Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

während der Feind lief. In einer solchen Lage labt
den Menschen der Pralltriller eines Fluches. Nach¬
dem also der Kaplan einige solcher Triller und Mor¬
danten geschlagen, sich zur Familie hinabbegeben und
ihr im Vorbeigehen gesagt hatte, "wenn es im ge¬
mässigten Erdstrich einen gäbe, der von den Win¬
"deln an ein Trauerpferd zu ritte, der ansässig wäre
"in Hatto's zweiten Mäusethurm und in einem Ras¬
"pelhause aus Amsterdam und in der Vorhölle,
"wenns so einen Dißiplinanten gäbe, von dem ihn
"nur wunderte, wie er noch am Leben wäre: so
"wär' Ers allein und weiter kein Teufel" -- nach¬
dem er das heraus hatte: so ließ er die Ratten
ruhig und -- wurd' es selber recht sehr.

Zu Nachts fiel nichts Denkwürdiges vor als daß
er -- aufwachte und herumhorchte, ob nichts ge¬
schwänztes rumore, weil er willens war, sich satt zu
ärgern. Da gar nichts von den Bestien zu verneh¬
men war, nicht einmal ein Seitenpas: so setzte er
sich auf den Fußboden heraus und preste das Spio¬
nenohr an diesen. Sein Glük wollte, daß gerade
jetzt die Bewegungen des Feindes mit Balleten und
Galopaden in sein Gehör einplumpten. Er brach
auf, armirte sich mit einer Kindertrommel und
wekte seine Frau mit dem Lispeln auf: "Schatz,
"schlaf wieder ein und erschrik im Schlaf nicht:
"ich trommel' ein wenig gegen die Ratten; denn

waͤhrend der Feind lief. In einer ſolchen Lage labt
den Menſchen der Pralltriller eines Fluches. Nach¬
dem alſo der Kaplan einige ſolcher Triller und Mor¬
danten geſchlagen, ſich zur Familie hinabbegeben und
ihr im Vorbeigehen geſagt hatte, »wenn es im ge¬
maͤſſigten Erdſtrich einen gaͤbe, der von den Win¬
»deln an ein Trauerpferd zu ritte, der anſaͤſſig waͤre
»in Hatto's zweiten Maͤuſethurm und in einem Ras¬
»pelhauſe aus Amſterdam und in der Vorhoͤlle,
»wenns ſo einen Diſziplinanten gaͤbe, von dem ihn
»nur wunderte, wie er noch am Leben waͤre: ſo
»waͤr' Ers allein und weiter kein Teufel« — nach¬
dem er das heraus hatte: ſo ließ er die Ratten
ruhig und — wurd' es ſelber recht ſehr.

