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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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Wispel
(kommt hastig herein. Durchaus mit Affektation).
Bruder, geschwind! Wir wollen aufräumen, wir
wollen uns ankleiden. Der Herr wird gleich kommen,
er will Bunkt Ein Uhr kommen. Jezt haben wir
gerade Zwölf.
Buchdrucker.
Ja, man muß sich ein wenig einrichten. Ich will
mich etwas putzen. Wenn ich mich heut mit lauem
Wasser wasche, kann er zufrieden seyn; er wird es zu
rühmen wissen.
Wispel (geschäftig hin und her).
Es kömmt darauf an, daß ich in größter Eile
meine Toilette rangire oder embellire.
Buchdrucker.
Wo wirst du dich indessen aufhalten, während mich
der Fremde spricht?
Wispel (schnell).
Ich bleibe, Guter, ich bleibe. Wo ist das Zähne-
bürstchen, das Zäh -- -- die Schuhbürste wollt' ich
sagen. -- Aber meine Zähne sind ebenfalls häßlich und
theilweise ausgefallen -- Ei, was thut's aber? ich be-
komme dadurch eine sehr weiche Aussprache, eine Dik-
tion, die mich besonders bei den Damen sehr empfehlen
muß, denn, verstehst du, weil der Buchstabe r in sei-
ner ganzen Rohheit gar nicht ohne die Zähne ausge-
sprochen werden kann, so darf ich von meinen ausge-
Wispel
(kommt haſtig herein. Durchaus mit Affektation).
Bruder, geſchwind! Wir wollen aufräumen, wir
wollen uns ankleiden. Der Herr wird gleich kommen,
er will Bunkt Ein Uhr kommen. Jezt haben wir
gerade Zwölf.
Buchdrucker.
Ja, man muß ſich ein wenig einrichten. Ich will
mich etwas putzen. Wenn ich mich heut mit lauem
Waſſer waſche, kann er zufrieden ſeyn; er wird es zu
rühmen wiſſen.
Wispel (geſchäftig hin und her).
Es kömmt darauf an, daß ich in größter Eile
meine Toilette rangire oder embellire.
Buchdrucker.
Wo wirſt du dich indeſſen aufhalten, während mich
der Fremde ſpricht?
Wispel (ſchnell).
Ich bleibe, Guter, ich bleibe. Wo iſt das Zähne-
bürſtchen, das Zäh — — die Schuhbürſte wollt’ ich
ſagen. — Aber meine Zähne ſind ebenfalls häßlich und
theilweiſe ausgefallen — Ei, was thut’s aber? ich be-
komme dadurch eine ſehr weiche Ausſprache, eine Dik-
tion, die mich beſonders bei den Damen ſehr empfehlen
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ner ganzen Rohheit gar nicht ohne die Zähne ausge-
ſprochen werden kann, ſo darf ich von meinen ausge-
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[180/0188] Wispel (kommt haſtig herein. Durchaus mit Affektation). Bruder, geſchwind! Wir wollen aufräumen, wir wollen uns ankleiden. Der Herr wird gleich kommen, er will Bunkt Ein Uhr kommen. Jezt haben wir gerade Zwölf. Buchdrucker. Ja, man muß ſich ein wenig einrichten. Ich will mich etwas putzen. Wenn ich mich heut mit lauem Waſſer waſche, kann er zufrieden ſeyn; er wird es zu rühmen wiſſen. Wispel (geſchäftig hin und her). Es kömmt darauf an, daß ich in größter Eile meine Toilette rangire oder embellire. Buchdrucker. Wo wirſt du dich indeſſen aufhalten, während mich der Fremde ſpricht? Wispel (ſchnell). Ich bleibe, Guter, ich bleibe. Wo iſt das Zähne- bürſtchen, das Zäh — — die Schuhbürſte wollt’ ich ſagen. — Aber meine Zähne ſind ebenfalls häßlich und theilweiſe ausgefallen — Ei, was thut’s aber? ich be- komme dadurch eine ſehr weiche Ausſprache, eine Dik- tion, die mich beſonders bei den Damen ſehr empfehlen muß, denn, verſtehſt du, weil der Buchſtabe r in ſei- ner ganzen Rohheit gar nicht ohne die Zähne ausge- ſprochen werden kann, ſo darf ich von meinen ausge-

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/188>, abgerufen am 26.04.2024.