Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
diese Härtung aushalten. Beachtenswerth ist, dass ein Rundstab weniger
leicht als ein quadratischer Risse bekommt, gerade deshalb aber sich
auch weniger gut für eine scharfe Probe eignet.

Sobald der Stahl im Wasser vollständig erkaltet ist, wird er her-
ausgenommen und abgetrocknet. Je weniger vollständig der Stahl
hierbei seinen Glühspan abgeworfen hat (man nennt dieses Abwerfen
Abschütten), desto weniger hart pflegt er zu sein. Alsdann unter-
sucht man ihn mit einer Feile. Nur die weichsten Stahlsorten (mit
einem Kohlenstoffgehalte bis zu 0.6 Proc.) werden von derselben etwas
angegriffen, auf allem härteren Stahle gleitet die Feile.

Auf der Kante des Amboses schlägt man nun ein Stück ab. Harter
Stahl springt beim ersten Schlage, weicher erträgt mehrere Schläge.
Das Aussehen der Bruchfläche giebt ein weiteres Merkmal für die Be-
schaffenheit.

Bei sehr harten Stahlsorten, welche die beschriebene Härtung bei
quadratischem Querschnitte nicht, ohne zu reissen, ertrugen, kann das
Verfahren wiederholt werden, nachdem der Stab rund geschmiedet
worden war; schützt auch dieses Mittel nicht vor dem Reissen, so wendet
man Härtung in Oel an.

Recht zuverlässige Ergebnisse über die Brauchbarkeit eines Stahles
für Werkzeuge erhält man, wenn man aus demselben einen Meissel
fertigt, ihn härtet, bis zur purpurrothen oder violetten Farbe anlässt
(S. 647) und nun auf Gusseisen, Schmiedeeisen oder weichem Stahl
probirt. Staucht sich hierbei die Schneide (welche unter einem Winkel
von 60--70 Graden angeschliffen zu werden pflegt), so besitzt der Stahl
geringe Härte und Härtungsfähigkeit; springen aus derselben Stückchen
aus, so ist der Stahl spröde und wenigstens für Werkzeuge mit
schärferen Schneiden nicht geeignet. 1)

g) Aetzprobe. Dieselbe bildet ein in vielen Fällen nützliches Mittel
zur Erkennung sowohl des inneren Gefüges der Eisensorten als auch
mitunter von Fehlstellen (unganzen Schweissstellen und dergleichen),
welche ohne Aetzung der Beobachtung leicht entgehen. Sie beruht auf
der Einwirkung starker Säuren auf die zu untersuchende Stelle des
Eisens. Gewöhnlich wird man, sofern nicht besondere Veranlassung
zur Untersuchung einer ganz bestimmten Stelle vorliegt, zur Prüfung
den Querschnitt eines Eisenstabes wählen, wie er durch Abschneiden
auf der Kreissäge oder durch Abbrechen und Befeilen erhalten wird.
Auf einem Schleifsteine glättet man dann noch die zu ätzende Schnitt-
fläche und polirt sie schliesslich, so dass mit unbewaffnetem Auge keine
einzelnen Schleif- oder Feilstriche mehr zu erkennen sind.

Für gewöhnlichere Untersuchungen, bei denen es sich nur darum
handelt, Fehlstellen zu entdecken oder ein allgemeines Bild von der
inneren Beschaffenheit des Eisens zu erhalten, genügt es auch, wenn
die zu ätzende Fläche mit einer Schlichtfeile möglichst glatt gefeilt wird.

1) Da mit der Härte auch die Sprödigkeit zu wachsen pflegt, so wird man für
Werkzeuge einen um so weniger harten Stahl anzuwenden haben, je schärfer ihre
Schneide ist. Für Meissel, Lochstempel und dergleichen pflegt man Stahl mit 0.7 bis
0.8 Proc. Kohlenstoff zu verwenden; für Dreh- und Hobelstähle für Metallbearbeitung
solchen mit 1--1.3 Proc. Kohle.

Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.
diese Härtung aushalten. Beachtenswerth ist, dass ein Rundstab weniger
leicht als ein quadratischer Risse bekommt, gerade deshalb aber sich
auch weniger gut für eine scharfe Probe eignet.

