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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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diesen Hauptstämmen oder ihrem Andenken eingetheilt
worden. Sie waren durch kein Band vereinigt: bey den
Alten aber empfingen Länder ihre Nahmen von den be-
wohnenden Völkern, nicht die verschiedenen Stämme,
welche innerhalb solcher Gränzen wohnten, die einem
Lande physische Einheit geben, einen gemeinsamen des
Landes. Anders verhielt es sich, wenn ein Volk vorherr-
schend ward, und ein solches Land als Staat vereinigte.
Kleinasien hatte im Alterthum keinen Gesammtnahmen.
Als die Griechen anfingen, das Abendland zu besuchen,
waren die ursprünglichen, am auffallendsten durch die
Sprachen von einander unterschiedenen Stämme, noch
zahlreich; und so viele Hauptvölker ihnen in Italien be-
kannt wurden, so viele Länder unterschieden sie. Von ih-
rer Ansiedelung an der italischen Küste bis auf die mace-
donische Zeit scheint es von ihnen, vorzüglich in Rücksicht
auf die Nationen, welche sie an den Küsten herrschend ge-
funden hatten, in Italien, Ausonien oder Opika 8), Tyr-
rhenien, Japygien und Ombrika eingetheilt gewesen zu
seyn. Im Norden kannten sie auch die Ligurer, ohne
Ligystika, -- welches noch bey Skylax jenseits der Rhone
beginnt, -- durch die Alpen zu theilen; und die Eneter.
Jene Eintheilung des Landes, südlich vom Po und östlich
von der Makra, wird im Ganzen, wenn auch nicht ohne
Abweichungen und nach scharfen Gränzen, von den älte-
sten Griechen, und bis auf Aristoteles beobachtet: ob-
gleich sie den Völkerstämmen nicht mehr angemessen war,
indem das Land der alten Italer und der Opiker, von sa-

8) Auch, wie bey Thukydides VI. 4, Opikia.

dieſen Hauptſtaͤmmen oder ihrem Andenken eingetheilt
worden. Sie waren durch kein Band vereinigt: bey den
Alten aber empfingen Laͤnder ihre Nahmen von den be-
wohnenden Voͤlkern, nicht die verſchiedenen Staͤmme,
welche innerhalb ſolcher Graͤnzen wohnten, die einem
Lande phyſiſche Einheit geben, einen gemeinſamen des
Landes. Anders verhielt es ſich, wenn ein Volk vorherr-
ſchend ward, und ein ſolches Land als Staat vereinigte.
Kleinaſien hatte im Alterthum keinen Geſammtnahmen.
Als die Griechen anfingen, das Abendland zu beſuchen,
waren die urſpruͤnglichen, am auffallendſten durch die
Sprachen von einander unterſchiedenen Staͤmme, noch
zahlreich; und ſo viele Hauptvoͤlker ihnen in Italien be-
kannt wurden, ſo viele Laͤnder unterſchieden ſie. Von ih-
rer Anſiedelung an der italiſchen Kuͤſte bis auf die mace-
doniſche Zeit ſcheint es von ihnen, vorzuͤglich in Ruͤckſicht
auf die Nationen, welche ſie an den Kuͤſten herrſchend ge-
funden hatten, in Italien, Auſonien oder Opika 8), Tyr-
rhenien, Japygien und Ombrika eingetheilt geweſen zu
ſeyn. Im Norden kannten ſie auch die Ligurer, ohne
Ligyſtika, — welches noch bey Skylax jenſeits der Rhone
beginnt, — durch die Alpen zu theilen; und die Eneter.
Jene Eintheilung des Landes, ſuͤdlich vom Po und oͤſtlich
von der Makra, wird im Ganzen, wenn auch nicht ohne
Abweichungen und nach ſcharfen Graͤnzen, von den aͤlte-
ſten Griechen, und bis auf Ariſtoteles beobachtet: ob-
gleich ſie den Voͤlkerſtaͤmmen nicht mehr angemeſſen war,
indem das Land der alten Italer und der Opiker, von ſa-

8) Auch, wie bey Thukydides VI. 4, Opikia.
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[25/0047] dieſen Hauptſtaͤmmen oder ihrem Andenken eingetheilt worden. Sie waren durch kein Band vereinigt: bey den Alten aber empfingen Laͤnder ihre Nahmen von den be- wohnenden Voͤlkern, nicht die verſchiedenen Staͤmme, welche innerhalb ſolcher Graͤnzen wohnten, die einem Lande phyſiſche Einheit geben, einen gemeinſamen des Landes. Anders verhielt es ſich, wenn ein Volk vorherr- ſchend ward, und ein ſolches Land als Staat vereinigte. Kleinaſien hatte im Alterthum keinen Geſammtnahmen. Als die Griechen anfingen, das Abendland zu beſuchen, waren die urſpruͤnglichen, am auffallendſten durch die Sprachen von einander unterſchiedenen Staͤmme, noch zahlreich; und ſo viele Hauptvoͤlker ihnen in Italien be- kannt wurden, ſo viele Laͤnder unterſchieden ſie. Von ih- rer Anſiedelung an der italiſchen Kuͤſte bis auf die mace- doniſche Zeit ſcheint es von ihnen, vorzuͤglich in Ruͤckſicht auf die Nationen, welche ſie an den Kuͤſten herrſchend ge- funden hatten, in Italien, Auſonien oder Opika 8), Tyr- rhenien, Japygien und Ombrika eingetheilt geweſen zu ſeyn. Im Norden kannten ſie auch die Ligurer, ohne Ligyſtika, — welches noch bey Skylax jenſeits der Rhone beginnt, — durch die Alpen zu theilen; und die Eneter. Jene Eintheilung des Landes, ſuͤdlich vom Po und oͤſtlich von der Makra, wird im Ganzen, wenn auch nicht ohne Abweichungen und nach ſcharfen Graͤnzen, von den aͤlte- ſten Griechen, und bis auf Ariſtoteles beobachtet: ob- gleich ſie den Voͤlkerſtaͤmmen nicht mehr angemeſſen war, indem das Land der alten Italer und der Opiker, von ſa- 8) Auch, wie bey Thukydides VI. 4, Opikia.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/47>, abgerufen am 27.04.2024.