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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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publilischen Gesetzes in den fruchtlosen gewöhnlichen Zwi-
stigkeiten über die Domaine, ehe die Tribunen die neu
erworbnen Vorrechte der Plebs zu großen Zwecken be-
nutzten.

Aus zwey ganz abgesonderten Völkern 45) beste-
hend, die sich, wiewohl in einer Stadt vereinigt, frem-
der waren als viele weit entfernte, indem nicht einmal
Eherecht sie verknüpfte 46), bildeten die damaligen Rö-
mer noch keine bürgerliche Einheit; es waren nur noch
Patricier und Plebejer, keine römische Bürger. Jede
Erweiterung der plebejischen Rechte, wie sie so nothwen-
dig als gerecht war, erweiterte doch die Spaltung, und
ohne eine Gesetzgebung die im ganz entgegengesetzten
Sinn die Stände sich näherte und verband, ging Rom
unvermeidlich einem Bürgerkriege entgegen, wenn auch
das plebejische Gemüth seinen Ausbruch noch eine Zeit-
lang aufhielt. Das natürliche und allenthalben sicht-
bare Streben der Plebejer ging dahin die Trennung zu
heben, und ihren Stand mit den Patriciern zu einem
Volk zu verbinden. Noch war die Aussicht zu entfernt
völlige Isegorie zu erwerben: aber auch Isonomie war
ein dringendes Bedürfniß 47). Wie die Grundgesetze

45) Dionysius nennt, in der Geschichte dieses Zeitraums, die
Stände Völker: ta ethne. X. c. 60.
46) Welches doch zwischen den römischen Patriciern und den
Sabellern von Maleventum bestand, ohne Zweifel nur dem
Adel, und allgemein mit dem sabinischen Adel. S. Festus
s. v. Numerius.
47) Dionysius X. c. 1. Ich nehme, nach ihm, den oft

publiliſchen Geſetzes in den fruchtloſen gewoͤhnlichen Zwi-
ſtigkeiten uͤber die Domaine, ehe die Tribunen die neu
erworbnen Vorrechte der Plebs zu großen Zwecken be-
nutzten.

Aus zwey ganz abgeſonderten Voͤlkern 45) beſte-
hend, die ſich, wiewohl in einer Stadt vereinigt, frem-
der waren als viele weit entfernte, indem nicht einmal
Eherecht ſie verknuͤpfte 46), bildeten die damaligen Roͤ-
mer noch keine buͤrgerliche Einheit; es waren nur noch
Patricier und Plebejer, keine roͤmiſche Buͤrger. Jede
Erweiterung der plebejiſchen Rechte, wie ſie ſo nothwen-
dig als gerecht war, erweiterte doch die Spaltung, und
ohne eine Geſetzgebung die im ganz entgegengeſetzten
Sinn die Staͤnde ſich naͤherte und verband, ging Rom
unvermeidlich einem Buͤrgerkriege entgegen, wenn auch
das plebejiſche Gemuͤth ſeinen Ausbruch noch eine Zeit-
lang aufhielt. Das natuͤrliche und allenthalben ſicht-
bare Streben der Plebejer ging dahin die Trennung zu
heben, und ihren Stand mit den Patriciern zu einem
Volk zu verbinden. Noch war die Ausſicht zu entfernt
voͤllige Iſegorie zu erwerben: aber auch Iſonomie war
ein dringendes Beduͤrfniß 47). Wie die Grundgeſetze

45) Dionyſius nennt, in der Geſchichte dieſes Zeitraums, die
Staͤnde Voͤlker: τὰ ἔϑνη. X. c. 60.
46) Welches doch zwiſchen den roͤmiſchen Patriciern und den
Sabellern von Maleventum beſtand, ohne Zweifel nur dem
Adel, und allgemein mit dem ſabiniſchen Adel. S. Feſtus
s. v. Numerius.
47) Dionyſius X. c. 1. Ich nehme, nach ihm, den oft
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[46/0062] publiliſchen Geſetzes in den fruchtloſen gewoͤhnlichen Zwi- ſtigkeiten uͤber die Domaine, ehe die Tribunen die neu erworbnen Vorrechte der Plebs zu großen Zwecken be- nutzten. Aus zwey ganz abgeſonderten Voͤlkern 45) beſte- hend, die ſich, wiewohl in einer Stadt vereinigt, frem- der waren als viele weit entfernte, indem nicht einmal Eherecht ſie verknuͤpfte 46), bildeten die damaligen Roͤ- mer noch keine buͤrgerliche Einheit; es waren nur noch Patricier und Plebejer, keine roͤmiſche Buͤrger. Jede Erweiterung der plebejiſchen Rechte, wie ſie ſo nothwen- dig als gerecht war, erweiterte doch die Spaltung, und ohne eine Geſetzgebung die im ganz entgegengeſetzten Sinn die Staͤnde ſich naͤherte und verband, ging Rom unvermeidlich einem Buͤrgerkriege entgegen, wenn auch das plebejiſche Gemuͤth ſeinen Ausbruch noch eine Zeit- lang aufhielt. Das natuͤrliche und allenthalben ſicht- bare Streben der Plebejer ging dahin die Trennung zu heben, und ihren Stand mit den Patriciern zu einem Volk zu verbinden. Noch war die Ausſicht zu entfernt voͤllige Iſegorie zu erwerben: aber auch Iſonomie war ein dringendes Beduͤrfniß 47). Wie die Grundgeſetze 45) Dionyſius nennt, in der Geſchichte dieſes Zeitraums, die Staͤnde Voͤlker: τὰ ἔϑνη. X. c. 60. 46) Welches doch zwiſchen den roͤmiſchen Patriciern und den Sabellern von Maleventum beſtand, ohne Zweifel nur dem Adel, und allgemein mit dem ſabiniſchen Adel. S. Feſtus s. v. Numerius. 47) Dionyſius X. c. 1. Ich nehme, nach ihm, den oft

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/62>, abgerufen am 30.04.2024.