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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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Theogenes. Es erwehnte Herr Nicander vorhin,
daß er sein Vergnügen in einer Abwechselung von
Spielen, Jagen, Tantzen und andern dergleichen
Divertissementes finde. Darinnen Herr Alamo-
danus
ebenfalls mit ihme gleichgesinnet seyn dörffte;
so viel ich die Ehre habe denselben, in dem wenigen
Umgang den ich noch mit ihme gehabt, kennen zu
lernen.
Alamodan. Wer sollte dieses verwerffen? Wir
sind ja nicht derentwegen in der Welt, daß wir
sie nur ansehen: oder uns darinnen zu tode schaf-
fen: sondern daß wir auch derselben brauchen und
uns darinnen ergötzen.
Modestin. Ja wohl gebrauchen, aber auch nicht
mißbrauchen; uns belustigen, aber so, daß die
Creatur und unsere Lüste den ewigen Geist (der
GOtt hauptsächlich gewidmet seyn sollte) nicht
beherrschen und unter einem sclavischen Joch ge-
fangen halten sollten, wie leyder bey denen meisten
Menschen geschiehet, die unter der Tyranney derer
Feinde ihres eigenen wahren Wohlseyns sie derge-
stalt gefangen halten, daß sie die Augen ihres Ge-
müthes kaum aufthun können.
Theogenes. Lasst uns einmahl besehen: wie die
so genannte honete Welt (von andern will ich
nichts sagen) ihre edelste Zeit des Lebens anwen-
det; welche GOtt der HErr uns zu Würckung
unserer Seeligkeit gönnet. Herr Nicander hat
vor-
J 2


Theogenes. Es erwehnte Herr Nicander vorhin,
daß er ſein Vergnuͤgen in einer Abwechſelung von
Spielen, Jagen, Tantzen und andern dergleichen
Divertiſſementes finde. Darinnen Herr Alamo-
danus
ebenfalls mit ihme gleichgeſinnet ſeyn doͤrffte;
ſo viel ich die Ehre habe denſelben, in dem wenigen
Umgang den ich noch mit ihme gehabt, kennen zu
lernen.
Alamodan. Wer ſollte dieſes verwerffen? Wir
ſind ja nicht derentwegen in der Welt, daß wir
ſie nur anſehen: oder uns darinnen zu tode ſchaf-
fen: ſondern daß wir auch derſelben brauchen und
uns darinnen ergoͤtzen.
Modeſtin. Ja wohl gebrauchen, aber auch nicht
mißbrauchen; uns beluſtigen, aber ſo, daß die
Creatur und unſere Luͤſte den ewigen Geiſt (der
GOtt hauptſaͤchlich gewidmet ſeyn ſollte) nicht
beherrſchen und unter einem ſclaviſchen Joch ge-
fangen halten ſollten, wie leyder bey denen meiſten
Menſchen geſchiehet, die unter der Tyranney derer
Feinde ihres eigenen wahren Wohlſeyns ſie derge-
ſtalt gefangen halten, daß ſie die Augen ihres Ge-
muͤthes kaum aufthun koͤnnen.
Theogenes. Laſſt uns einmahl beſehen: wie die
ſo genannte honete Welt (von andern will ich
nichts ſagen) ihre edelſte Zeit des Lebens anwen-
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unſerer Seeligkeit goͤnnet. Herr Nicander hat
vor-
J 2
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[131/0137] Theogenes. Es erwehnte Herr Nicander vorhin, daß er ſein Vergnuͤgen in einer Abwechſelung von Spielen, Jagen, Tantzen und andern dergleichen Divertiſſementes finde. Darinnen Herr Alamo- danus ebenfalls mit ihme gleichgeſinnet ſeyn doͤrffte; ſo viel ich die Ehre habe denſelben, in dem wenigen Umgang den ich noch mit ihme gehabt, kennen zu lernen. Alamodan. Wer ſollte dieſes verwerffen? Wir ſind ja nicht derentwegen in der Welt, daß wir ſie nur anſehen: oder uns darinnen zu tode ſchaf- fen: ſondern daß wir auch derſelben brauchen und uns darinnen ergoͤtzen. Modeſtin. Ja wohl gebrauchen, aber auch nicht mißbrauchen; uns beluſtigen, aber ſo, daß die Creatur und unſere Luͤſte den ewigen Geiſt (der GOtt hauptſaͤchlich gewidmet ſeyn ſollte) nicht beherrſchen und unter einem ſclaviſchen Joch ge- fangen halten ſollten, wie leyder bey denen meiſten Menſchen geſchiehet, die unter der Tyranney derer Feinde ihres eigenen wahren Wohlſeyns ſie derge- ſtalt gefangen halten, daß ſie die Augen ihres Ge- muͤthes kaum aufthun koͤnnen. Theogenes. Laſſt uns einmahl beſehen: wie die ſo genannte honete Welt (von andern will ich nichts ſagen) ihre edelſte Zeit des Lebens anwen- det; welche GOtt der HErr uns zu Wuͤrckung unſerer Seeligkeit goͤnnet. Herr Nicander hat vor- J 2

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/137>, abgerufen am 28.04.2024.