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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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405Alß Oßman in den Grund diß Reich geleget hat/
Alß Orcan Prusien erobert/ Amurath
Die Stadt des Adrian/ und in Europens Hertze
Den ersten Spieß gesteckt; ja unsers Glaubens Kertze
Jm Nord gezündet an; alß König Bajazeth
410Die Siegs-Stadt Serviens durch neuen Sieg erhöht/
Den Käyser Sigismund hat schier in Staub getreten;
Alß Mahumeth den Strom der Donau schloß in Ketten/
Biß in Wallachen Drang; Alß Ludwig und sein Land
Und sein verzweiselt Heer; in Amurethens Hand
415Besiegt bey Varna fiel/ und semer Falschheit Nebel
Jn blut'ge Flut zerran; Als die erhitzte Sebel
Des grossen Mahumeths zwey Käyserthümer zwang:
Daß zweyer Käyser Kopff für seine Füsse sprang.
Als er zwölff Reich einnahm/ zwey hundert Städt' erstritte.
420Wie Selmi überwand Damaßkens groß Gebitte
Des Tomonbejus Reich; als Selimans sein Stahl
Pest/ Rhodis/ Ofen zwang; ja als noch's letzte mahl
Vom vierdten Amurath ward Bajadeth bezwungen/
Hat dieser Helden Arm selbst durch den Feind gedrungen/
425Und für des Reiches Heil das Leben feil gemacht.
Jtzt nun der Sultan nur auff Uppigkeit hat acht/
Was sol für Glück uns blühn?
Mufti. Ja/ leyder! ich befahre:
Es nähere sich ietzt das Ende der zwölff Jahre/
Seit dem des Oßmans Hand den rothen Apffel führt;
430Als unser Untergang. Und meine Seele rührt
Die grosse Wasserflut/ die Mahumeds Gebeine
Zu Mecha fort geschwemmt/ und die geweyhten Steine
Des Heyligthumbs versehrt. Der Pers' und Ketzer hat
Für wenig Zeit uns schon die uns hochheilge Stadt
435Medinen abgerennt; wie viel ist Zeit verstrichen:
Daß unser Käyser halb vom Glauben abgewichen?
Daß Achmet Bottschafften dem Christen Gratian
Nebst Ländern übergab? Ja ein recht Greuel kan
Fürst Fakardin uns seyn/ der Schaum verdammter Christen.
440Kein geiles Weib kan nicht nach Buhlern so gelüsten/
Noch zaubrisch schläffen ein/ als den besigten Hund
Hatt' Amurathes Lieb. Und uns ist leyder kund:
Daß Persen Christen hat zu Feld-Herrn fürgestellet.
Als Facfurs Ehweib ward vom Arcomat gefället/
445Und mit ihr Ascota; ward er zwar todt und bleich
Jn Armen eines Mönchs: Allein Chach Abas Reich
Vom Aberglaub' erfüllt; Jndem er durch sein Bitten
Den Schwärmern Lufft erwarb: daß Abubeckers Hütten
Jtzt thörchte Christen fülln. Da die Gewogenheit
450Zu Christen sterbens werth hieß noch für wenig Zeit.
Als König Kataband die Gurgel ab ließ stechen
Dem erstgebohrnen Sohn/ war einig diß Verbrechen
Des Anza Menza Schuld. Wie feindlich scharff und schwer
Fiel vor der Christenheit der Tartarn flüchtig Heer?
455Cham Chiran aber hat den Sultan längst verlachet/
Das Türcksche Heer zerstreut; verdammten Bund gemachet
Mit Polen/ und sein Kind zur Geißel ihm versetzt/
Und der Cosacken Schwarm uns auff den Halß gehetzt;
Der Caffa/ Sinope und Trapezunt bezwungen/
460Jn Port und Vorstadt sind Stambuldens eingedrungen.
