Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

saunen dazu -- das Gequitzsch der Geigen und die gräß-
lich verstimmten Trompeten aber konnt' ich nicht aushal-
ten, und hab' sie ein für allemal zum Tempel hinaus
gejagt!"

"Das ist ja Alles herrlich!" rief Johannes und schlug
fröhlich in die Hände. "Aber nicht in der Kirche allein
dürft Jhr damit stecken bleiben, heraus mit Euch in's
Dorf mitten hinein, auf's Feld, auf den Berg, in den
Wald -- da soll's wiederklingen von muntern Liedern,
die Vaterland, Freude und Freiheit jauchzen -- wir wol-
len damit das Volk aufsingen aus seiner Trägheit, daß
es fröhlich, munter und muthig werde, und seine still-
schlagenden Herzen Begeisterungsflammen auflodern las-
sen! O, nicht wir allein wollen's aufsingen, wir wollen
uns nicht anmaßen, mehr zu sein als sie und sie zu füh-
ren nach ihrem Gutdünken! nein, sie sollen sich selber
aufsingen aus ihrer Ruh', zu großen Gefühlen und zu
großen Thaten! Alles Edelste liegt im Volke und schlum-
mert nur, weil man ihm vorenthält, was es wecken könnte
-- wir wollen ihm den Gesang geben, lassen Sie uns zu-
sammen wirken, um unsern Brüdern zu dienen."

Unser Schulmeister schlug kräftig in die Hand ein,
die ihm Johannes zum Bunde hinhielt und sagte:
"Jch verlasse mich auf Sie, weil Sie vom Dorfe stam-
men, just auch von diesem Dorfe, und so auch die Leute

ſaunen dazu — das Gequitzſch der Geigen und die graͤß-
lich verſtimmten Trompeten aber konnt’ ich nicht aushal-
ten, und hab’ ſie ein fuͤr allemal zum Tempel hinaus
gejagt!“

„Das iſt ja Alles herrlich!“ rief Johannes und ſchlug
froͤhlich in die Haͤnde. „Aber nicht in der Kirche allein
duͤrft Jhr damit ſtecken bleiben, heraus mit Euch in’s
Dorf mitten hinein, auf’s Feld, auf den Berg, in den
Wald — da ſoll’s wiederklingen von muntern Liedern,
die Vaterland, Freude und Freiheit jauchzen — wir wol-
len damit das Volk aufſingen aus ſeiner Traͤgheit, daß
es froͤhlich, munter und muthig werde, und ſeine ſtill-
ſchlagenden Herzen Begeiſterungsflammen auflodern laſ-
ſen! O, nicht wir allein wollen’s aufſingen, wir wollen
uns nicht anmaßen, mehr zu ſein als ſie und ſie zu fuͤh-
ren nach ihrem Gutduͤnken! nein, ſie ſollen ſich ſelber
aufſingen aus ihrer Ruh’, zu großen Gefuͤhlen und zu
großen Thaten! Alles Edelſte liegt im Volke und ſchlum-
mert nur, weil man ihm vorenthaͤlt, was es wecken koͤnnte
— wir wollen ihm den Geſang geben, laſſen Sie uns zu-
ſammen wirken, um unſern Bruͤdern zu dienen.“

Unſer Schulmeiſter ſchlug kraͤftig in die Hand ein,
die ihm Johannes zum Bunde hinhielt und ſagte:
„Jch verlaſſe mich auf Sie, weil Sie vom Dorfe ſtam-
men, juſt auch von dieſem Dorfe, und ſo auch die Leute

