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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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guten Freund und Bekannten ihres Mannes und ihres
eigenen Hauses dabei zu wissen, weil ihr ja manche
von den Theilnehmern weder vertraut genug noch sonst
angenehm seien. Sie glaube im Sinne Altenauer's zu
handeln, wenn sie so verfahre; denn sie wisse, daß er
etwas auf mich halte u. s. w. Sie habe daher kurzweg
angekündigt, sie werde mich als ihren besonderen Begleiter
mitbringen, und sie bitte mich nun, wenn ich ihr den
Gefallen erweisen wolle, einen Wagen zu bestellen und
sie zur bestimmten Stunde abzuholen und auf den Sammel¬
platz zu bringen. Man habe allerdings ihren Wunsch
theilweise dadurch gekreuzt, daß ich sofort zum Cavalier
der jungen Malerin bestimmt worden sei, wozu ich mich
vortrefflich eigne; doch hoffe sie, die Regine, daß ich mich
wol zuweilen werde losmachen und ein Bischen mit ihr
plaudern können.

Ich sagte mit Freuden zu und nahm mir vor, den
weiblichen Schmierteufel von Maler je eher je lieber hin
zu setzen und mich an die Frau Altenauer zu halten.
Als ich diese dann holte, fand ich es ehrenvoll, an
ihrer Seite zu fahren; sie war in hellfarbigen duftigen
Sommerstoff gekleidet und in jeder Beziehung einfach
aber tadellos ausgerüstet. Sie räkelte nicht in der
Wagenecke herum, sondern saß mit ihrem Sonnenschirme
in anmuthiger Haltung aufrecht, während die Malerin,
die später uns beigesellt wurde, sich sofort zurückwarf
und die Beine übereinander schlug. Auch die übrigen

guten Freund und Bekannten ihres Mannes und ihres
eigenen Hauſes dabei zu wiſſen, weil ihr ja manche
von den Theilnehmern weder vertraut genug noch ſonſt
angenehm ſeien. Sie glaube im Sinne Altenauer's zu
handeln, wenn ſie ſo verfahre; denn ſie wiſſe, daß er
etwas auf mich halte u. ſ. w. Sie habe daher kurzweg
angekündigt, ſie werde mich als ihren beſonderen Begleiter
mitbringen, und ſie bitte mich nun, wenn ich ihr den
Gefallen erweiſen wolle, einen Wagen zu beſtellen und
ſie zur beſtimmten Stunde abzuholen und auf den Sammel¬
platz zu bringen. Man habe allerdings ihren Wunſch
theilweiſe dadurch gekreuzt, daß ich ſofort zum Cavalier
der jungen Malerin beſtimmt worden ſei, wozu ich mich
vortrefflich eigne; doch hoffe ſie, die Regine, daß ich mich
wol zuweilen werde losmachen und ein Bischen mit ihr
plaudern können.

Ich ſagte mit Freuden zu und nahm mir vor, den
weiblichen Schmierteufel von Maler je eher je lieber hin
zu ſetzen und mich an die Frau Altenauer zu halten.
Als ich dieſe dann holte, fand ich es ehrenvoll, an
ihrer Seite zu fahren; ſie war in hellfarbigen duftigen
Sommerſtoff gekleidet und in jeder Beziehung einfach
aber tadellos ausgerüſtet. Sie räkelte nicht in der
Wagenecke herum, ſondern ſaß mit ihrem Sonnenſchirme
in anmuthiger Haltung aufrecht, während die Malerin,
die ſpäter uns beigeſellt wurde, ſich ſofort zurückwarf
und die Beine übereinander ſchlug. Auch die übrigen

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[111/0121] guten Freund und Bekannten ihres Mannes und ihres eigenen Hauſes dabei zu wiſſen, weil ihr ja manche von den Theilnehmern weder vertraut genug noch ſonſt angenehm ſeien. Sie glaube im Sinne Altenauer's zu handeln, wenn ſie ſo verfahre; denn ſie wiſſe, daß er etwas auf mich halte u. ſ. w. Sie habe daher kurzweg angekündigt, ſie werde mich als ihren beſonderen Begleiter mitbringen, und ſie bitte mich nun, wenn ich ihr den Gefallen erweiſen wolle, einen Wagen zu beſtellen und ſie zur beſtimmten Stunde abzuholen und auf den Sammel¬ platz zu bringen. Man habe allerdings ihren Wunſch theilweiſe dadurch gekreuzt, daß ich ſofort zum Cavalier der jungen Malerin beſtimmt worden ſei, wozu ich mich vortrefflich eigne; doch hoffe ſie, die Regine, daß ich mich wol zuweilen werde losmachen und ein Bischen mit ihr plaudern können. Ich ſagte mit Freuden zu und nahm mir vor, den weiblichen Schmierteufel von Maler je eher je lieber hin zu ſetzen und mich an die Frau Altenauer zu halten. Als ich dieſe dann holte, fand ich es ehrenvoll, an ihrer Seite zu fahren; ſie war in hellfarbigen duftigen Sommerſtoff gekleidet und in jeder Beziehung einfach aber tadellos ausgerüſtet. Sie räkelte nicht in der Wagenecke herum, ſondern ſaß mit ihrem Sonnenſchirme in anmuthiger Haltung aufrecht, während die Malerin, die ſpäter uns beigeſellt wurde, ſich ſofort zurückwarf und die Beine übereinander ſchlug. Auch die übrigen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/121>, abgerufen am 29.04.2024.