Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


meinen Rosenkranz wieder zum besten Hoch-
zeitsgeschmeide? aber auch ich, auch ich will
ein Zeichen deines jezigen Standes. (zieht
ein Messer hervor, faßt eine von Julius Locken,
um sie abzuschneiden, fält aber von neuem auf
den Leichnam)
Deine Mörderin, Deine Mör-
derin! (Pause) Fasse Muth, Blanka! Du hast
den Kelch des Leidens schon ganz ausgeleert,
was Du jezt schmeckst, ist sein Hefen -- Ver-
zweiflung! (schneidet die Locke ab, und wickelt
sie um den Finger)
Das ist der Trauring, den
ich meinen Kummer geben will, mich nicht von
ihm zu scheiden, es sey denn, daß uns der Tod
scheide -- ist das Strafe genug für eine Mör-
derin -- O ich will thun, was ich kan. -- Hier
leg ich Dir das Gelübde eines beständigen Lei-
dens ab, (küsst ihn) hier hast Du alle meine
Freuden, (küsst ihn) hier hast Du mein ganzes
Glück -- Nimm sie, Julius -- Seine Mör-
derin, Seine Mörderin! -- umsonst lass' ich
die Spize des Gedankens auf meine Seele fal-
len, der Tod versteht den Wink nicht.
G


meinen Roſenkranz wieder zum beſten Hoch-
zeitsgeſchmeide? aber auch ich, auch ich will
ein Zeichen deines jezigen Standes. (zieht
ein Meſſer hervor, faßt eine von Julius Locken,
um ſie abzuſchneiden, faͤlt aber von neuem auf
den Leichnam)
Deine Moͤrderin, Deine Moͤr-
derin! (Pauſe) Faſſe Muth, Blanka! Du haſt
den Kelch des Leidens ſchon ganz ausgeleert,
was Du jezt ſchmeckſt, iſt ſein Hefen — Ver-
zweiflung! (ſchneidet die Locke ab, und wickelt
ſie um den Finger)
Das iſt der Trauring, den
ich meinen Kummer geben will, mich nicht von
ihm zu ſcheiden, es ſey denn, daß uns der Tod
ſcheide — iſt das Strafe genug fuͤr eine Moͤr-
derin — O ich will thun, was ich kan. — Hier
leg ich Dir das Geluͤbde eines beſtaͤndigen Lei-
dens ab, (kuͤſſt ihn) hier haſt Du alle meine
Freuden, (kuͤſſt ihn) hier haſt Du mein ganzes
Gluͤck — Nimm ſie, Julius — Seine Moͤr-
derin, Seine Moͤrderin! — umſonſt laſſ’ ich
die Spize des Gedankens auf meine Seele fal-
len, der Tod verſteht den Wink nicht.
G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#BLA">
            <p><pb facs="#f0101" n="97"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
meinen Ro&#x017F;enkranz wieder zum be&#x017F;ten Hoch-<lb/>
zeitsge&#x017F;chmeide? aber auch ich, auch ich will<lb/>
ein Zeichen deines jezigen Standes. <stage>(zieht<lb/>
ein Me&#x017F;&#x017F;er hervor, faßt eine von Julius Locken,<lb/>
um &#x017F;ie abzu&#x017F;chneiden, fa&#x0364;lt aber von neuem auf<lb/>
den Leichnam)</stage> Deine Mo&#x0364;rderin, Deine Mo&#x0364;r-<lb/>
derin! <stage>(Pau&#x017F;e)</stage> Fa&#x017F;&#x017F;e Muth, Blanka! Du ha&#x017F;t<lb/>
den Kelch des Leidens &#x017F;chon ganz ausgeleert,<lb/>
was Du jezt &#x017F;chmeck&#x017F;t, i&#x017F;t &#x017F;ein Hefen &#x2014; Ver-<lb/>
zweiflung! <stage>(&#x017F;chneidet die Locke ab, und wickelt<lb/>
&#x017F;ie um den Finger)</stage> Das i&#x017F;t der Trauring, den<lb/>
ich meinen Kummer geben will, mich nicht von<lb/>
ihm zu &#x017F;cheiden, es &#x017F;ey denn, daß uns der Tod<lb/>
&#x017F;cheide &#x2014; i&#x017F;t das Strafe genug fu&#x0364;r eine Mo&#x0364;r-<lb/>
derin &#x2014; O ich will thun, was ich kan. &#x2014; Hier<lb/>
leg ich Dir das Gelu&#x0364;bde eines be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Lei-<lb/>
dens ab, <stage>(ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;t ihn)</stage> hier ha&#x017F;t Du alle meine<lb/>
Freuden, <stage>(ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;t ihn)</stage> hier ha&#x017F;t Du mein ganzes<lb/>
Glu&#x0364;ck &#x2014; Nimm &#x017F;ie, Julius &#x2014; Seine Mo&#x0364;r-<lb/>
derin, Seine Mo&#x0364;rderin! &#x2014; um&#x017F;on&#x017F;t la&#x017F;&#x017F;&#x2019; ich<lb/>
die Spize des Gedankens auf meine Seele fal-<lb/>
len, der Tod ver&#x017F;teht den Wink nicht.</p>
          </sp>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">G</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0101] meinen Roſenkranz wieder zum beſten Hoch- zeitsgeſchmeide? aber auch ich, auch ich will ein Zeichen deines jezigen Standes. (zieht ein Meſſer hervor, faßt eine von Julius Locken, um ſie abzuſchneiden, faͤlt aber von neuem auf den Leichnam) Deine Moͤrderin, Deine Moͤr- derin! (Pauſe) Faſſe Muth, Blanka! Du haſt den Kelch des Leidens ſchon ganz ausgeleert, was Du jezt ſchmeckſt, iſt ſein Hefen — Ver- zweiflung! (ſchneidet die Locke ab, und wickelt ſie um den Finger) Das iſt der Trauring, den ich meinen Kummer geben will, mich nicht von ihm zu ſcheiden, es ſey denn, daß uns der Tod ſcheide — iſt das Strafe genug fuͤr eine Moͤr- derin — O ich will thun, was ich kan. — Hier leg ich Dir das Geluͤbde eines beſtaͤndigen Lei- dens ab, (kuͤſſt ihn) hier haſt Du alle meine Freuden, (kuͤſſt ihn) hier haſt Du mein ganzes Gluͤck — Nimm ſie, Julius — Seine Moͤr- derin, Seine Moͤrderin! — umſonſt laſſ’ ich die Spize des Gedankens auf meine Seele fal- len, der Tod verſteht den Wink nicht. G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/101
Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/101>, abgerufen am 29.04.2024.