Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ne guten Handlungen, so wenig als die schlech-
ten, nicht leicht verborgen bleiben. Wann aber
die Lehre Jesu: Seine Linke nicht wissen zu
lassen, was die Rechte thut, uns überhaupt gilt,
so verbindet sie gewiss wenigstens eben so sehr
die Fürsten. Wie manchem sonst guten und
wohlthätigen Fürsten ist durch solches Trom-
peten-Lob, wenn er anderst davon gewusst
und Belieben daran gefunden hat, der schöne
und höhere Lohn der Ewigkeit schon wegge-
blasen worden?

Mancher Fürst wird bloss desswegen gelobt,
weil er nicht die Untugenden seines Vor-
fahren hat. Herzog Carl von Zweybrücken
schafte das nach Verhältniss seines Landes über-
mässige Wild ab, und es wurden desswegen zu
seinem Lobe so gar Medaillen geprägt; hinge-
gen hatte er eine ganz unmässige Baulust, machte
Schulden, an denen die Enkel noch zu nagen
haben werden, hielt Maitressen etc. etc. Darauf
wurden nun freilich keine Loblügen gemünzt.

Ein anderer Fürst zerstörte auch alles Wild
in seinem Land und machte aus seinen altge-
wordenen Jägern Bettler; hingegen war er uner-
sättlich in der Menge unnützer und allzukostbar

ne guten Handlungen, so wenig als die schlech-
ten, nicht leicht verborgen bleiben. Wann aber
die Lehre Jesu: Seine Linke nicht wissen zu
lassen, was die Rechte thut, uns überhaupt gilt,
so verbindet sie gewiſs wenigstens eben so sehr
die Fürsten. Wie manchem sonst guten und
wohlthätigen Fürsten ist durch solches Trom-
peten-Lob, wenn er anderst davon gewuſst
und Belieben daran gefunden hat, der schöne
und höhere Lohn der Ewigkeit schon wegge-
blasen worden?

Mancher Fürst wird bloſs deſswegen gelobt,
weil er nicht die Untugenden seines Vor-
fahren hat. Herzog Carl von Zweybrücken
schafte das nach Verhältniſs seines Landes über-
mäſsige Wild ab, und es wurden deſswegen zu
seinem Lobe so gar Medaillen geprägt; hinge-
gen hatte er eine ganz unmäſsige Baulust, machte
Schulden, an denen die Enkel noch zu nagen
haben werden, hielt Maitressen etc. etc. Darauf
wurden nun freilich keine Loblügen gemünzt.

Ein anderer Fürst zerstörte auch alles Wild
in seinem Land und machte aus seinen altge-
wordenen Jägern Bettler; hingegen war er uner-
sättlich in der Menge unnützer und allzukostbar

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0094" n="88"/>
ne guten Handlungen, so wenig als die schlech-<lb/>
ten, nicht leicht verborgen bleiben. Wann aber<lb/>
die Lehre Jesu: Seine Linke nicht wissen zu<lb/>
lassen, was die Rechte thut, uns überhaupt gilt,<lb/>
so verbindet sie gewi&#x017F;s wenigstens eben so sehr<lb/>
die Fürsten. Wie manchem sonst guten und<lb/>
wohlthätigen Fürsten ist durch solches Trom-<lb/>
peten-Lob, wenn er anderst davon gewu&#x017F;st<lb/>
und Belieben daran gefunden hat, der schöne<lb/>
und höhere Lohn der Ewigkeit schon wegge-<lb/>
blasen worden?</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Mancher Fürst wird blo&#x017F;s de&#x017F;swegen gelobt,<lb/>
weil er <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">nicht die Untugenden seines Vor-<lb/>
fahren</hi></hi> hat. Herzog Carl von Zweybrücken<lb/>
schafte das nach Verhältni&#x017F;s seines Landes über-<lb/>
mä&#x017F;sige Wild ab, und es wurden de&#x017F;swegen zu<lb/>
seinem Lobe so gar Medaillen geprägt; hinge-<lb/>
gen hatte er eine ganz unmä&#x017F;sige Baulust, machte<lb/>
Schulden, an denen die Enkel noch zu nagen<lb/>
haben werden, hielt Maitressen etc. etc. Darauf<lb/>
wurden nun freilich keine Loblügen gemünzt.</p><lb/>
          <p>Ein anderer Fürst zerstörte auch alles Wild<lb/>
in seinem Land und machte aus seinen altge-<lb/>
wordenen Jägern Bettler; hingegen war er uner-<lb/>
sättlich in der Menge unnützer und allzukostbar<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0094] ne guten Handlungen, so wenig als die schlech- ten, nicht leicht verborgen bleiben. Wann aber die Lehre Jesu: Seine Linke nicht wissen zu lassen, was die Rechte thut, uns überhaupt gilt, so verbindet sie gewiſs wenigstens eben so sehr die Fürsten. Wie manchem sonst guten und wohlthätigen Fürsten ist durch solches Trom- peten-Lob, wenn er anderst davon gewuſst und Belieben daran gefunden hat, der schöne und höhere Lohn der Ewigkeit schon wegge- blasen worden? Mancher Fürst wird bloſs deſswegen gelobt, weil er nicht die Untugenden seines Vor- fahren hat. Herzog Carl von Zweybrücken schafte das nach Verhältniſs seines Landes über- mäſsige Wild ab, und es wurden deſswegen zu seinem Lobe so gar Medaillen geprägt; hinge- gen hatte er eine ganz unmäſsige Baulust, machte Schulden, an denen die Enkel noch zu nagen haben werden, hielt Maitressen etc. etc. Darauf wurden nun freilich keine Loblügen gemünzt. Ein anderer Fürst zerstörte auch alles Wild in seinem Land und machte aus seinen altge- wordenen Jägern Bettler; hingegen war er uner- sättlich in der Menge unnützer und allzukostbar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/94
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/94>, abgerufen am 28.04.2024.