Der Divan weiß selbst mehr kein Mittel unsrer Ruh;
Alß: daß mans Bosphors Mund mit Ketten schließe zu.
Ja Siebenbürgen trotzt den Sultan mit Befehlen:
Daß Er zum Fürsten den Ragotzy muß erwehlen/
465Den Jstuan thun ab. Noch schlimmer Zufall ist:
Daß Käyser Machmets Sohn Jachias ward ein Christ;
Daß er dem Groß-Vesier/ das Haupt der Janitscharen/
Den Mufti/ und die mehr des Reiches Pfeiler waren/
Durch Meineyd so nam ein: daß sie ihm hatten schon:
470Den Bruder Achmet ab/ ihn auf des Oßmanns Thron
Zu setzen sich verschworn: daß er Kosack und Christen
Und Tartern sich erkühnt auff unsern Fall zu rüsten/
Bejammern wir noch itzt. Und hätte Wallstein nicht/
Sein Abgott; durch die auch vergeß'ne Treu und Pflicht
So zeit-
405Alß Oßman in den Grund diß Reich geleget hat/
Alß Orcan Pruſien erobert/ Amurath
Die Stadt des Adrian/ und in Europens Hertze
Den erſten Spieß geſteckt; ja unſers Glaubens Kertze
Jm Nord gezuͤndet an; alß Koͤnig Bajazeth
410Die Siegs-Stadt Serviens durch neuen Sieg erhoͤht/
Den Kaͤyſer Sigismund hat ſchier in Staub getreten;
Alß Mahumeth den Strom der Donau ſchloß in Ketten/
Biß in Wallachen Drang; Alß Ludwig und ſein Land
Und ſein verzweiſelt Heer; in Amurethens Hand
415Beſiegt bey Varna fiel/ und ſemer Falſchheit Nebel
Jn blut’ge Flut zerran; Als die erhitzte Sebel
Des groſſen Mahumeths zwey Kaͤyſerthuͤmer zwang:
Daß zweyer Kaͤyſer Kopff fuͤr ſeine Fuͤſſe ſprang.
Als er zwoͤlff Reich einnahm/ zwey hundert Staͤdt’ erſtritte.
420Wie Selmi uͤberwand Damaßkens groß Gebitte
Des Tomonbejus Reich; als Selimans ſein Stahl
Peſt/ Rhodis/ Ofen zwang; ja als noch’s letzte mahl
Vom vierdten Amurath ward Bajadeth bezwungen/
Hat dieſer Helden Arm ſelbſt durch den Feind gedrungen/
425Und fuͤr des Reiches Heil das Leben feil gemacht.
Jtzt nun der Sultan nur auff Uppigkeit hat acht/
Was ſol fuͤr Gluͤck uns bluͤhn?
Mufti. Ja/ leyder! ich befahre:
Es naͤhere ſich ietzt das Ende der zwoͤlff Jahre/
Seit dem des Oßmans Hand den rothen Apffel fuͤhrt;
430Als unſer Untergang. Und meine Seele ruͤhrt
Die groſſe Waſſerflut/ die Mahumeds Gebeine
Zu Mecha fort geſchwemmt/ und die geweyhten Steine
Des Heyligthumbs verſehrt. Der Perſ’ und Ketzer hat
Fuͤr wenig Zeit uns ſchon die uns hochheilge Stadt
435Medinen abgerennt; wie viel iſt Zeit verſtrichen:
Daß unſer Kaͤyſer halb vom Glauben abgewichen?
Daß Achmet Bottſchafften dem Chriſten Gratian
Nebſt Laͤndern uͤbergab? Ja ein recht Greuel kan
Fuͤrſt Fakardin uns ſeyn/ der Schaum verdammter Chriſten.
440Kein geiles Weib kan nicht nach Buhlern ſo geluͤſten/
Noch zaubriſch ſchlaͤffen ein/ als den beſigten Hund
Hatt’ Amurathes Lieb. Und uns iſt leyder kund:
Daß Perſen Chriſten hat zu Feld-Herrn fuͤrgeſtellet.
