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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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an seinem Verstande. Er aber benutzte eine Gelegenheit, sie
pfiffig anzulächeln und das eine Auge listig zuzukneifen, als
wollte er sagen: "Ich mache meine Sache gut, nicht wahr
Alte?"

Dann sorgte er dafür, daß das Gespräch auf ganz all¬
gemeine Dinge kam, und war dabei so lustigen Sinnes, als
gäbe es keinen glücklicheren Menschen auf der Welt als ihn.
Emma fand ihre Situation so unheimlich, daß sie sich bald
empfahl. Timpe ließ es sich nicht nehmen, sie bis vor die
Thür zu begleiten und ihr behilflich zu sein, in den Wagen
zu steigen. Von der Treppe aus rief er ihr noch zu:

Also es bleibt dabei: wenn meine Villa fertig ist, dann
kommen Sie mal zu einer Tasse Kaffee mit Kuchen. Das
wird hübsch werden, nicht wahr? In "Timpe's Ruh" soll
es Ihnen gefallen, mein Wort darauf."

Als der Wagen sich bereits in Bewegung gesetzt hatte,
winkte er ihr freundlich mit der Hand zum Abschied zu.
Baldrian der Schornsteinfegermeister ging gerade vorüber.
Er hatte die letzten Worte Timpe's gehört, grüßte und rief
über den Zaun hinüber:

"Ihre Schwiegertochter, nicht wahr?"

Der Meister nickte. "Sie feiern nächste Woche eine ita¬
lienische Nacht und da hat sie uns persönlich eingeladen.
Wir werden uns revanchiren, wenn unsere Villa erst fertig
sein wird."

"Ich habe davon gehört. ... Wer es so haben kann!
... Ich habe Sie immer für einen Heimlichthuer gehalten."

Der Meister lachte und erwiderte: "Dann kommt man
aber auch zu etwas. Adieu, adieu. .."

Eines Tages hatte Timpe wirklich wieder etwas Arbeit

an ſeinem Verſtande. Er aber benutzte eine Gelegenheit, ſie
pfiffig anzulächeln und das eine Auge liſtig zuzukneifen, als
wollte er ſagen: „Ich mache meine Sache gut, nicht wahr
Alte?“

Dann ſorgte er dafür, daß das Geſpräch auf ganz all¬
gemeine Dinge kam, und war dabei ſo luſtigen Sinnes, als
gäbe es keinen glücklicheren Menſchen auf der Welt als ihn.
Emma fand ihre Situation ſo unheimlich, daß ſie ſich bald
empfahl. Timpe ließ es ſich nicht nehmen, ſie bis vor die
Thür zu begleiten und ihr behilflich zu ſein, in den Wagen
zu ſteigen. Von der Treppe aus rief er ihr noch zu:

Alſo es bleibt dabei: wenn meine Villa fertig iſt, dann
kommen Sie mal zu einer Taſſe Kaffee mit Kuchen. Das
wird hübſch werden, nicht wahr? In „Timpe's Ruh“ ſoll
es Ihnen gefallen, mein Wort darauf.“

Als der Wagen ſich bereits in Bewegung geſetzt hatte,
winkte er ihr freundlich mit der Hand zum Abſchied zu.
Baldrian der Schornſteinfegermeiſter ging gerade vorüber.
Er hatte die letzten Worte Timpe's gehört, grüßte und rief
über den Zaun hinüber:

„Ihre Schwiegertochter, nicht wahr?“

Der Meiſter nickte. „Sie feiern nächſte Woche eine ita¬
lieniſche Nacht und da hat ſie uns perſönlich eingeladen.
Wir werden uns revanchiren, wenn unſere Villa erſt fertig
ſein wird.“

„Ich habe davon gehört. ... Wer es ſo haben kann!
... Ich habe Sie immer für einen Heimlichthuer gehalten.“

Der Meiſter lachte und erwiderte: „Dann kommt man
aber auch zu etwas. Adieu, adieu. ..“

Eines Tages hatte Timpe wirklich wieder etwas Arbeit

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[237/0249] an ſeinem Verſtande. Er aber benutzte eine Gelegenheit, ſie pfiffig anzulächeln und das eine Auge liſtig zuzukneifen, als wollte er ſagen: „Ich mache meine Sache gut, nicht wahr Alte?“ Dann ſorgte er dafür, daß das Geſpräch auf ganz all¬ gemeine Dinge kam, und war dabei ſo luſtigen Sinnes, als gäbe es keinen glücklicheren Menſchen auf der Welt als ihn. Emma fand ihre Situation ſo unheimlich, daß ſie ſich bald empfahl. Timpe ließ es ſich nicht nehmen, ſie bis vor die Thür zu begleiten und ihr behilflich zu ſein, in den Wagen zu ſteigen. Von der Treppe aus rief er ihr noch zu: Alſo es bleibt dabei: wenn meine Villa fertig iſt, dann kommen Sie mal zu einer Taſſe Kaffee mit Kuchen. Das wird hübſch werden, nicht wahr? In „Timpe's Ruh“ ſoll es Ihnen gefallen, mein Wort darauf.“ Als der Wagen ſich bereits in Bewegung geſetzt hatte, winkte er ihr freundlich mit der Hand zum Abſchied zu. Baldrian der Schornſteinfegermeiſter ging gerade vorüber. Er hatte die letzten Worte Timpe's gehört, grüßte und rief über den Zaun hinüber: „Ihre Schwiegertochter, nicht wahr?“ Der Meiſter nickte. „Sie feiern nächſte Woche eine ita¬ lieniſche Nacht und da hat ſie uns perſönlich eingeladen. Wir werden uns revanchiren, wenn unſere Villa erſt fertig ſein wird.“ „Ich habe davon gehört. ... Wer es ſo haben kann! ... Ich habe Sie immer für einen Heimlichthuer gehalten.“ Der Meiſter lachte und erwiderte: „Dann kommt man aber auch zu etwas. Adieu, adieu. ..“ Eines Tages hatte Timpe wirklich wieder etwas Arbeit

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/249>, abgerufen am 28.04.2024.