Sobald der Stahl im Wasser vollständig erkaltet ist, wird er her-
ausgenommen und abgetrocknet. Je weniger vollständig der Stahl
hierbei seinen Glühspan abgeworfen hat (man nennt dieses Abwerfen
Abschütten), desto weniger hart pflegt er zu sein. Alsdann unter-
sucht man ihn mit einer Feile. Nur die weichsten Stahlsorten (mit
einem Kohlenstoffgehalte bis zu 0.6 Proc.) werden von derselben etwas
angegriffen, auf allem härteren Stahle gleitet die Feile.

Auf der Kante des Amboses schlägt man nun ein Stück ab. Harter
Stahl springt beim ersten Schlage, weicher erträgt mehrere Schläge.
Das Aussehen der Bruchfläche giebt ein weiteres Merkmal für die Be-
schaffenheit.

Bei sehr harten Stahlsorten, welche die beschriebene Härtung bei
quadratischem Querschnitte nicht, ohne zu reissen, ertrugen, kann das
Verfahren wiederholt werden, nachdem der Stab rund geschmiedet
worden war; schützt auch dieses Mittel nicht vor dem Reissen, so wendet
man Härtung in Oel an.

Recht zuverlässige Ergebnisse über die Brauchbarkeit eines Stahles
für Werkzeuge erhält man, wenn man aus demselben einen Meissel
fertigt, ihn härtet, bis zur purpurrothen oder violetten Farbe anlässt
(S. 647) und nun auf Gusseisen, Schmiedeeisen oder weichem Stahl
probirt. Staucht sich hierbei die Schneide (welche unter einem Winkel
von 60—70 Graden angeschliffen zu werden pflegt), so besitzt der Stahl
geringe Härte und Härtungsfähigkeit; springen aus derselben Stückchen
aus, so ist der Stahl spröde und wenigstens für Werkzeuge mit
schärferen Schneiden nicht geeignet. 1)

g) Aetzprobe. Dieselbe bildet ein in vielen Fällen nützliches Mittel
zur Erkennung sowohl des inneren Gefüges der Eisensorten als auch
mitunter von Fehlstellen (unganzen Schweissstellen und dergleichen),
welche ohne Aetzung der Beobachtung leicht entgehen. Sie beruht auf
der Einwirkung starker Säuren auf die zu untersuchende Stelle des
Eisens. Gewöhnlich wird man, sofern nicht besondere Veranlassung
zur Untersuchung einer ganz bestimmten Stelle vorliegt, zur Prüfung
den Querschnitt eines Eisenstabes wählen, wie er durch Abschneiden
auf der Kreissäge oder durch Abbrechen und Befeilen erhalten wird.
Auf einem Schleifsteine glättet man dann noch die zu ätzende Schnitt-
fläche und polirt sie schliesslich, so dass mit unbewaffnetem Auge keine
einzelnen Schleif- oder Feilstriche mehr zu erkennen sind.

Für gewöhnlichere Untersuchungen, bei denen es sich nur darum
handelt, Fehlstellen zu entdecken oder ein allgemeines Bild von der
inneren Beschaffenheit des Eisens zu erhalten, genügt es auch, wenn
die zu ätzende Fläche mit einer Schlichtfeile möglichst glatt gefeilt wird.

