge Dirnen wechſelsweiſe machten: uͤber ihre bunten Kleider waren ſie mit bluͤmigt beſezten Oberroͤcken angethan, mit Sonnenhuͤten bedekt, und fuͤhrten Faͤcher, Staͤbe und Blumen in der Hand: zwo Haupttaͤnzerinnen in einem andern Anzuge loͤſeten ſie ab; Die 2te Scene ſtelte einen Blumengarten zu beiden Seiten des Schauplatzes vor, in deſſen Mitte eine Strohhuͤtte ſtand, durch welche und neben hin acht weis und roth geklei- dete Dirnen mit Faͤchern, Staͤben und Blumen einen Tanz hielten. Eine geuͤbtere Allein- taͤnzerin wechſelte mit ihnen ab. Die 3te Scene war ein Aufzug verſchiedener *) Triumphkarren mit davor geſpan- neten durch Kunſt nach dem Leben gemachten Buͤffeln und Ochſen von ungleicher Farbe, welche durch wohlgekleidete Knaben fortgezogen wurden. Die Ladung beſtand in einer mit 3 Stoͤrchen und andern Voͤgeln beſezten Klippe: **) einem bluͤhenden Tſubakibaum: einem bebuſchten Berge, einem Bambuswaͤldgen, mit einem darin laurenden Tygerthier: einer Laſt Stroh ſamt einem Baum nebſt ſeiner Wurzel und Zweigen: einem unter einer Klippe halb im Waſſer liegenden Walfiſche und einem Berge mit ſchoͤn gepuzten lebendigen unter einem bluͤhenden Abrikoſenbaum ſitzenden Knaben, der auch wiederum von Knaben fortgezo- gen wurde. Jn der 4ten Scene tanzten 9 einfoͤrmig gekleidete und mit 2 Saͤbeln und Flinten verſehene Knaben, auch ein Bauer zwiſchen 6 ebenfals von Knaben auf den Plaz herbei ge- zogenen Blumenbetten und einem gruͤnen Baume. Jn der 5ten Scene wurde ein Berg von Menſchen getragen, ein Brunne mit einer Gallerie, ein großes Fas und ein Haus dahin geſtelt. Zwei maſkirte Rieſen mit dicken Koͤpfen, gewiſſen Fotoge oder Jndianiſchen Goͤttern nicht unaͤhnlich, fiengen einen Tanz an: aus dem Berge, ſo klein er auch war, kam noch ein drittes groͤßeres Ungeheuer mit einem Schwerdt und nach ihm 7 Sineſen hervor, die ſich in der erſten ihren Tanz einmiſch- ten. Nach einer kleinen Weile ſchlug der große Rieſe das Fas in Stuͤcken, woraus ſodann ein Knabe zum Vorſchein kam, der nach einer gehaltenen langen muntern Rede mit dem Rieſen allein tanzte. Waͤhrend dem krochen aus dem Baume 3 Affen von natuͤrlicher Groͤße mit Rehkoͤpfen hervor, die auf deſſen Gallerie ebenfals einen Tanz, in Uebereinſtimmung mit *) Scheuchzer giebt die Zahl von 8 an. **) Dieſen Theil der Ladung hat Scheuchzer nicht.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/62>, abgerufen am 29.04.2024.