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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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ein grösseres Militare unterhält, als wahre Noth
und die Sicherheit seines Landes erfordert oder
dessen Kräfte gestatten;

der folglich die Unterthanen nicht wie Waaren
oder wie sein Mast- und Schlachtvieh ansieht,
um sie an den Meistbietenden zu verhandeln;

aber auch dagegen keine Pasteten-Regierung
begünstigt, weils am Ende eins ist, ob ein Land
von unnüzen Soldaten oder müssigen Junkern
aufgezehret wird;

der, um Anfang und Ende mit Einem Wort
zusammen zu fassen, lebendig in sich überzeugt
ist, dass er ohne Gott, dem Stifter aller obrig-
keitlichen Gewalt, und ohne sein Volk, es mag
nun durch Erblichkeit oder durch Wahl gesche-
hen, Nichts ist, als jeder anderer Mensch,
vom Weibe gebohren.

Doch lasst uns billig seyn, ohne mehr zu
fordern, als was unsere Herren nach ihrer Er-
ziehung *), nach ihren Vorurtheilen und nach
dem Geist ihrer Zeit, der eben so wohl seine

Ab-
*) Das ist so einer von den Fällen, wovon die Frau von
Maintenon im Jahr 1699. ihrem vertrauten Freund, dem
Cardinal von Noailles, schrieb: Le Roi ne veut point
les trois mots, sous les quels j'ai tire une ligne; c'est une
suite de la naissance et de l'education, qui se derobe

ein grösseres Militare unterhält, als wahre Noth
und die Sicherheit seines Landes erfordert oder
dessen Kräfte gestatten;

der folglich die Unterthanen nicht wie Waaren
oder wie sein Mast- und Schlachtvieh ansieht,
um sie an den Meistbietenden zu verhandeln;

aber auch dagegen keine Pasteten-Regierung
begünstigt, weils am Ende eins ist, ob ein Land
von unnüzen Soldaten oder müssigen Junkern
aufgezehret wird;

der, um Anfang und Ende mit Einem Wort
zusammen zu fassen, lebendig in sich überzeugt
ist, daſs er ohne Gott, dem Stifter aller obrig-
keitlichen Gewalt, und ohne sein Volk, es mag
nun durch Erblichkeit oder durch Wahl gesche-
hen, Nichts ist, als jeder anderer Mensch,
vom Weibe gebohren.

Doch laſst uns billig seyn, ohne mehr zu
fordern, als was unsere Herren nach ihrer Er-
ziehung *), nach ihren Vorurtheilen und nach
dem Geist ihrer Zeit, der eben so wohl seine

Ab-
*) Das ist so einer von den Fällen, wovon die Frau von
Maintenon im Jahr 1699. ihrem vertrauten Freund, dem
Cardinal von Noailles, ſchrieb: Le Roi ne veut point
les trois mots, sous les quels j’ai tirè une ligne; c’est une
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[144/0150] ein grösseres Militare unterhält, als wahre Noth und die Sicherheit seines Landes erfordert oder dessen Kräfte gestatten; der folglich die Unterthanen nicht wie Waaren oder wie sein Mast- und Schlachtvieh ansieht, um sie an den Meistbietenden zu verhandeln; aber auch dagegen keine Pasteten-Regierung begünstigt, weils am Ende eins ist, ob ein Land von unnüzen Soldaten oder müssigen Junkern aufgezehret wird; der, um Anfang und Ende mit Einem Wort zusammen zu fassen, lebendig in sich überzeugt ist, daſs er ohne Gott, dem Stifter aller obrig- keitlichen Gewalt, und ohne sein Volk, es mag nun durch Erblichkeit oder durch Wahl gesche- hen, Nichts ist, als jeder anderer Mensch, vom Weibe gebohren. Doch laſst uns billig seyn, ohne mehr zu fordern, als was unsere Herren nach ihrer Er- ziehung *), nach ihren Vorurtheilen und nach dem Geist ihrer Zeit, der eben so wohl seine Ab- *) Das ist so einer von den Fällen, wovon die Frau von Maintenon im Jahr 1699. ihrem vertrauten Freund, dem Cardinal von Noailles, ſchrieb: Le Roi ne veut point les trois mots, sous les quels j’ai tirè une ligne; c’est une suite de la naissance et de l’education, qui se derobe

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/150>, abgerufen am 30.04.2024.