Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

war, erhielt ich einen wahren Freund, der mir tau-
send Gefälligkeiten erwiesen, und mich zu einer et-
was solidern und konsequentern Lebensart angehalten
hat. Seine Frau, welche eine sehr einsichtsvolle
Dame ist, erzeigte mir alle Freundschaft. Ich war
gewöhnlich in diesem Hause zu Gaste; und hätte ich
das Glück gehabt, den Umgang dieser edlen Men-
schen noch lange zu genießen, ich glaube, daß ich
mich bekehrt hätte, und ein gesetzter ordentlicher
Mann geworden wäre. Allein das leidige Schicksal
wollte, daß ich im Taumel meines Leichtsinns noch
schreckliche Begebenheiten erleben sollte: und so habe
ich jetzt leider nichts, als schmerzhafte Erinnerungen
an etwas Gutes, das mir vielleicht zu theil gewor-
den wäre, wenn nicht ein verkehrter Studentensinn
mich verleitet hätte, da mein künftiges Unglück vor-
zubereiten, wo meine lieben Eltern mich hinschickten,
um mein künftiges Glück für sie und mich zu grün-
den. -- Doch geschehene Dinge lassen sich nicht än-
dern, sagt man im Sprichwort, und dabei will und
muß ich mich beruhigen. Du aber, Jüngling auf
dem Irrwege --

Principiis obsta: sero medicina paratur!

Und so wäre ich mit meiner Geschichte, in so fern
diese Gießen betrift, fertig. Sie ist mir unter der
Hand weitläuftiger geworden, als ich selbst willens

war, erhielt ich einen wahren Freund, der mir tau-
ſend Gefaͤlligkeiten erwieſen, und mich zu einer et-
was ſolidern und konſequentern Lebensart angehalten
hat. Seine Frau, welche eine ſehr einſichtsvolle
Dame iſt, erzeigte mir alle Freundſchaft. Ich war
gewoͤhnlich in dieſem Hauſe zu Gaſte; und haͤtte ich
das Gluͤck gehabt, den Umgang dieſer edlen Men-
ſchen noch lange zu genießen, ich glaube, daß ich
mich bekehrt haͤtte, und ein geſetzter ordentlicher
Mann geworden waͤre. Allein das leidige Schickſal
wollte, daß ich im Taumel meines Leichtſinns noch
ſchreckliche Begebenheiten erleben ſollte: und ſo habe
ich jetzt leider nichts, als ſchmerzhafte Erinnerungen
an etwas Gutes, das mir vielleicht zu theil gewor-
den waͤre, wenn nicht ein verkehrter Studentenſinn
mich verleitet haͤtte, da mein kuͤnftiges Ungluͤck vor-
zubereiten, wo meine lieben Eltern mich hinſchickten,
um mein kuͤnftiges Gluͤck fuͤr ſie und mich zu gruͤn-
den. — Doch geſchehene Dinge laſſen ſich nicht aͤn-
dern, ſagt man im Sprichwort, und dabei will und
muß ich mich beruhigen. Du aber, Juͤngling auf
dem Irrwege —

Principiis obſta: ſero medicina paratur!

Und ſo waͤre ich mit meiner Geſchichte, in ſo fern
dieſe Gießen betrift, fertig. Sie iſt mir unter der
Hand weitlaͤuftiger geworden, als ich ſelbſt willens

