Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Siegwart. Nein.

Veit. Nicht von Adel? Nun, so hol mich
dieser und jener! Du bist also nichts, gar nichts?
Ein Amtmanns Sohn! Element! Wer hätt das
glauben sollen? -- Aber, ich weiß schon, wie's
gangen ist; deine Mutter hat mit'm Edelmann
zugehalten. Nicht wahr, Jung, ich weiß's? --
Darsst nicht roth werden! Narr, hast dich nicht
drob zu schämen. Lieber ein Bankert von 'm
Edelmann, als ein lausichter Amtmannssohn.
Komm! ich bin dir doch gut, weil du so schiessen
kannst.

Junker Jobst stund auf, und fragte Strie-
beln
heimlich, aber doch so, daß mans halb ver-
stehen konnte, ob man wol den Siegwart in
der Gesellschaft mit lassen könne, da er nicht von
Adel sey? Striebel sagte; weil ihn Junker Veit
mitgebracht habe, so könn mans nicht gut ändern.
Ueberhaupt dachte Striebel noch vernünftiger,
denn er hatte in Heidelberg, wo er ein halbes
Jahr lang an einer Wunde krank gelegen hatte,
etlich vernünftige protestantische und katholische
Professoren kennen gelernt, die seinen Verstand
durch ihren Umgang, und die Bücher, die sie ihm
geliehen, ziemlich aufgeklärt hatten.



Siegwart. Nein.

Veit. Nicht von Adel? Nun, ſo hol mich
dieſer und jener! Du biſt alſo nichts, gar nichts?
Ein Amtmanns Sohn! Element! Wer haͤtt das
glauben ſollen? — Aber, ich weiß ſchon, wie’s
gangen iſt; deine Mutter hat mit’m Edelmann
zugehalten. Nicht wahr, Jung, ich weiß’s? —
Darſſt nicht roth werden! Narr, haſt dich nicht
drob zu ſchaͤmen. Lieber ein Bankert von ’m
Edelmann, als ein lauſichter Amtmannsſohn.
Komm! ich bin dir doch gut, weil du ſo ſchieſſen
kannſt.

Junker Jobſt ſtund auf, und fragte Strie-
beln
heimlich, aber doch ſo, daß mans halb ver-
ſtehen konnte, ob man wol den Siegwart in
der Geſellſchaft mit laſſen koͤnne, da er nicht von
Adel ſey? Striebel ſagte; weil ihn Junker Veit
mitgebracht habe, ſo koͤnn mans nicht gut aͤndern.
Ueberhaupt dachte Striebel noch vernuͤnftiger,
denn er hatte in Heidelberg, wo er ein halbes
Jahr lang an einer Wunde krank gelegen hatte,
etlich vernuͤnftige proteſtantiſche und katholiſche
Profeſſoren kennen gelernt, die ſeinen Verſtand
durch ihren Umgang, und die Buͤcher, die ſie ihm
geliehen, ziemlich aufgeklaͤrt hatten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0256" n="252"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Siegwart.</hi> Nein.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Veit.</hi> Nicht von Adel? Nun, &#x017F;o hol mich<lb/>
die&#x017F;er und jener! Du bi&#x017F;t al&#x017F;o nichts, gar nichts?<lb/>
Ein Amtmanns Sohn! Element! Wer ha&#x0364;tt das<lb/>
glauben &#x017F;ollen? &#x2014; Aber, ich weiß &#x017F;chon, wie&#x2019;s<lb/>
gangen i&#x017F;t; deine Mutter hat mit&#x2019;m Edelmann<lb/>
zugehalten. Nicht wahr, Jung, ich weiß&#x2019;s? &#x2014;<lb/>
Dar&#x017F;&#x017F;t nicht roth werden! Narr, ha&#x017F;t dich nicht<lb/>
drob zu &#x017F;cha&#x0364;men. Lieber ein Bankert von &#x2019;m<lb/>
Edelmann, als ein lau&#x017F;ichter Amtmanns&#x017F;ohn.<lb/>
Komm! ich bin dir doch gut, weil du &#x017F;o &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
kann&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Junker <hi rendition="#fr">Job&#x017F;t</hi> &#x017F;tund auf, und fragte <hi rendition="#fr">Strie-<lb/>
beln</hi> heimlich, aber doch &#x017F;o, daß mans halb ver-<lb/>
&#x017F;tehen konnte, ob man wol den <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> in<lb/>
der <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft</hi> mit la&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nne, da er nicht von<lb/>
Adel &#x017F;ey? <hi rendition="#fr">Striebel</hi> &#x017F;agte; weil ihn Junker <hi rendition="#fr">Veit</hi><lb/>
mitgebracht habe, &#x017F;o ko&#x0364;nn mans nicht gut a&#x0364;ndern.<lb/>
Ueberhaupt dachte <hi rendition="#fr">Striebel</hi> noch vernu&#x0364;nftiger,<lb/>
denn er hatte in <hi rendition="#fr">Heidelberg,</hi> wo er ein halbes<lb/>
Jahr lang an einer Wunde krank gelegen hatte,<lb/>
etlich vernu&#x0364;nftige prote&#x017F;tanti&#x017F;che und katholi&#x017F;che<lb/>
Profe&#x017F;&#x017F;oren kennen gelernt, die &#x017F;einen Ver&#x017F;tand<lb/>
durch ihren Umgang, und die Bu&#x0364;cher, die &#x017F;ie ihm<lb/>
geliehen, ziemlich aufgekla&#x0364;rt hatten.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0256] Siegwart. Nein. Veit. Nicht von Adel? Nun, ſo hol mich dieſer und jener! Du biſt alſo nichts, gar nichts? Ein Amtmanns Sohn! Element! Wer haͤtt das glauben ſollen? — Aber, ich weiß ſchon, wie’s gangen iſt; deine Mutter hat mit’m Edelmann zugehalten. Nicht wahr, Jung, ich weiß’s? — Darſſt nicht roth werden! Narr, haſt dich nicht drob zu ſchaͤmen. Lieber ein Bankert von ’m Edelmann, als ein lauſichter Amtmannsſohn. Komm! ich bin dir doch gut, weil du ſo ſchieſſen kannſt. Junker Jobſt ſtund auf, und fragte Strie- beln heimlich, aber doch ſo, daß mans halb ver- ſtehen konnte, ob man wol den Siegwart in der Geſellſchaft mit laſſen koͤnne, da er nicht von Adel ſey? Striebel ſagte; weil ihn Junker Veit mitgebracht habe, ſo koͤnn mans nicht gut aͤndern. Ueberhaupt dachte Striebel noch vernuͤnftiger, denn er hatte in Heidelberg, wo er ein halbes Jahr lang an einer Wunde krank gelegen hatte, etlich vernuͤnftige proteſtantiſche und katholiſche Profeſſoren kennen gelernt, die ſeinen Verſtand durch ihren Umgang, und die Buͤcher, die ſie ihm geliehen, ziemlich aufgeklaͤrt hatten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/256
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/256>, abgerufen am 15.05.2024.