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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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bine, sagt' er bittend, Sie errathen -- es ist so
spät und still -- mich und meinen Wunsch ge¬
wiß." --

"Nein, sagte sie, halten Sie mich für keine
Eulalia, H. v. Meinau. Schauen Sie lieber
die reine keusche Luna an!" -- sagte sie, und
verdoppelte seinen Irrthum. -- "Sie geht -- ver¬
sezte er und verdoppelte ihren -- in einem hohen
Blau, das kein Erden-Wurf durchreicht. So
will ich wenigstens meine Thür zuriegeln, damit
wir sicher sind."

"Nein, nein," sagte sie leise, ließ ihn aber
mit einem Handdruck los, um ihre Serviette zu¬
rechte zu falten. Er kehrte sich jezt um, und
wollte dem Nachtriegel zufliegen, als etwas auf
den Boden hinflog -- ein Menschen-Gesicht.
Jakobine schrie auf und rannte davon. Er
nahm das Gesicht, es war die Maske des Lar¬
venherrn, den er für den bösen Genius ge¬
halten.

Im Mondschein durchkreuzten sich seine Phan¬
tasien so sehr, daß es ihm am Ende vorkam, Ja¬
kobine habe selber die Maske fallen lassen und

bine, ſagt' er bittend, Sie errathen — es iſt ſo
ſpaͤt und ſtill — mich und meinen Wunſch ge¬
wiß.“ —

„Nein, ſagte ſie, halten Sie mich fuͤr keine
Eulalia, H. v. Meinau. Schauen Sie lieber
die reine keuſche Luna an!“ — ſagte ſie, und
verdoppelte ſeinen Irrthum. — „Sie geht — ver¬
ſezte er und verdoppelte ihren — in einem hohen
Blau, das kein Erden-Wurf durchreicht. So
will ich wenigſtens meine Thuͤr zuriegeln, damit
wir ſicher ſind.“

„Nein, nein,“ ſagte ſie leiſe, ließ ihn aber
mit einem Handdruck los, um ihre Serviette zu¬
rechte zu falten. Er kehrte ſich jezt um, und
wollte dem Nachtriegel zufliegen, als etwas auf
den Boden hinflog — ein Menſchen-Geſicht.
Jakobine ſchrie auf und rannte davon. Er
nahm das Geſicht, es war die Maſke des Lar¬
venherrn, den er fuͤr den boͤſen Genius ge¬
halten.

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[196/0204] bine, ſagt' er bittend, Sie errathen — es iſt ſo ſpaͤt und ſtill — mich und meinen Wunſch ge¬ wiß.“ — „Nein, ſagte ſie, halten Sie mich fuͤr keine Eulalia, H. v. Meinau. Schauen Sie lieber die reine keuſche Luna an!“ — ſagte ſie, und verdoppelte ſeinen Irrthum. — „Sie geht — ver¬ ſezte er und verdoppelte ihren — in einem hohen Blau, das kein Erden-Wurf durchreicht. So will ich wenigſtens meine Thuͤr zuriegeln, damit wir ſicher ſind.“ „Nein, nein,“ ſagte ſie leiſe, ließ ihn aber mit einem Handdruck los, um ihre Serviette zu¬ rechte zu falten. Er kehrte ſich jezt um, und wollte dem Nachtriegel zufliegen, als etwas auf den Boden hinflog — ein Menſchen-Geſicht. Jakobine ſchrie auf und rannte davon. Er nahm das Geſicht, es war die Maſke des Lar¬ venherrn, den er fuͤr den boͤſen Genius ge¬ halten. Im Mondſchein durchkreuzten ſich ſeine Phan¬ taſien ſo ſehr, daß es ihm am Ende vorkam, Ja¬ kobine habe ſelber die Maſke fallen laſſen und

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/204>, abgerufen am 28.04.2024.