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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs.
Japan 1), Persien 2), sowie die Türkei mit den ihrer Ober-
hoheit unterworfenen Ländern 3), unter denen auch Tunis inbe-
griffen ist. Die Veränderungen in dem Territorialbestande der
Türkei, welche durch den Berliner Vertrag vom 13. Juli 1878
(R.G.Bl. S. 307) festgesetzt worden sind, haben zunächst eine Ver-
änderung der bestehenden Konsular-Gerichtsbarkeit nicht hervorge-
rufen; die Fortdauer derselben im bisherigen Umfange ist viel-
mehr ausdrücklich anerkannt worden für Bulgarien 4), Ser-
bien
5), Rumänien 6), sowie für die türkische Provinz Ost-
Rumelien
7). Auch in Bosnien und der Herzegowina,
welche Länder unter Oesterreichische Verwaltung genommen worden
sind, ist die Konsulargerichtsbarkeit durch den Berliner Vertrag nicht
in Fortfall gekommen; das Reichsgesetz vom 7. Juni 1880 (R.G.Bl.
S. 146) hat jedoch die Ermächtigung ertheilt, daß die dem Konsul
des Deutschen Reiches in Serajewo für Bosnien und die Herzego-
wina zustehende Gerichtsbarkeit mit Zustimmung des Bundesrathes
durch Kaiserl. Verordnung eingeschränkt oder außer Uebung gesetzt
werden kann. Auf Grund dieser Ermächtigung ist durch Verordn.
vom 23. Dezember 1880 (R.G.Bl. S. 191) die Konsulargerichts-
barkeit in Bosnien und der Herzegowina vom 1. Januar 1881
ab mit der Maßgabe außer Uebung gesetzt worden, daß die deutschen
Reichsangehörigen und Schutzgenossen in diesen Ländern der Oester-
reichischen Gerichtsbarkeit unterworfen sind.

In Egypten ist die Gerichtsbarkeit der Deutschen Konsuln
durch die auf Grund des Gesetzes vom 30. März 1874 (R.G.Bl.
S. 23) erlassene Kaiserl. Verordn. v. 23. Dezemb. 1875 (R.G.Bl.
S. 381) eingeschränkt worden 8). Die in dem Gesetz v. 1874 ent-

1) (Zollvereins) Staatsvertr. v. 20. Febr. 1869 (B.G.Bl. 1870 S. 1.)
Art. 5 u. 6.
2) Staatsvertr. v. 11. Juni 1873 (R.G.Bl. 1873 S. 351) Art. 13.
3) Auf Grund des Herkommens, das zum Theil einen Stützpunkt in dem
alten preußisch-türkischen Vertrage v. 1761 hat.
4) Berliner Vertrag Art. 8 Abs. 4.
5) ebendas. Art. 37 Abs. 3.
6) ebendas. Art. 49.
7) ebendas. Art. 20.
8) Zur Zuständigkeit der Deutschen Konsuln gehören nur noch bürgerliche
Klagen um Mobilien und Geldschulden, bei welchen beide Parteien deutsche
Reichsangehörige oder Schutzgenossen sind, ferner Statusfragen, und Strafsachen
mit Ausschluß der im §. 3 der cit. Verordnung aufgeführten Fälle.

§. 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs.
Japan 1), Perſien 2), ſowie die Türkei mit den ihrer Ober-
hoheit unterworfenen Ländern 3), unter denen auch Tunis inbe-
griffen iſt. Die Veränderungen in dem Territorialbeſtande der
Türkei, welche durch den Berliner Vertrag vom 13. Juli 1878
(R.G.Bl. S. 307) feſtgeſetzt worden ſind, haben zunächſt eine Ver-
änderung der beſtehenden Konſular-Gerichtsbarkeit nicht hervorge-
rufen; die Fortdauer derſelben im bisherigen Umfange iſt viel-
mehr ausdrücklich anerkannt worden für Bulgarien 4), Ser-
bien
5), Rumänien 6), ſowie für die türkiſche Provinz Oſt-
Rumelien
7). Auch in Bosnien und der Herzegowina,
welche Länder unter Oeſterreichiſche Verwaltung genommen worden
ſind, iſt die Konſulargerichtsbarkeit durch den Berliner Vertrag nicht
in Fortfall gekommen; das Reichsgeſetz vom 7. Juni 1880 (R.G.Bl.
S. 146) hat jedoch die Ermächtigung ertheilt, daß die dem Konſul
des Deutſchen Reiches in Serajewo für Bosnien und die Herzego-
wina zuſtehende Gerichtsbarkeit mit Zuſtimmung des Bundesrathes
durch Kaiſerl. Verordnung eingeſchränkt oder außer Uebung geſetzt
werden kann. Auf Grund dieſer Ermächtigung iſt durch Verordn.
vom 23. Dezember 1880 (R.G.Bl. S. 191) die Konſulargerichts-
barkeit in Bosnien und der Herzegowina vom 1. Januar 1881
ab mit der Maßgabe außer Uebung geſetzt worden, daß die deutſchen
Reichsangehörigen und Schutzgenoſſen in dieſen Ländern der Oeſter-
reichiſchen Gerichtsbarkeit unterworfen ſind.