Als Facfurs Ehweib ward vom Arcomat gefaͤllet/
445Und mit ihr Aſcota; ward er zwar todt und bleich
Jn Armen eines Moͤnchs: Allein Chach Abas Reich
Vom Aberglaub’ erfuͤllt; Jndem er durch ſein Bitten
Den Schwaͤrmern Lufft erwarb: daß Abubeckers Huͤtten
Jtzt thoͤrchte Chriſten fuͤlln. Da die Gewogenheit
450Zu Chriſten ſterbens werth hieß noch fuͤr wenig Zeit.
Als Koͤnig Kataband die Gurgel ab ließ ſtechen
Dem erſtgebohrnen Sohn/ war einig diß Verbrechen
Des Anza Menza Schuld. Wie feindlich ſcharff und ſchwer
Fiel vor der Chriſtenheit der Tartarn fluͤchtig Heer?
455Cham Chiran aber hat den Sultan laͤngſt verlachet/
Das Tuͤrckſche Heer zerſtreut; verdammten Bund gemachet
Mit Polen/ und ſein Kind zur Geißel ihm verſetzt/
Und der Coſacken Schwarm uns auff den Halß gehetzt;
Der Caffa/ Sinope und Trapezunt bezwungen/
460Jn Port und Vorſtadt ſind Stambuldens eingedrungen.
Der Divan weiß ſelbſt mehr kein Mittel unſrer Ruh;
Alß: daß mans Boſphors Mund mit Ketten ſchließe zu.
Ja Siebenbuͤrgen trotzt den Sultan mit Befehlen:
Daß Er zum Fuͤrſten den Ragotzy muß erwehlen/
465Den Jſtuan thun ab. Noch ſchlimmer Zufall iſt:
Daß Kaͤyſer Machmets Sohn Jachias ward ein Chriſt;
Daß er dem Groß-Veſier/ das Haupt der Janitſcharen/
Den Mufti/ und die mehr des Reiches Pfeiler waren/
Durch Meineyd ſo nam ein: daß ſie ihm hatten ſchon:
470Den Bruder Achmet ab/ ihn auf des Oßmanns Thron
Zu ſetzen ſich verſchworn: daß er Koſack und Chriſten
Und Tartern ſich erkuͤhnt auff unſern Fall zu ruͤſten/
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[9/0027] Alß Oßman in den Grund diß Reich geleget hat/ Alß Orcan Pruſien erobert/ Amurath Die Stadt des Adrian/ und in Europens Hertze Den erſten Spieß geſteckt; ja unſers Glaubens Kertze Jm Nord gezuͤndet an; alß Koͤnig Bajazeth Die Siegs-Stadt Serviens durch neuen Sieg erhoͤht/ Den Kaͤyſer Sigismund hat ſchier in Staub getreten; Alß Mahumeth den Strom der Donau ſchloß in Ketten/ Biß in Wallachen Drang; Alß Ludwig und ſein Land Und ſein verzweiſelt Heer; in Amurethens Hand Beſiegt bey Varna fiel/ und ſemer Falſchheit Nebel Jn blut’ge Flut zerran; Als die erhitzte Sebel Des groſſen Mahumeths zwey Kaͤyſerthuͤmer zwang: Daß zweyer Kaͤyſer Kopff fuͤr ſeine Fuͤſſe ſprang. Als er zwoͤlff Reich einnahm/ zwey hundert Staͤdt’ erſtritte. Wie Selmi uͤberwand Damaßkens groß Gebitte Des Tomonbejus Reich; als Selimans ſein Stahl Peſt/ Rhodis/ Ofen zwang; ja als noch’s letzte mahl Vom vierdten Amurath ward Bajadeth bezwungen/ Hat dieſer Helden Arm ſelbſt durch den Feind gedrungen/ Und fuͤr des Reiches Heil das Leben feil gemacht. Jtzt