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0248" n="234"/>
war, erhielt ich einen wahren Freund, der mir tau-<lb/>
&#x017F;end Gefa&#x0364;lligkeiten erwie&#x017F;en, und mich zu einer et-<lb/>
was &#x017F;olidern und kon&#x017F;equentern Lebensart angehalten<lb/>
hat. Seine Frau, welche eine &#x017F;ehr ein&#x017F;ichtsvolle<lb/>
Dame i&#x017F;t, erzeigte mir alle Freund&#x017F;chaft. Ich war<lb/>
gewo&#x0364;hnlich in die&#x017F;em Hau&#x017F;e zu Ga&#x017F;te; und ha&#x0364;tte ich<lb/>
das Glu&#x0364;ck gehabt, den Umgang die&#x017F;er edlen Men-<lb/>
&#x017F;chen noch lange zu genießen, ich glaube, daß ich<lb/>
mich bekehrt ha&#x0364;tte, und ein ge&#x017F;etzter ordentlicher<lb/>
Mann geworden wa&#x0364;re. Allein das leidige Schick&#x017F;al<lb/>
wollte, daß ich im Taumel meines Leicht&#x017F;inns noch<lb/>
&#x017F;chreckliche Begebenheiten erleben &#x017F;ollte: und &#x017F;o habe<lb/>
ich jetzt leider nichts, als &#x017F;chmerzhafte Erinnerungen<lb/>
an etwas Gutes, das mir vielleicht zu theil gewor-<lb/>
den wa&#x0364;re, wenn nicht ein verkehrter Studenten&#x017F;inn<lb/>
mich verleitet ha&#x0364;tte, da mein ku&#x0364;nftiges Unglu&#x0364;ck vor-<lb/>
zubereiten, wo meine lieben Eltern mich hin&#x017F;chickten,<lb/>
um mein ku&#x0364;nftiges Glu&#x0364;ck fu&#x0364;r &#x017F;ie und mich zu gru&#x0364;n-<lb/>
den. &#x2014; Doch ge&#x017F;chehene Dinge la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nicht a&#x0364;n-<lb/>
dern, &#x017F;agt man im Sprichwort, und dabei will und<lb/>
muß ich mich beruhigen. Du aber, Ju&#x0364;ngling auf<lb/>
dem Irrwege &#x2014;</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#aq">Principiis ob&#x017F;ta: &#x017F;ero medicina paratur!</hi> </p><lb/>
        <p>Und &#x017F;o wa&#x0364;re ich mit meiner Ge&#x017F;chichte, in &#x017F;o fern<lb/>
die&#x017F;e Gießen betrift, fertig. Sie i&#x017F;t mir unter der<lb/>
Hand weitla&#x0364;uftiger geworden, als ich &#x017F;elb&#x017F;t willens<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0248] war, erhielt ich einen wahren Freund, der mir tau- ſend Gefaͤlligkeiten erwieſen, und mich zu einer et- was ſolidern und konſequentern Lebensart angehalten hat. Seine Frau, welche eine ſehr einſichtsvolle Dame iſt, erzeigte mir alle Freundſchaft. Ich war gewoͤhnlich in dieſem Hauſe zu Gaſte; und haͤtte ich das Gluͤck gehabt, den Umgang dieſer edlen Men- ſchen noch lange zu genießen, ich glaube, daß ich mich bekehrt haͤtte, und ein geſetzter ordentlicher Mann geworden waͤre. Allein das leidige Schickſal wollte, daß ich im Taumel meines Leichtſinns noch ſchreckliche Begebenheiten erleben ſollte: und ſo habe ich jetzt leider nichts, als ſchmerzhafte Erinnerungen an etwas Gutes, das mir vielleicht zu theil gewor- den waͤre, wenn nicht ein verkehrter Studentenſinn mich verleitet haͤtte, da mein kuͤnftiges Ungluͤck vor- zubereiten, wo meine lieben Eltern mich hinſchickten, um mein kuͤnftiges Gluͤck fuͤr ſie und mich zu gruͤn- den. — Doch geſchehene Dinge laſſen ſich nicht aͤn- dern, ſagt man im Sprichwort, und dabei will und muß ich mich beruhigen. Du aber, Juͤngling auf dem Irrwege — Principiis obſta: ſero medicina paratur! Und ſo waͤre ich mit meiner Geſchichte, in ſo fern dieſe Gießen betrift, fertig. Sie iſt mir unter der Hand weitlaͤuftiger geworden, als ich ſelbſt willens

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/248
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/248>, abgerufen am 26.04.2024.