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="106"/>
&#x017F;aunen dazu &#x2014; das Gequitz&#x017F;ch der Geigen und die gra&#x0364;ß-<lb/>
lich ver&#x017F;timmten Trompeten aber konnt&#x2019; ich nicht aushal-<lb/>
ten, und hab&#x2019; &#x017F;ie ein fu&#x0364;r allemal zum Tempel hinaus<lb/>
gejagt!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das i&#x017F;t ja Alles herrlich!&#x201C; rief Johannes und &#x017F;chlug<lb/>
fro&#x0364;hlich in die Ha&#x0364;nde. &#x201E;Aber nicht in der Kirche allein<lb/>
du&#x0364;rft Jhr damit &#x017F;tecken bleiben, heraus mit Euch in&#x2019;s<lb/>
Dorf mitten hinein, auf&#x2019;s Feld, auf den Berg, in den<lb/>
Wald &#x2014; da &#x017F;oll&#x2019;s wiederklingen von muntern Liedern,<lb/>
die Vaterland, Freude und Freiheit jauchzen &#x2014; wir wol-<lb/>
len damit das Volk auf&#x017F;ingen aus &#x017F;einer Tra&#x0364;gheit, daß<lb/>
es fro&#x0364;hlich, munter und muthig werde, und &#x017F;eine &#x017F;till-<lb/>
&#x017F;chlagenden Herzen Begei&#x017F;terungsflammen auflodern la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en! O, nicht wir allein wollen&#x2019;s auf&#x017F;ingen, wir wollen<lb/>
uns nicht anmaßen, mehr zu &#x017F;ein als &#x017F;ie und &#x017F;ie zu fu&#x0364;h-<lb/>
ren nach ihrem Gutdu&#x0364;nken! nein, &#x017F;ie &#x017F;ollen &#x017F;ich &#x017F;elber<lb/>
auf&#x017F;ingen aus ihrer Ruh&#x2019;, zu großen Gefu&#x0364;hlen und zu<lb/>
großen Thaten! Alles Edel&#x017F;te liegt im Volke und &#x017F;chlum-<lb/>
mert nur, weil man ihm vorentha&#x0364;lt, was es wecken ko&#x0364;nnte<lb/>
&#x2014; wir wollen ihm den Ge&#x017F;ang geben, la&#x017F;&#x017F;en Sie uns zu-<lb/>
&#x017F;ammen wirken, um un&#x017F;ern Bru&#x0364;dern zu dienen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;er Schulmei&#x017F;ter &#x017F;chlug kra&#x0364;ftig in die Hand ein,<lb/>
die ihm Johannes zum Bunde hinhielt und &#x017F;agte:<lb/>
&#x201E;Jch verla&#x017F;&#x017F;e mich auf Sie, weil Sie vom Dorfe &#x017F;tam-<lb/>
men, ju&#x017F;t auch von die&#x017F;em Dorfe, und &#x017F;o auch die Leute<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0114] ſaunen dazu — das Gequitzſch der Geigen und die graͤß- lich verſtimmten Trompeten aber konnt’ ich nicht aushal- ten, und hab’ ſie ein fuͤr allemal zum Tempel hinaus gejagt!“ „Das iſt ja Alles herrlich!“ rief Johannes und ſchlug froͤhlich in die Haͤnde. „Aber nicht in der Kirche allein duͤrft Jhr damit ſtecken bleiben, heraus mit Euch in’s Dorf mitten hinein, auf’s Feld, auf den Berg, in den Wald — da ſoll’s wiederklingen von muntern Liedern, die Vaterland, Freude und Freiheit jauchzen — wir wol- len damit das Volk aufſingen aus ſeiner Traͤgheit, daß es froͤhlich, munter und muthig werde, und ſeine ſtill- ſchlagenden Herzen Begeiſterungsflammen auflodern laſ- ſen! O, nicht wir allein wollen’s aufſingen, wir wollen uns nicht anmaßen, mehr zu ſein als ſie und ſie zu fuͤh- ren nach ihrem Gutduͤnken! nein, ſie ſollen ſich ſelber aufſingen aus ihrer Ruh’, zu großen Gefuͤhlen und zu großen Thaten! Alles Edelſte liegt im Volke und ſchlum- mert nur, weil man ihm vorenthaͤlt, was es wecken koͤnnte — wir wollen ihm den Geſang geben, laſſen Sie uns zu- ſammen wirken, um unſern Bruͤdern zu dienen.“ Unſer Schulmeiſter ſchlug kraͤftig in die Hand ein, die ihm Johannes zum Bunde hinhielt und ſagte: „Jch verlaſſe mich auf Sie, weil Sie vom Dorfe ſtam- men, juſt auch von dieſem Dorfe, und ſo auch die Leute

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/114
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/114>, abgerufen am 29.04.2024.