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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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Ich foderte mir zugleich einen Paß nach Dijon,
welcher mir auch ohne Anstand gegeben wurde.
Auch der gute Conscience kam los, aber der
Kapitän mußte sitzen bleiben, weil sein Proceß
noch verwickelt war.

Macon war mir ein verhaßter Ort. Es ist
überhaupt eine traurige Stadt, welche aber doch
jezt -- da man eben, als ich daselbst war, die
dummen Festungswerker zusammenriß und abtrug
-- etwas schöner, wenigstens heller seyn wird.
Diese Stadt war nämlich noch nach der alten Art,
beynahe wie Gießen, mit einem Wall befestiget.
Das mogte wohl vor Alters ganz gut seyn, und
unter dem Herzog Johann, ohne Furcht Macon
unüberwindlich machen. Aber heut zu Tage sind
Festungen von der Art mehr schädlich als nützlich:
denn gegen einen angreifenden Feind sind sie wie
nichts, und zur Friedenszeit machen sie die Stadt
trübe und ungesund.

Dieses denn war die lezte Anfechtung, welche
ich in Frankreich wegen der fatalen Landauer
Affäre zu leiden hatte. Ich habe sie glücklich
überstanden, aber ich bin doch nicht vermögend,
mit Behagen daran zu denken, wie man sonst ge-
wöhnt ist, sich an überstandne Gefahren zu er-
innern. Auch haben die Begebenheiten dieser Art
die üble Stimmung meiner Seele, woran ich oh-

Ich foderte mir zugleich einen Paß nach Dijon,
welcher mir auch ohne Anſtand gegeben wurde.
Auch der gute Conſcience kam los, aber der
Kapitaͤn mußte ſitzen bleiben, weil ſein Proceß
noch verwickelt war.

Mâcon war mir ein verhaßter Ort. Es iſt
uͤberhaupt eine traurige Stadt, welche aber doch
jezt — da man eben, als ich daſelbſt war, die
dummen Feſtungswerker zuſammenriß und abtrug
— etwas ſchoͤner, wenigſtens heller ſeyn wird.
Dieſe Stadt war naͤmlich noch nach der alten Art,
beynahe wie Gießen, mit einem Wall befeſtiget.
Das mogte wohl vor Alters ganz gut ſeyn, und
unter dem Herzog Johann, ohne Furcht Mâcon
unuͤberwindlich machen. Aber heut zu Tage ſind
Feſtungen von der Art mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich:
denn gegen einen angreifenden Feind ſind ſie wie
nichts, und zur Friedenszeit machen ſie die Stadt
truͤbe und ungeſund.

Dieſes denn war die lezte Anfechtung, welche
ich in Frankreich wegen der fatalen Landauer
Affaͤre zu leiden hatte. Ich habe ſie gluͤcklich
uͤberſtanden, aber ich bin doch nicht vermoͤgend,
mit Behagen daran zu denken, wie man ſonſt ge-
woͤhnt iſt, ſich an uͤberſtandne Gefahren zu er-
innern. Auch haben die Begebenheiten dieſer Art
die uͤble Stimmung meiner Seele, woran ich oh-

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[23/0027] Ich foderte mir zugleich einen Paß nach Dijon, welcher mir auch ohne Anſtand gegeben wurde. Auch der gute Conſcience kam los, aber der Kapitaͤn mußte ſitzen bleiben, weil ſein Proceß noch verwickelt war. Mâcon war mir ein verhaßter Ort. Es iſt uͤberhaupt eine traurige Stadt, welche aber doch jezt — da man eben, als ich daſelbſt war, die dummen Feſtungswerker zuſammenriß und abtrug — etwas ſchoͤner, wenigſtens heller ſeyn wird. Dieſe Stadt war naͤmlich noch nach der alten Art, beynahe wie Gießen, mit einem Wall befeſtiget. Das mogte wohl vor Alters ganz gut ſeyn, und unter dem Herzog Johann, ohne Furcht Mâcon unuͤberwindlich machen. Aber heut zu Tage ſind Feſtungen von der Art mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich: denn gegen einen angreifenden Feind ſind ſie wie nichts, und zur Friedenszeit machen ſie die Stadt truͤbe und ungeſund. Dieſes denn war die lezte Anfechtung, welche ich in Frankreich wegen der fatalen Landauer Affaͤre zu leiden hatte. Ich habe ſie gluͤcklich uͤberſtanden, aber ich bin doch nicht vermoͤgend, mit Behagen daran zu denken, wie man ſonſt ge- woͤhnt iſt, ſich an uͤberſtandne Gefahren zu er- innern. Auch haben die Begebenheiten dieſer Art die uͤble Stimmung meiner Seele, woran ich oh-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/27>, abgerufen am 28.04.2024.