Zu Nachts fiel nichts Denkwuͤrdiges vor als daß
er — aufwachte und herumhorchte, ob nichts ge¬
ſchwaͤnztes rumore, weil er willens war, ſich ſatt zu
aͤrgern. Da gar nichts von den Beſtien zu verneh¬
men war, nicht einmal ein Seitenpas: ſo ſetzte er
ſich auf den Fußboden heraus und preſte das Spio¬
nenohr an dieſen. Sein Gluͤk wollte, daß gerade
jetzt die Bewegungen des Feindes mit Balleten und
Galopaden in ſein Gehoͤr einplumpten. Er brach
auf, armirte ſich mit einer Kindertrommel und
wekte ſeine Frau mit dem Liſpeln auf: »Schatz,
»ſchlaf wieder ein und erſchrik im Schlaf nicht:
»ich trommel' ein wenig gegen die Ratten; denn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0032" n="21"/>
wa&#x0364;hrend der Feind lief. In einer &#x017F;olchen Lage labt<lb/>
den Men&#x017F;chen der Pralltriller eines Fluches. Nach¬<lb/>
dem al&#x017F;o der Kaplan einige &#x017F;olcher Triller und Mor¬<lb/>
danten ge&#x017F;chlagen, &#x017F;ich zur Familie hinabbegeben und<lb/>
ihr im Vorbeigehen ge&#x017F;agt hatte, »wenn es im ge¬<lb/>
ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igten Erd&#x017F;trich einen ga&#x0364;be, der von den Win¬<lb/>
»deln an ein Trauerpferd zu ritte, der an&#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig wa&#x0364;re<lb/>
»in Hatto's zweiten Ma&#x0364;u&#x017F;ethurm und in einem Ras¬<lb/>
»pelhau&#x017F;e aus Am&#x017F;terdam und in der Vorho&#x0364;lle,<lb/>
»wenns &#x017F;o einen Di&#x017F;ziplinanten ga&#x0364;be, von dem ihn<lb/>
»nur wunderte, wie er noch am Leben wa&#x0364;re: &#x017F;o<lb/>
»wa&#x0364;r' Ers allein und weiter kein Teufel« &#x2014; nach¬<lb/>
dem er das heraus hatte: &#x017F;o ließ er die Ratten<lb/>
ruhig und &#x2014; wurd' es &#x017F;elber recht &#x017F;ehr.</p><lb/>
        <p>Zu Nachts fiel nichts Denkwu&#x0364;rdiges vor als daß<lb/>
er &#x2014; aufwachte und herumhorchte, ob nichts ge¬<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;nztes rumore, weil er willens war, &#x017F;ich &#x017F;att zu<lb/>
a&#x0364;rgern. Da gar nichts von den Be&#x017F;tien zu verneh¬<lb/>
men war, nicht einmal ein Seitenpas: &#x017F;o &#x017F;etzte er<lb/>
&#x017F;ich auf den Fußboden heraus und pre&#x017F;te das Spio¬<lb/>
nenohr an die&#x017F;en. Sein Glu&#x0364;k wollte, daß gerade<lb/>
jetzt die Bewegungen des Feindes mit Balleten und<lb/>
Galopaden in &#x017F;ein Geho&#x0364;r einplumpten. Er brach<lb/>
auf, armirte &#x017F;ich mit einer Kindertrommel und<lb/>
wekte &#x017F;eine Frau mit dem Li&#x017F;peln auf: »Schatz,<lb/>
»&#x017F;chlaf wieder ein und er&#x017F;chrik im Schlaf nicht:<lb/>
»ich trommel' ein wenig gegen die Ratten; denn<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0032] waͤhrend der Feind lief. In einer ſolchen Lage labt den Menſchen der Pralltriller eines Fluches. Nach¬ dem alſo der Kaplan einige ſolcher Triller und Mor¬ danten geſchlagen, ſich zur Familie hinabbegeben und ihr im Vorbeigehen geſagt hatte, »wenn es im ge¬ maͤſſigten Erdſtrich einen gaͤbe, der von den Win¬ »deln an ein Trauerpferd zu ritte, der anſaͤſſig waͤre »in Hatto's zweiten Maͤuſethurm und in einem Ras¬ »pelhauſe aus Amſterdam und in der Vorhoͤlle, »wenns ſo einen Diſziplinanten gaͤbe, von dem ihn »nur wunderte, wie er noch am Leben waͤre: ſo »waͤr' Ers allein und weiter kein Teufel« — nach¬ dem er das heraus hatte: ſo ließ er die Ratten ruhig und — wurd' es ſelber recht ſehr. Zu Nachts fiel nichts Denkwuͤrdiges vor als daß er — aufwachte und herumhorchte, ob nichts ge¬ ſchwaͤnztes rumore, weil er willens war, ſich ſatt zu aͤrgern. Da gar nichts von den Beſtien zu verneh¬ men war, nicht einmal ein Seitenpas: ſo ſetzte er ſich auf den Fußboden heraus und preſte das Spio¬ nenohr an dieſen. Sein Gluͤk wollte, daß gerade jetzt die Bewegungen des Feindes mit Balleten und Galopaden in ſein Gehoͤr einplumpten. Er brach auf, armirte ſich mit einer Kindertrommel und wekte ſeine Frau mit dem Liſpeln auf: »Schatz, »ſchlaf wieder ein und erſchrik im Schlaf nicht: »ich trommel' ein wenig gegen die Ratten; denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/32
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/32>, abgerufen am 27.04.2024.