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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Vaters, die nahe Ankunft des Krüpels
von Sohn, seinem zarten Gewisse[n] anfien-
gen beschwerlich zu werden, so wa[r] er sehr
geneigt, sich dieser Bürde auf eine oder die
andre Art zu entledigen. Die B[e]l[o]hnung
gieng, wie unter Leuten die sich ke[nn]en, na-
türlich voraus, und bestund darin, daß der
Graf über sich nahm, bey dem Fürsten aus-
zuwürken, den Baron in einer wichtigen
Angelegenheit an den Kaiserlichen Hof zu
schicken. Dafür verband sich der Baron,
die Frau des Ministers, durch eine Summe
Gelds, die der Graf herschoß, dahin zu
stimmen, ein gewisses Papier, das eins der
wichtigsten Documente des fürstlichen Hau-
ses enthielt, und dessen man so eben, wegen
einer Streitigkeit mit einem andern fürstli-
chen Hause benöthigt war, aus dem Kabi-
net des Ministers, dem es übergeben war,
darüber zu arbeiten, auf eine unmerkliche
Art zu entwenden. Der Graf hofte dann
die Sache so zu drehen, daß aller Schein
gegen den Minister sey, als habe er dieses

Docu-

Vaters, die nahe Ankunft des Kruͤpels
von Sohn, ſeinem zarten Gewiſſe[n] anfien-
gen beſchwerlich zu werden, ſo wa[r] er ſehr
geneigt, ſich dieſer Buͤrde auf eine oder die
andre Art zu entledigen. Die B[e]l[o]hnung
gieng, wie unter Leuten die ſich ke[nn]en, na-
tuͤrlich voraus, und beſtund darin, daß der
Graf uͤber ſich nahm, bey dem Fuͤrſten aus-
zuwuͤrken, den Baron in einer wichtigen
Angelegenheit an den Kaiſerlichen Hof zu
ſchicken. Dafuͤr verband ſich der Baron,
die Frau des Miniſters, durch eine Summe
Gelds, die der Graf herſchoß, dahin zu
ſtimmen, ein gewiſſes Papier, das eins der
wichtigſten Documente des fuͤrſtlichen Hau-
ſes enthielt, und deſſen man ſo eben, wegen
einer Streitigkeit mit einem andern fuͤrſtli-
chen Hauſe benoͤthigt war, aus dem Kabi-
net des Miniſters, dem es uͤbergeben war,
daruͤber zu arbeiten, auf eine unmerkliche
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gegen den Miniſter ſey, als habe er dieſes

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[186/0197] Vaters, die nahe Ankunft des Kruͤpels von Sohn, ſeinem zarten Gewiſſen anfien- gen beſchwerlich zu werden, ſo war er ſehr geneigt, ſich dieſer Buͤrde auf eine oder die andre Art zu entledigen. Die Belohnung gieng, wie unter Leuten die ſich kennen, na- tuͤrlich voraus, und beſtund darin, daß der Graf uͤber ſich nahm, bey dem Fuͤrſten aus- zuwuͤrken, den Baron in einer wichtigen Angelegenheit an den Kaiſerlichen Hof zu ſchicken. Dafuͤr verband ſich der Baron, die Frau des Miniſters, durch eine Summe Gelds, die der Graf herſchoß, dahin zu ſtimmen, ein gewiſſes Papier, das eins der wichtigſten Documente des fuͤrſtlichen Hau- ſes enthielt, und deſſen man ſo eben, wegen einer Streitigkeit mit einem andern fuͤrſtli- chen Hauſe benoͤthigt war, aus dem Kabi- net des Miniſters, dem es uͤbergeben war, daruͤber zu arbeiten, auf eine unmerkliche Art zu entwenden. Der Graf hofte dann die Sache ſo zu drehen, daß aller Schein gegen den Miniſter ſey, als habe er dieſes Docu-

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/197>, abgerufen am 27.04.2024.