nun der Sultan nur auff Uppigkeit hat acht/ Was ſol fuͤr Gluͤck uns bluͤhn? Mufti. Ja/ leyder! ich befahre: Es naͤhere ſich ietzt das Ende der zwoͤlff Jahre/ Seit dem des Oßmans Hand den rothen Apffel fuͤhrt; Als unſer Untergang. Und meine Seele ruͤhrt Die groſſe Waſſerflut/ die Mahumeds Gebeine Zu Mecha fort geſchwemmt/ und die geweyhten Steine Des Heyligthumbs verſehrt. Der Perſ’ und Ketzer hat Fuͤr wenig Zeit uns ſchon die uns hochheilge Stadt Medinen abgerennt; wie viel iſt Zeit verſtrichen: Daß unſer Kaͤyſer halb vom Glauben abgewichen? Daß Achmet Bottſchafften dem Chriſten Gratian Nebſt Laͤndern uͤbergab? Ja ein recht Greuel kan Fuͤrſt Fakardin uns ſeyn/ der Schaum verdammter Chriſten. Kein geiles Weib kan nicht nach Buhlern ſo geluͤſten/ Noch zaubriſch ſchlaͤffen ein/ als den beſigten Hund Hatt’ Amurathes Lieb. Und uns iſt leyder kund: Daß Perſen Chriſten hat zu Feld-Herrn fuͤrgeſtellet. Als Facfurs Ehweib ward vom Arcomat gefaͤllet/ Und mit ihr Aſcota; ward er zwar todt und bleich Jn Armen eines Moͤnchs: Allein Chach Abas Reich Vom Aberglaub’ erfuͤllt; Jndem er durch ſein Bitten Den Schwaͤrmern Lufft erwarb: daß Abubeckers Huͤtten Jtzt thoͤrchte Chriſten fuͤlln. Da die Gewogenheit Zu Chriſten ſterbens werth hieß noch fuͤr wenig Zeit. Als Koͤnig Kataband die Gurgel ab ließ ſtechen Dem erſtgebohrnen Sohn/ war einig diß Verbrechen Des Anza Menza Schuld. Wie feindlich ſcharff und ſchwer Fiel vor der Chriſtenheit der Tartarn fluͤchtig Heer? Cham Chiran aber hat den Sultan laͤngſt verlachet/ Das Tuͤrckſche Heer zerſtreut; verdammten Bund gemachet Mit Polen/ und ſein Kind zur Geißel ihm verſetzt/ Und der Coſacken Schwarm uns auff den Halß gehetzt; Der Caffa/ Sinope und Trapezunt bezwungen/ Jn Port und Vorſtadt ſind Stambuldens eingedrungen. Der Divan weiß ſelbſt mehr kein Mittel unſrer Ruh; Alß: daß mans Boſphors Mund mit Ketten ſchließe zu. Ja Siebenbuͤrgen trotzt den Sultan mit Befehlen: Daß Er zum Fuͤrſten den Ragotzy muß erwehlen/ Den Jſtuan thun ab. Noch ſchlimmer Zufall iſt: Daß Kaͤyſer Machmets Sohn Jachias ward ein Chriſt; Daß er dem Groß-Veſier/ das Haupt der Janitſcharen/ Den Mufti/ und die mehr des Reiches Pfeiler waren/ Durch Meineyd ſo nam ein: daß ſie ihm hatten ſchon: Den Bruder Achmet ab/ ihn auf des Oßmanns Thron Zu ſetzen ſich verſchworn: daß er Koſack und Chriſten Und Tartern ſich erkuͤhnt auff unſern Fall zu ruͤſten/ Bejammern wir noch itzt. Und haͤtte Wallſtein nicht/ Sein Abgott; durch die auch vergeß’ne Treu und Pflicht So zeit-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/27>, abgerufen am 26.04.2024.