1) Da mit der Härte auch die Sprödigkeit zu wachsen pflegt, so wird man für
Werkzeuge einen um so weniger harten Stahl anzuwenden haben, je schärfer ihre
Schneide ist. Für Meissel, Lochstempel und dergleichen pflegt man Stahl mit 0.7 bis
0.8 Proc. Kohlenstoff zu verwenden; für Dreh- und Hobelstähle für Metallbearbeitung
solchen mit 1—1.3 Proc. Kohle.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0738" n="670"/><fw place="top" type="header">Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens.</fw><lb/>
diese Härtung aushalten. Beachtenswerth ist, dass ein Rundstab weniger<lb/>
leicht als ein quadratischer Risse bekommt, gerade deshalb aber sich<lb/>
auch weniger gut für eine scharfe Probe eignet.</p><lb/>
            <p>Sobald der Stahl im Wasser vollständig erkaltet ist, wird er her-<lb/>
ausgenommen und abgetrocknet. Je weniger vollständig der Stahl<lb/>
hierbei seinen Glühspan abgeworfen hat (man nennt dieses Abwerfen<lb/><hi rendition="#g">Abschütten</hi>), desto weniger hart pflegt er zu sein. Alsdann unter-<lb/>
sucht man ihn mit einer Feile. Nur die weichsten Stahlsorten (mit<lb/>
einem Kohlenstoffgehalte bis zu 0.<hi rendition="#sub">6</hi> Proc.) werden von derselben etwas<lb/>
angegriffen, auf allem härteren Stahle gleitet die Feile.</p><lb/>
            <p>Auf der Kante des Amboses schlägt man nun ein Stück ab. Harter<lb/>
Stahl springt beim ersten Schlage, weicher erträgt mehrere Schläge.<lb/>
Das Aussehen der Bruchfläche giebt ein weiteres Merkmal für die Be-<lb/>
schaffenheit.</p><lb/>
            <p>Bei sehr harten Stahlsorten, welche die beschriebene Härtung bei<lb/>
quadratischem Querschnitte nicht, ohne zu reissen, ertrugen, kann das<lb/>
Verfahren wiederholt werden, nachdem der Stab rund geschmiedet<lb/>
worden war; schützt auch dieses Mittel nicht vor dem Reissen, so wendet<lb/>
man Härtung in Oel an.</p><lb/>
            <p>Recht zuverlässige Ergebnisse über die Brauchbarkeit eines Stahles<lb/>
für Werkzeuge erhält man, wenn man aus demselben einen Meissel<lb/>
fertigt, ihn härtet, bis zur purpurrothen oder violetten Farbe anlässt<lb/>
(S. 647) und nun auf Gusseisen, Schmiedeeisen oder weichem Stahl<lb/>
probirt. Staucht sich hierbei die Schneide (welche unter einem Winkel<lb/>
von 60&#x2014;70 Graden angeschliffen zu werden pflegt), so besitzt der Stahl<lb/>
geringe Härte und Härtungsfähigkeit; springen aus derselben Stückchen<lb/>
aus, so ist der Stahl spröde und wenigstens für Werkzeuge mit<lb/>
schärferen Schneiden nicht geeignet. <note place="foot" n="1)">Da mit der Härte auch die Sprödigkeit zu wachsen pflegt, so wird man für<lb/>
Werkzeuge einen um so weniger harten Stahl anzuwenden haben, je schärfer ihre<lb/>
Schneide ist. Für Meissel, Lochstempel und dergleichen pflegt man Stahl mit 0.7 bis<lb/>
0.8 Proc. Kohlenstoff zu verwenden; für Dreh- und Hobelstähle für Metallbearbeitung<lb/>
solchen mit 1&#x2014;1.3 Proc. Kohle.</note></p><lb/>
            <p><hi rendition="#b">g) Aetzprobe.</hi> Dieselbe bildet ein in vielen Fällen nützliches Mittel<lb/>
zur Erkennung sowohl des inneren Gefüges der Eisensorten als auch<lb/>
mitunter von Fehlstellen (unganzen Schweissstellen und dergleichen),<lb/>
welche ohne Aetzung der Beobachtung leicht entgehen. Sie beruht auf<lb/>
der Einwirkung starker Säuren auf die zu untersuchende Stelle des<lb/>
Eisens. Gewöhnlich wird man, sofern nicht besondere Veranlassung<lb/>
zur Untersuchung einer ganz bestimmten Stelle vorliegt, zur Prüfung<lb/>
den Querschnitt eines Eisenstabes wählen, wie er durch Abschneiden<lb/>
auf der Kreissäge oder durch Abbrechen und Befeilen erhalten wird.<lb/>
Auf einem Schleifsteine glättet man dann noch die zu ätzende Schnitt-<lb/>
fläche und polirt sie schliesslich, so dass mit unbewaffnetem Auge keine<lb/>
