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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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ein/ und trehet sich auch öffters das Glücks-Rad
bey dergleichen Leutgens plötzlich um: daß deren
Blösse erkannt und der Grund ihrer eigennützigen
Schmeicheley eingesehen wird. Und eine gleiche
natürlich bezaubernde Bewandniß hat es auch bey
denen meisten sterblich in einander verliebten jungen
Gecken/ deren Begierde öffters nicht so bald gesät-
tiget/ da die hefftige Liebe nicht nur in eine Kaltsin-
nigkeit/ sondern auch wohl gar in einen tödlichen
Haß verwandelt wird. Denn wo die Liebe nicht
auf Tugend und Gleichheit derer Gemüths-Nei-
gungen gegründet ist/ hat sie so wenig in der ver-
traulichen Freundschafft/ als einer recht harmoni-
renden Ehe selten Bestand. Ob gleich nicht zu läug-
nen/ daß durch mumialische Magneten Wunder-
Dinge auszurichten stehen.
Modestin. Es ist sicher/ daß alles was unmäßig
gesuchet und verlanget wird/ dem Menschen kein
wahrhafftiges/ beständiges und dauerhafftes Ver-
gnügen geben kann: sondern so bald der Hunger
des zu einem unendlichen Gute geschaffenen und ge-
widmeten Geistes/ durch den Genuß der Creatur
gesättiget worden: darob ehender ein Eckel/ oder
wenigstens indifference; als ein beständiges Ver-
gnügen erfolge. Es hat dannenhero der Mensch
wohl trifftige Ursachen seine Begierden nach einem
solchen Gut zu wenden/ dessen Genuß weder durch
den Wechsel der Zeit/ noch durch Widerwärtigkeit
gestöhret/ geraubet/ noch auff einige Weise ihme
eckelhafft gemacht werden kann. Dessen Besitz
ihn auf die innigste und alle sinnliche Freude weit
über-


ein/ und trehet ſich auch oͤffters das Gluͤcks-Rad
bey dergleichen Leutgens ploͤtzlich um: daß deren
Bloͤſſe erkannt und der Grund ihrer eigennuͤtzigen
Schmeicheley eingeſehen wird. Und eine gleiche
natuͤrlich bezaubernde Bewandniß hat es auch bey
denen meiſten ſterblich in einander verliebten jungen
Gecken/ deren Begierde oͤffters nicht ſo bald geſaͤt-
tiget/ da die hefftige Liebe nicht nur in eine Kaltſin-
nigkeit/ ſondern auch wohl gar in einen toͤdlichen
Haß verwandelt wird. Denn wo die Liebe nicht
auf Tugend und Gleichheit derer Gemuͤths-Nei-
gungen gegruͤndet iſt/ hat ſie ſo wenig in der ver-
traulichen Freundſchafft/ als einer recht harmoni-
renden Ehe ſelten Beſtand. Ob gleich nicht zu laͤug-
nen/ daß durch mumialiſche Magneten Wunder-
Dinge auszurichten ſtehen.
Modeſtin. Es iſt ſicher/ daß alles was unmaͤßig
geſuchet und verlanget wird/ dem Menſchen kein
wahrhafftiges/ beſtaͤndiges und dauerhafftes Ver-
gnuͤgen geben kann: ſondern ſo bald der Hunger
des zu einem unendlichen Gute geſchaffenen und ge-
widmeten Geiſtes/ durch den Genuß der Creatur
geſaͤttiget worden: darob ehender ein Eckel/ oder
wenigſtens indifference; als ein beſtaͤndiges Ver-
gnuͤgen erfolge. Es hat dannenhero der Menſch
wohl trifftige Urſachen ſeine Begierden nach einem
ſolchen Gut zu wenden/ deſſen Genuß weder durch
den Wechſel der Zeit/ noch durch Widerwaͤrtigkeit
geſtoͤhret/ geraubet/ noch auff einige Weiſe ihme
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ihn auf die innigſte und alle ſinnliche Freude weit
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[122/0128] ein/ und trehet ſich auch oͤffters das Gluͤcks-Rad bey dergleichen Leutgens ploͤtzlich um: daß deren Bloͤſſe erkannt und der Grund ihrer eigennuͤtzigen Schmeicheley eingeſehen wird. Und eine gleiche natuͤrlich bezaubernde Bewandniß hat es auch bey denen meiſten ſterblich in einander verliebten jungen Gecken/ deren Begierde oͤffters nicht ſo bald geſaͤt- tiget/ da die hefftige Liebe nicht nur in eine Kaltſin- nigkeit/ ſondern auch wohl gar in einen toͤdlichen Haß verwandelt wird. Denn wo die Liebe nicht auf Tugend und Gleichheit derer Gemuͤths-Nei- gungen gegruͤndet iſt/ hat ſie ſo wenig in der ver- traulichen Freundſchafft/ als einer recht harmoni- renden Ehe ſelten Beſtand. Ob gleich nicht zu laͤug- nen/ daß durch mumialiſche Magneten Wunder- Dinge auszurichten ſtehen. Modeſtin. Es iſt ſicher/ daß alles was unmaͤßig geſuchet und verlanget wird/ dem Menſchen kein wahrhafftiges/ beſtaͤndiges und dauerhafftes Ver- gnuͤgen geben kann: ſondern ſo bald der Hunger des zu einem unendlichen Gute geſchaffenen und ge- widmeten Geiſtes/ durch den Genuß der Creatur geſaͤttiget worden: darob ehender ein Eckel/ oder wenigſtens indifference; als ein beſtaͤndiges Ver- gnuͤgen erfolge. Es hat dannenhero der Menſch wohl trifftige Urſachen ſeine Begierden nach einem ſolchen Gut zu wenden/ deſſen Genuß weder durch den Wechſel der Zeit/ noch durch Widerwaͤrtigkeit geſtoͤhret/ geraubet/ noch auff einige Weiſe ihme eckelhafft gemacht werden kann. Deſſen Beſitz ihn auf die innigſte und alle ſinnliche Freude weit uͤber-

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/128>, abgerufen am 27.04.2024.