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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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Die Mädchen waren wieder in eins der Gehöfte ge-
gangen, darin nach der Henne zu fragen, indeß Jo-
hannes vor der Hofthür wartete. Da kam Friedrich des
Wegs daher vom Felde heimkehrend.

Johannes hatte ihn schon längst wieder begrüßt und
wirklich war Friedrich der Einzige von allen frühern
Gefährten gewesen, der ihm unbefangen entgegen ge-
kommen war und die alte zutrauliche Weise nicht ver-
loren hatte. So gingen sie auch jetzt herzlich auf
einander zu. "Was machst Du denn hier?" sagte
Friedrich.

"Eigentlich such' ich eine Henne, aber ich merke
schon, daß ich mich ziemlich ungeschickt anstelle, denn
ich weiß nicht recht, wie ich's anfangen soll, die Mädchen
sind hier hineingegangen, haben mich aber vor der Thür
stehen lassen," antwortete Johannes.

"Welche Mädchen und welche Henne?" forschte
Friedrich.

"Laura und Suschen, die ihre Spitzenkrause
sucht --."

"Ei Johannes, nun sei einmal ehrlich," sagte Fried-
rich, und legte seine Hand auf die Schulter des Freun-
des: "Welcher zu Lieb' bist Du mitgegangen?" und er
sah ihm dabei ganz treuherzig aber ernst und forschend in
die Augen.

Die Maͤdchen waren wieder in eins der Gehoͤfte ge-
gangen, darin nach der Henne zu fragen, indeß Jo-
hannes vor der Hofthuͤr wartete. Da kam Friedrich des
Wegs daher vom Felde heimkehrend.

Johannes hatte ihn ſchon laͤngſt wieder begruͤßt und
wirklich war Friedrich der Einzige von allen fruͤhern
Gefaͤhrten geweſen, der ihm unbefangen entgegen ge-
kommen war und die alte zutrauliche Weiſe nicht ver-
loren hatte. So gingen ſie auch jetzt herzlich auf
einander zu. „Was machſt Du denn hier?“ ſagte
Friedrich.

„Eigentlich ſuch’ ich eine Henne, aber ich merke
ſchon, daß ich mich ziemlich ungeſchickt anſtelle, denn
ich weiß nicht recht, wie ich’s anfangen ſoll, die Maͤdchen
ſind hier hineingegangen, haben mich aber vor der Thuͤr
ſtehen laſſen,“ antwortete Johannes.

„Welche Maͤdchen und welche Henne?“ forſchte
Friedrich.

„Laura und Suschen, die ihre Spitzenkrauſe
ſucht —.“

„Ei Johannes, nun ſei einmal ehrlich,“ ſagte Fried-
rich, und legte ſeine Hand auf die Schulter des Freun-
des: „Welcher zu Lieb’ biſt Du mitgegangen?“ und er
ſah ihm dabei ganz treuherzig aber ernſt und forſchend in
die Augen.

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[116/0124] Die Maͤdchen waren wieder in eins der Gehoͤfte ge- gangen, darin nach der Henne zu fragen, indeß Jo- hannes vor der Hofthuͤr wartete. Da kam Friedrich des Wegs daher vom Felde heimkehrend. Johannes hatte ihn ſchon laͤngſt wieder begruͤßt und wirklich war Friedrich der Einzige von allen fruͤhern Gefaͤhrten geweſen, der ihm unbefangen entgegen ge- kommen war und die alte zutrauliche Weiſe nicht ver- loren hatte. So gingen ſie auch jetzt herzlich auf einander zu. „Was machſt Du denn hier?“ ſagte Friedrich. „Eigentlich ſuch’ ich eine Henne, aber ich merke ſchon, daß ich mich ziemlich ungeſchickt anſtelle, denn ich weiß nicht recht, wie ich’s anfangen ſoll, die Maͤdchen ſind hier hineingegangen, haben mich aber vor der Thuͤr ſtehen laſſen,“ antwortete Johannes. „Welche Maͤdchen und welche Henne?“ forſchte Friedrich. „Laura und Suschen, die ihre Spitzenkrauſe ſucht —.“ „Ei Johannes, nun ſei einmal ehrlich,“ ſagte Fried- rich, und legte ſeine Hand auf die Schulter des Freun- des: „Welcher zu Lieb’ biſt Du mitgegangen?“ und er ſah ihm dabei ganz treuherzig aber ernſt und forſchend in die Augen.

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/124>, abgerufen am 28.04.2024.