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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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ihrer alten Herrschaft so traurig ginge, und sie nicht
einmal einen Mund voll Essen hätten, angesehen sie in
Erfahrung gezogen, daß die alte Seepsche, so die Kost
vor mich und mein Kind bis dato bereitet, oftermalen
die Grütze hätte anbrennen lassen, item die Fische und
andere Kost versalzen. Auch wäre ich vor Alter und
Gram ja also schwach, daß ich Beistand haben müßte,
und wölle sie mir solchen getreulich leisten auch gerne
im Stall schlafen, wo es sein müßte. Lohn verlange
sie nicht dafür, und sölle ich sie nur nicht verstoßen.
Solche Gutheit erbarmete mein Töchterlein zu Thrä¬
nen, und sprach sie zu mir: siehe Vater die guten Men¬
schen kommen schon wieder zu uns, sollten uns die gu¬
ten Engel denn auf immer verlassen? Ich danke dir alte
Lise, ja du sollt mir die Kost bereiten, und sie mir im¬
mer bis an die Gefängnißthür tragen, wenn du nit wei¬
ter gehen darfst, und letzlich darauf achten, was der Büt¬
tel damit fürnimmt, hörstu?

Solches versprach die Magd zu thun, und nahm sie
von jetzo an in einem Stall ihre Herberge. Gott lohn
es ihr am jüngsten Gerichte, was sie für mich und mein
arm Kind gethan!


ihrer alten Herrſchaft ſo traurig ginge, und ſie nicht
einmal einen Mund voll Eſſen hätten, angeſehen ſie in
Erfahrung gezogen, daß die alte Seepſche, ſo die Koſt
vor mich und mein Kind bis dato bereitet, oftermalen
die Grütze hätte anbrennen laſſen, item die Fiſche und
andere Koſt verſalzen. Auch wäre ich vor Alter und
Gram ja alſo ſchwach, daß ich Beiſtand haben müßte,
und wölle ſie mir ſolchen getreulich leiſten auch gerne
im Stall ſchlafen, wo es ſein müßte. Lohn verlange
ſie nicht dafür, und ſölle ich ſie nur nicht verſtoßen.
Solche Gutheit erbarmete mein Töchterlein zu Thrä¬
nen, und ſprach ſie zu mir: ſiehe Vater die guten Men¬
ſchen kommen ſchon wieder zu uns, ſollten uns die gu¬
ten Engel denn auf immer verlaſſen? Ich danke dir alte
Liſe, ja du ſollt mir die Koſt bereiten, und ſie mir im¬
mer bis an die Gefängnißthür tragen, wenn du nit wei¬
ter gehen darfſt, und letzlich darauf achten, was der Büt¬
tel damit fürnimmt, hörſtu?

Solches verſprach die Magd zu thun, und nahm ſie
von jetzo an in einem Stall ihre Herberge. Gott lohn
es ihr am jüngſten Gerichte, was ſie für mich und mein
arm Kind gethan!


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[180/0196] ihrer alten Herrſchaft ſo traurig ginge, und ſie nicht einmal einen Mund voll Eſſen hätten, angeſehen ſie in Erfahrung gezogen, daß die alte Seepſche, ſo die Koſt vor mich und mein Kind bis dato bereitet, oftermalen die Grütze hätte anbrennen laſſen, item die Fiſche und andere Koſt verſalzen. Auch wäre ich vor Alter und Gram ja alſo ſchwach, daß ich Beiſtand haben müßte, und wölle ſie mir ſolchen getreulich leiſten auch gerne im Stall ſchlafen, wo es ſein müßte. Lohn verlange ſie nicht dafür, und ſölle ich ſie nur nicht verſtoßen. Solche Gutheit erbarmete mein Töchterlein zu Thrä¬ nen, und ſprach ſie zu mir: ſiehe Vater die guten Men¬ ſchen kommen ſchon wieder zu uns, ſollten uns die gu¬ ten Engel denn auf immer verlaſſen? Ich danke dir alte Liſe, ja du ſollt mir die Koſt bereiten, und ſie mir im¬ mer bis an die Gefängnißthür tragen, wenn du nit wei¬ ter gehen darfſt, und letzlich darauf achten, was der Büt¬ tel damit fürnimmt, hörſtu? Solches verſprach die Magd zu thun, und nahm ſie von jetzo an in einem Stall ihre Herberge. Gott lohn es ihr am jüngſten Gerichte, was ſie für mich und mein arm Kind gethan!

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/196>, abgerufen am 28.03.2024.