einzelnen Schleif- oder Feilstriche mehr zu erkennen sind.</p><lb/>
            <p>Für gewöhnlichere Untersuchungen, bei denen es sich nur darum<lb/>
handelt, Fehlstellen zu entdecken oder ein allgemeines Bild von der<lb/>
inneren Beschaffenheit des Eisens zu erhalten, genügt es auch, wenn<lb/>
die zu ätzende Fläche mit einer Schlichtfeile möglichst glatt gefeilt wird.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[670/0738] Eintheilung, Eigenschaften und Prüfung des schmiedbaren Eisens. diese Härtung aushalten. Beachtenswerth ist, dass ein Rundstab weniger leicht als ein quadratischer Risse bekommt, gerade deshalb aber sich auch weniger gut für eine scharfe Probe eignet. Sobald der Stahl im Wasser vollständig erkaltet ist, wird er her- ausgenommen und abgetrocknet. Je weniger vollständig der Stahl hierbei seinen Glühspan abgeworfen hat (man nennt dieses Abwerfen Abschütten), desto weniger hart pflegt er zu sein. Alsdann unter- sucht man ihn mit einer Feile. Nur die weichsten Stahlsorten (mit einem Kohlenstoffgehalte bis zu 0.6 Proc.) werden von derselben etwas angegriffen, auf allem härteren Stahle gleitet die Feile. Auf der Kante des Amboses schlägt man nun ein Stück ab. Harter Stahl springt beim ersten Schlage, weicher erträgt mehrere Schläge. Das Aussehen der Bruchfläche giebt ein weiteres Merkmal für die Be- schaffenheit. Bei sehr harten Stahlsorten, welche die beschriebene Härtung bei quadratischem Querschnitte nicht, ohne zu reissen, ertrugen, kann das Verfahren wiederholt werden, nachdem der Stab rund geschmiedet worden war; schützt auch dieses Mittel nicht vor dem Reissen, so wendet man Härtung in Oel an. Recht zuverlässige Ergebnisse über die Brauchbarkeit eines Stahles für Werkzeuge erhält man, wenn man aus demselben einen Meissel fertigt, ihn härtet, bis zur purpurrothen oder violetten Farbe anlässt (S. 647) und nun auf Gusseisen, Schmiedeeisen oder weichem Stahl probirt. Staucht sich hierbei die Schneide (welche unter einem Winkel von 60—70 Graden angeschliffen zu werden pflegt), so besitzt der Stahl geringe Härte und Härtungsfähigkeit; springen aus derselben Stückchen aus, so ist der Stahl spröde und wenigstens für Werkzeuge mit schärferen Schneiden nicht geeignet. 1) g) Aetzprobe. Dieselbe bildet ein in vielen Fällen nützliches Mittel zur Erkennung sowohl des inneren Gefüges der Eisensorten als auch mitunter von Fehlstellen (unganzen Schweissstellen und dergleichen), welche ohne Aetzung der Beobachtung leicht entgehen. Sie beruht auf der Einwirkung starker Säuren auf die zu untersuchende Stelle des Eisens. Gewöhnlich wird man, sofern nicht besondere Veranlassung zur Untersuchung einer ganz bestimmten Stelle vorliegt, zur Prüfung den Querschnitt eines Eisenstabes wählen, wie er durch Abschneiden auf der Kreissäge oder durch Abbrechen und Befeilen erhalten wird. Auf einem Schleifsteine glättet man dann noch die zu ätzende Schnitt- fläche und polirt sie schliesslich, so dass mit unbewaffnetem Auge keine einzelnen Schleif- oder Feilstriche mehr zu erkennen sind. Für gewöhnlichere Untersuchungen, bei denen es sich nur darum handelt, Fehlstellen zu entdecken oder ein allgemeines Bild von der inneren Beschaffenheit des Eisens zu erhalten, genügt es auch, wenn die zu ätzende Fläche mit einer Schlichtfeile möglichst glatt gefeilt wird. 1) Da mit der Härte auch die Sprödigkeit zu wachsen pflegt, so wird man für Werkzeuge einen um so weniger harten Stahl anzuwenden haben, je schärfer ihre Schneide ist. Für Meissel, Lochstempel und dergleichen pflegt man Stahl mit 0.7 bis 0.8 Proc. Kohlenstoff zu verwenden; für Dreh- und Hobelstähle für Metallbearbeitung solchen mit 1—1.3 Proc. Kohle.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/738
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/738>, abgerufen am 15.05.2024.