Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

sein Weib war nah, an ihrem trocknen Husten
zu ersticken. Die Furcht zwang indessen die
Uebrigen, vergnügte Gesichter zu zeigen, und
man trank, unter lautem Vivat, des neuen
Ritters Gesundheit. Während dem Ge-
räusche füllte auf einmal ein dünner Nebel
den Saal. Die Gläser fiengen an auf dem
Tische herum zu tanzen. Die gebratnen
Gänse, die Endten, Hühner, Spanferkel,
Kälber-Schafs- und Ochsenbraten, schnat-
terten, krähten, grunzten, blöckten, brüll-
ten, flogen über dem Tische, und liefen
auf dem Tische. Der Wein trieb in blauen
Feuer Flammen aus den Flaschen. Der Adels-
brief brannte loh zwischen den Fingern des
bebenden Bürgermeisters, und ward zu
Asche. Die ganze Gesellschaft saß da, ver-
wandelt in poßierliche Masken einer tollen
Faschingsnacht. Der Bürgermeister trug
einen Hirschkopf zwischen den Schultern,
alle die übrigen, Weiber und Männer,
waren mit Larven aus dem launigen Rei-
che der grotesken und bizarren Fantasie ge-

ziert,
G 5

ſein Weib war nah, an ihrem trocknen Huſten
zu erſticken. Die Furcht zwang indeſſen die
Uebrigen, vergnuͤgte Geſichter zu zeigen, und
man trank, unter lautem Vivat, des neuen
Ritters Geſundheit. Waͤhrend dem Ge-
raͤuſche fuͤllte auf einmal ein duͤnner Nebel
den Saal. Die Glaͤſer fiengen an auf dem
Tiſche herum zu tanzen. Die gebratnen
Gaͤnſe, die Endten, Huͤhner, Spanferkel,
Kaͤlber-Schafs- und Ochſenbraten, ſchnat-
terten, kraͤhten, grunzten, bloͤckten, bruͤll-
ten, flogen uͤber dem Tiſche, und liefen
auf dem Tiſche. Der Wein trieb in blauen
Feuer Flammen aus den Flaſchen. Der Adels-
brief brannte loh zwiſchen den Fingern des
bebenden Buͤrgermeiſters, und ward zu
Aſche. Die ganze Geſellſchaft ſaß da, ver-
wandelt in poßierliche Masken einer tollen
Faſchingsnacht. Der Buͤrgermeiſter trug
einen Hirſchkopf zwiſchen den Schultern,
alle die uͤbrigen, Weiber und Maͤnner,
waren mit Larven aus dem launigen Rei-
che der grotesken und bizarren Fantaſie ge-

ziert,
G 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0116" n="105"/>
&#x017F;ein Weib war nah, an ihrem trocknen Hu&#x017F;ten<lb/>
zu er&#x017F;ticken. Die Furcht zwang inde&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
Uebrigen, vergnu&#x0364;gte Ge&#x017F;ichter zu zeigen, und<lb/>
man trank, unter lautem <hi rendition="#aq">Vivat,</hi> des neuen<lb/>
Ritters Ge&#x017F;undheit. Wa&#x0364;hrend dem Ge-<lb/>
ra&#x0364;u&#x017F;che fu&#x0364;llte auf einmal ein du&#x0364;nner Nebel<lb/>
den Saal. Die Gla&#x0364;&#x017F;er fiengen an auf dem<lb/>
Ti&#x017F;che herum zu tanzen. Die gebratnen<lb/>
Ga&#x0364;n&#x017F;e, die Endten, Hu&#x0364;hner, Spanferkel,<lb/>
Ka&#x0364;lber-Schafs- und Och&#x017F;enbraten, &#x017F;chnat-<lb/>
terten, kra&#x0364;hten, grunzten, blo&#x0364;ckten, bru&#x0364;ll-<lb/>
ten, flogen u&#x0364;ber dem Ti&#x017F;che, und liefen<lb/>
auf dem Ti&#x017F;che. Der Wein trieb in blauen<lb/>
Feuer Flammen aus den Fla&#x017F;chen. Der Adels-<lb/>
brief brannte loh zwi&#x017F;chen den Fingern des<lb/>
bebenden Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ters, und ward zu<lb/>
A&#x017F;che. Die ganze Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;aß da, ver-<lb/>
wandelt in poßierliche Masken einer tollen<lb/>
Fa&#x017F;chingsnacht. Der Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ter trug<lb/>
einen Hir&#x017F;chkopf zwi&#x017F;chen den Schultern,<lb/>
alle die u&#x0364;brigen, Weiber und Ma&#x0364;nner,<lb/>
waren mit Larven aus dem launigen Rei-<lb/>
che der grotesken und bizarren Fanta&#x017F;ie ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ziert,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0116] ſein Weib war nah, an ihrem trocknen Huſten zu erſticken. Die Furcht zwang indeſſen die Uebrigen, vergnuͤgte Geſichter zu zeigen, und man trank, unter lautem Vivat, des neuen Ritters Geſundheit. Waͤhrend dem Ge- raͤuſche fuͤllte auf einmal ein duͤnner Nebel den Saal. Die Glaͤſer fiengen an auf dem Tiſche herum zu tanzen. Die gebratnen Gaͤnſe, die Endten, Huͤhner, Spanferkel, Kaͤlber-Schafs- und Ochſenbraten, ſchnat- terten, kraͤhten, grunzten, bloͤckten, bruͤll- ten, flogen uͤber dem Tiſche, und liefen auf dem Tiſche. Der Wein trieb in blauen Feuer Flammen aus den Flaſchen. Der Adels- brief brannte loh zwiſchen den Fingern des bebenden Buͤrgermeiſters, und ward zu Aſche. Die ganze Geſellſchaft ſaß da, ver- wandelt in poßierliche Masken einer tollen Faſchingsnacht. Der Buͤrgermeiſter trug einen Hirſchkopf zwiſchen den Schultern, alle die uͤbrigen, Weiber und Maͤnner, waren mit Larven aus dem launigen Rei- che der grotesken und bizarren Fantaſie ge- ziert, G 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/116
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/116>, abgerufen am 05.10.2024.