war, erhielt ich einen wahren Freund, der mir tau- send Gefälligkeiten erwiesen, und mich zu einer et- was solidern und konsequentern Lebensart angehalten hat. Seine Frau, welche eine sehr einsichtsvolle Dame ist, erzeigte mir alle Freundschaft. Ich war gewöhnlich in diesem Hause zu Gaste; und hätte ich das Glück gehabt, den Umgang dieser edlen Men- schen noch lange zu genießen, ich glaube, daß ich mich bekehrt hätte, und ein gesetzter ordentlicher Mann geworden wäre. Allein das leidige Schicksal wollte, daß ich im Taumel meines Leichtsinns noch schreckliche Begebenheiten erleben sollte: und so habe ich jetzt leider nichts, als schmerzhafte Erinnerungen an etwas Gutes, das mir vielleicht zu theil gewor- den wäre, wenn nicht ein verkehrter Studentensinn mich verleitet hätte, da mein künftiges Unglück vor- zubereiten, wo meine lieben Eltern mich hinschickten, um mein künftiges Glück für sie und mich zu grün- den. -- Doch geschehene Dinge lassen sich nicht än- dern, sagt man im Sprichwort, und dabei will und muß ich mich beruhigen. Du aber, Jüngling auf dem Irrwege --
Principiis obsta: sero medicina paratur!
Und so wäre ich mit meiner Geschichte, in so fern diese Gießen betrift, fertig. Sie ist mir unter der Hand weitläuftiger geworden, als ich selbst willens
war, erhielt ich einen wahren Freund, der mir tau- ſend Gefaͤlligkeiten erwieſen, und mich zu einer et- was ſolidern und konſequentern Lebensart angehalten hat. Seine Frau, welche eine ſehr einſichtsvolle Dame iſt, erzeigte mir alle Freundſchaft. Ich war gewoͤhnlich in dieſem Hauſe zu Gaſte; und haͤtte ich das Gluͤck gehabt, den Umgang dieſer edlen Men- ſchen noch lange zu genießen, ich glaube, daß ich mich bekehrt haͤtte, und ein geſetzter ordentlicher Mann geworden waͤre. Allein das leidige Schickſal wollte, daß ich im Taumel meines Leichtſinns noch ſchreckliche Begebenheiten erleben ſollte: und ſo habe ich jetzt leider nichts, als ſchmerzhafte Erinnerungen an etwas Gutes, das mir vielleicht zu theil gewor- den waͤre, wenn nicht ein verkehrter Studentenſinn mich verleitet haͤtte, da mein kuͤnftiges Ungluͤck vor- zubereiten, wo meine lieben Eltern mich hinſchickten, um mein kuͤnftiges Gluͤck fuͤr ſie und mich zu gruͤn- den. — Doch geſchehene Dinge laſſen ſich nicht aͤn- dern, ſagt man im Sprichwort, und dabei will und muß ich mich beruhigen. Du aber, Juͤngling auf dem Irrwege —
Principiis obſta: ſero medicina paratur!
Und ſo waͤre ich mit meiner Geſchichte, in ſo fern dieſe Gießen betrift, fertig. Sie iſt mir unter der Hand weitlaͤuftiger geworden, als ich ſelbſt willens
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war, erhielt ich einen wahren Freund, der mir tau-
ſend Gefaͤlligkeiten erwieſen, und mich zu einer et-
was ſolidern und konſequentern Lebensart angehalten
hat. Seine Frau, welche eine ſehr einſichtsvolle
Dame iſt, erzeigte mir alle Freundſchaft. Ich war
gewoͤhnlich in dieſem Hauſe zu Gaſte; und haͤtte ich
das Gluͤck gehabt, den Umgang dieſer edlen Men-
ſchen noch lange zu genießen, ich glaube, daß ich
mich bekehrt haͤtte, und ein geſetzter ordentlicher
Mann geworden waͤre. Allein das leidige Schickſal
wollte, daß ich im Taumel meines Leichtſinns noch
ſchreckliche Begebenheiten erleben ſollte: und ſo habe
ich jetzt leider nichts, als ſchmerzhafte Erinnerungen
an etwas Gutes, das mir vielleicht zu theil gewor-
den waͤre, wenn nicht ein verkehrter Studentenſinn
mich verleitet haͤtte, da mein kuͤnftiges Ungluͤck vor-
zubereiten, wo meine lieben Eltern mich hinſchickten,
um mein kuͤnftiges Gluͤck fuͤr ſie und mich zu gruͤn-
den. — Doch geſchehene Dinge laſſen ſich nicht aͤn-
dern, ſagt man im Sprichwort, und dabei will und
muß ich mich beruhigen. Du aber, Juͤngling auf
dem Irrwege —
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Und ſo waͤre ich mit meiner Geſchichte, in ſo fern
dieſe Gießen betrift, fertig. Sie iſt mir unter der
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/248>, abgerufen am 26.04.2024.
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