In Egypten iſt die Gerichtsbarkeit der Deutſchen Konſuln
durch die auf Grund des Geſetzes vom 30. März 1874 (R.G.Bl.
S. 23) erlaſſene Kaiſerl. Verordn. v. 23. Dezemb. 1875 (R.G.Bl.
S. 381) eingeſchränkt worden 8). Die in dem Geſetz v. 1874 ent-

1) (Zollvereins) Staatsvertr. v. 20. Febr. 1869 (B.G.Bl. 1870 S. 1.)
Art. 5 u. 6.
2) Staatsvertr. v. 11. Juni 1873 (R.G.Bl. 1873 S. 351) Art. 13.
3) Auf Grund des Herkommens, das zum Theil einen Stützpunkt in dem
alten preußiſch-türkiſchen Vertrage v. 1761 hat.
4) Berliner Vertrag Art. 8 Abſ. 4.
5) ebendaſ. Art. 37 Abſ. 3.
6) ebendaſ. Art. 49.
7) ebendaſ. Art. 20.
8) Zur Zuſtändigkeit der Deutſchen Konſuln gehören nur noch bürgerliche
Klagen um Mobilien und Geldſchulden, bei welchen beide Parteien deutſche
Reichsangehörige oder Schutzgenoſſen ſind, ferner Statusfragen, und Strafſachen
mit Ausſchluß der im §. 3 der cit. Verordnung aufgeführten Fälle.
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[64/0074] §. 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs. Japan 1), Perſien 2), ſowie die Türkei mit den ihrer Ober- hoheit unterworfenen Ländern 3), unter denen auch Tunis inbe- griffen iſt. Die Veränderungen in dem Territorialbeſtande der Türkei, welche durch den Berliner Vertrag vom 13. Juli 1878 (R.G.Bl. S. 307) feſtgeſetzt worden ſind, haben zunächſt eine Ver- änderung der beſtehenden Konſular-Gerichtsbarkeit nicht hervorge- rufen; die Fortdauer derſelben im bisherigen Umfange iſt viel- mehr ausdrücklich anerkannt worden für Bulgarien 4), Ser- bien 5), Rumänien 6), ſowie für die türkiſche Provinz Oſt- Rumelien 7). Auch in Bosnien und der Herzegowina, welche Länder unter Oeſterreichiſche Verwaltung genommen worden ſind, iſt die Konſulargerichtsbarkeit durch den Berliner Vertrag nicht in Fortfall gekommen; das Reichsgeſetz vom 7. Juni 1880 (R.G.Bl. S. 146) hat jedoch die Ermächtigung ertheilt, daß die dem Konſul des Deutſchen Reiches in Serajewo für Bosnien und die Herzego- wina zuſtehende Gerichtsbarkeit mit Zuſtimmung des Bundesrathes durch Kaiſerl. Verordnung eingeſchränkt oder außer Uebung geſetzt werden kann. Auf Grund dieſer Ermächtigung iſt durch Verordn. vom 23. Dezember 1880 (R.G.Bl. S. 191) die Konſulargerichts- barkeit in Bosnien und der Herzegowina vom 1. Januar 1881 ab mit der Maßgabe außer Uebung geſetzt worden, daß die deutſchen Reichsangehörigen und Schutzgenoſſen in dieſen Ländern der Oeſter- reichiſchen Gerichtsbarkeit unterworfen ſind. In Egypten iſt die Gerichtsbarkeit der Deutſchen Konſuln durch die auf Grund des Geſetzes vom 30. März 1874 (R.G.Bl. S. 23) erlaſſene Kaiſerl. Verordn. v. 23. Dezemb. 1875 (R.G.Bl. S. 381) eingeſchränkt worden 8). Die in dem Geſetz v. 1874 ent- 1) (Zollvereins) Staatsvertr. v. 20. Febr. 1869 (B.G.Bl. 1870 S. 1.) Art. 5 u. 6. 2) Staatsvertr. v. 11. Juni 1873 (R.G.Bl. 1873 S. 351) Art. 13. 3) Auf Grund des Herkommens, das zum Theil einen Stützpunkt in dem alten preußiſch-türkiſchen Vertrage v. 1761 hat. 4) Berliner Vertrag Art. 8 Abſ. 4. 5) ebendaſ. Art. 37 Abſ. 3. 6) ebendaſ. Art. 49. 7) ebendaſ. Art. 20. 8) Zur Zuſtändigkeit der Deutſchen Konſuln gehören nur noch bürgerliche Klagen um Mobilien und Geldſchulden, bei welchen beide Parteien deutſche Reichsangehörige oder Schutzgenoſſen ſind, ferner Statusfragen, und Strafſachen mit Ausſchluß der im §. 3 der cit. Verordnung aufgeführten Fälle.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/74>, abgerufen am 26.04.2024.