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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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der Staaten: den kleinlichen Unternehmungen der älteren
Zeit waren sie entwachsen: aber ein anderes Volk würde
ihnen nahe Gränzen gesetzt haben, wenn nicht dessen Er-
oberungslust Städte voll Reichthum und Hülfsquellen
aber ohne Kriegssinn zur Vereinigung mit dem neu em-
porwachsenden Staat getrieben hätte, und wenn die
Bundesverfassung in Latium nicht bald der Einheit in
Roms Herrschaft gewichen wäre.

Der erste samnitische Krieg.

Die Samniter waren damals in der Fülle ihrer
Macht: an Volksmenge und Ausdehnung des Gebiets
Rom und dem ganzen latinischen Bunde weit überlegen.
Von dem untern Meer, wo sie Kampanien von Lucanien
trennten, wohnten ihre Völkerschaften bis an das obere:
gegen den Liris, in dem Gebürg Lucaniens, und in die
Fläche Apuliens hinab, umfaßten ihre Gränzen weit mehr
als den Raum welcher auf den Landcharten den Nahmen
Samnium trug.

Aus ihrer Mitte waren zwey Völker ausgegangen
welche jetzt dem Mutterlande fremd waren, die Kampaner
und die Lucaner; von den Völkern des eigentlichen Sam-
nium hatten sich die Frentaner abgesondert. Die übrigen
betrachteten sich allerdings noch immer als ein Volk, meh-
rere von ihnen waren auch nicht ohne Bundesobrigkeit,
doch scheint es daß diese nie alle Städte und Völker ver-
einigte. Neben einander faßte Italien Rom und Sam-
nium nicht. Hätten die Samniter sich und den Staat
den sie besiegen oder dem sie unterliegen mußten, nicht

der Staaten: den kleinlichen Unternehmungen der aͤlteren
Zeit waren ſie entwachſen: aber ein anderes Volk wuͤrde
ihnen nahe Graͤnzen geſetzt haben, wenn nicht deſſen Er-
oberungsluſt Staͤdte voll Reichthum und Huͤlfsquellen
aber ohne Kriegsſinn zur Vereinigung mit dem neu em-
porwachſenden Staat getrieben haͤtte, und wenn die
Bundesverfaſſung in Latium nicht bald der Einheit in
Roms Herrſchaft gewichen waͤre.

Der erſte ſamnitiſche Krieg.

Die Samniter waren damals in der Fuͤlle ihrer
Macht: an Volksmenge und Ausdehnung des Gebiets
Rom und dem ganzen latiniſchen Bunde weit uͤberlegen.
Von dem untern Meer, wo ſie Kampanien von Lucanien
trennten, wohnten ihre Voͤlkerſchaften bis an das obere:
gegen den Liris, in dem Gebuͤrg Lucaniens, und in die
Flaͤche Apuliens hinab, umfaßten ihre Graͤnzen weit mehr
als den Raum welcher auf den Landcharten den Nahmen
Samnium trug.

Aus ihrer Mitte waren zwey Voͤlker ausgegangen
welche jetzt dem Mutterlande fremd waren, die Kampaner
und die Lucaner; von den Voͤlkern des eigentlichen Sam-
nium hatten ſich die Frentaner abgeſondert. Die uͤbrigen
betrachteten ſich allerdings noch immer als ein Volk, meh-
rere von ihnen waren auch nicht ohne Bundesobrigkeit,
doch ſcheint es daß dieſe nie alle Staͤdte und Voͤlker ver-
einigte. Neben einander faßte Italien Rom und Sam-
nium nicht. Haͤtten die Samniter ſich und den Staat
den ſie beſiegen oder dem ſie unterliegen mußten, nicht

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[482/0498] der Staaten: den kleinlichen Unternehmungen der aͤlteren Zeit waren ſie entwachſen: aber ein anderes Volk wuͤrde ihnen nahe Graͤnzen geſetzt haben, wenn nicht deſſen Er- oberungsluſt Staͤdte voll Reichthum und Huͤlfsquellen aber ohne Kriegsſinn zur Vereinigung mit dem neu em- porwachſenden Staat getrieben haͤtte, und wenn die Bundesverfaſſung in Latium nicht bald der Einheit in Roms Herrſchaft gewichen waͤre. Der erſte ſamnitiſche Krieg. Die Samniter waren damals in der Fuͤlle ihrer Macht: an Volksmenge und Ausdehnung des Gebiets Rom und dem ganzen latiniſchen Bunde weit uͤberlegen. Von dem untern Meer, wo ſie Kampanien von Lucanien trennten, wohnten ihre Voͤlkerſchaften bis an das obere: gegen den Liris, in dem Gebuͤrg Lucaniens, und in die Flaͤche Apuliens hinab, umfaßten ihre Graͤnzen weit mehr als den Raum welcher auf den Landcharten den Nahmen Samnium trug. Aus ihrer Mitte waren zwey Voͤlker ausgegangen welche jetzt dem Mutterlande fremd waren, die Kampaner und die Lucaner; von den Voͤlkern des eigentlichen Sam- nium hatten ſich die Frentaner abgeſondert. Die uͤbrigen betrachteten ſich allerdings noch immer als ein Volk, meh- rere von ihnen waren auch nicht ohne Bundesobrigkeit, doch ſcheint es daß dieſe nie alle Staͤdte und Voͤlker ver- einigte. Neben einander faßte Italien Rom und Sam- nium nicht. Haͤtten die Samniter ſich und den Staat den ſie beſiegen oder dem ſie unterliegen mußten, nicht

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/498>, abgerufen am 28.03.2024.