Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

"von der Zwickauer Sammlung nützlicher Bemerkun¬
"gen für Stadt und Landwirthschaft 1785 wird
"mirs angerathen."

Sein erster Donnerschlag gab seinen Erbfeinden
die Ruhe, die er seinen Blutsfreunden nahm. . . .
Da ich aber alle Menschen jetzt in Stand gesetzt,
sich den Kaplan im Hemd und mit dem Hakbret der
Soldateska vorzustellen: so gehen wir lieber ans
Bette seines Sohnes Flamin und geben acht, was
dieser darin macht. . . ,

Nichts; aber außer demselben macht er einen
Ritt jetzt so spät und noch dazu ohne Sattel und
Weste. Er, dessen Brust eine Aeols Höle voll ge¬
drükter Stürme war -- jeder gescheute Pronota¬
rius in Wezlar, würde seinen Fischkopf oder Reb¬
huhnflügel reiner abschälen oder sein Samt-Knie rei¬
ner abbürsten als er -- dieser wuste unmöglich län¬
ger auf einem Kopfküssen zu verbleiben, dem heute
eine Trommel so nahe kam und morgen ein Freund.
Einen andern freilich (wenigstens den Leser und
mich) würde die transparente Nacht, womit sich der
April beschloß, die weite Stille, auf welche die
Trommelstöcke schlugen, die Sehnsucht nach dem Ge¬
liebten, mit welchem der Morgen wieder das öde
Herz und das zerstükte Leben ergänzte, alles dieses
würde uns beide mit sanften Bebungen und Träu¬
men und Thränen erfüllet haben -- den Kaplans¬

»von der Zwickauer Sammlung nuͤtzlicher Bemerkun¬
»gen fuͤr Stadt und Landwirthſchaft 1785 wird
»mirs angerathen.«

Sein erſter Donnerſchlag gab ſeinen Erbfeinden
die Ruhe, die er ſeinen Blutsfreunden nahm. . . .
Da ich aber alle Menſchen jetzt in Stand geſetzt,
ſich den Kaplan im Hemd und mit dem Hakbret der
Soldateſka vorzuſtellen: ſo gehen wir lieber ans
Bette ſeines Sohnes Flamin und geben acht, was
dieſer darin macht. . . ,

Nichts; aber außer demſelben macht er einen
Ritt jetzt ſo ſpaͤt und noch dazu ohne Sattel und
Weſte. Er, deſſen Bruſt eine Aeols Hoͤle voll ge¬
druͤkter Stuͤrme war — jeder geſcheute Pronota¬
rius in Wezlar, wuͤrde ſeinen Fiſchkopf oder Reb¬
huhnfluͤgel reiner abſchaͤlen oder ſein Samt-Knie rei¬
ner abbuͤrſten als er — dieſer wuſte unmoͤglich laͤn¬
ger auf einem Kopfkuͤſſen zu verbleiben, dem heute
eine Trommel ſo nahe kam und morgen ein Freund.
Einen andern freilich (wenigſtens den Leſer und
mich) wuͤrde die transparente Nacht, womit ſich der
April beſchloß, die weite Stille, auf welche die
Trommelſtoͤcke ſchlugen, die Sehnſucht nach dem Ge¬
liebten, mit welchem der Morgen wieder das oͤde
Herz und das zerſtuͤkte Leben ergaͤnzte, alles dieſes
wuͤrde uns beide mit ſanften Bebungen und Traͤu¬
men und Thraͤnen erfuͤllet haben — den Kaplans¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0033" n="22"/>
»von der Zwickauer Sammlung nu&#x0364;tzlicher Bemerkun¬<lb/>
»gen fu&#x0364;r Stadt und Landwirth&#x017F;chaft 1785 wird<lb/>
»mirs angerathen.«</p><lb/>
        <p>Sein er&#x017F;ter Donner&#x017F;chlag gab &#x017F;einen Erbfeinden<lb/>
die Ruhe, die er &#x017F;einen Blutsfreunden nahm. . . .<lb/>
Da ich aber alle Men&#x017F;chen jetzt in Stand ge&#x017F;etzt,<lb/>
&#x017F;ich den Kaplan im Hemd und mit dem Hakbret der<lb/>
Soldate&#x017F;ka vorzu&#x017F;tellen: &#x017F;o gehen wir lieber ans<lb/>
Bette &#x017F;eines Sohnes <hi rendition="#g">Flamin</hi> und geben acht, was<lb/>
die&#x017F;er darin macht. . . ,</p><lb/>
        <p>Nichts; aber außer dem&#x017F;elben macht er einen<lb/>
Ritt jetzt &#x017F;o &#x017F;pa&#x0364;t und noch dazu ohne Sattel und<lb/>
We&#x017F;te. Er, de&#x017F;&#x017F;en Bru&#x017F;t eine Aeols Ho&#x0364;le voll ge¬<lb/>
dru&#x0364;kter Stu&#x0364;rme war &#x2014; jeder ge&#x017F;cheute Pronota¬<lb/>
rius in Wezlar, wu&#x0364;rde &#x017F;einen Fi&#x017F;chkopf oder Reb¬<lb/>
huhnflu&#x0364;gel reiner ab&#x017F;cha&#x0364;len oder &#x017F;ein Samt-Knie rei¬<lb/>
ner abbu&#x0364;r&#x017F;ten als er &#x2014; die&#x017F;er wu&#x017F;te unmo&#x0364;glich la&#x0364;<lb/>
ger auf einem Kopfku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zu verbleiben, dem heute<lb/>
eine Trommel &#x017F;o nahe kam und morgen ein Freund.<lb/>
Einen andern freilich (wenig&#x017F;tens den Le&#x017F;er und<lb/>
mich) wu&#x0364;rde die transparente Nacht, womit &#x017F;ich der<lb/>
April be&#x017F;chloß, die weite Stille, auf welche die<lb/>
Trommel&#x017F;to&#x0364;cke &#x017F;chlugen, die Sehn&#x017F;ucht nach dem Ge¬<lb/>
liebten, mit welchem der Morgen wieder das o&#x0364;de<lb/>
Herz und das zer&#x017F;tu&#x0364;kte Leben erga&#x0364;nzte, alles die&#x017F;es<lb/>
wu&#x0364;rde uns beide mit &#x017F;anften Bebungen und Tra&#x0364;<lb/>
men und Thra&#x0364;nen erfu&#x0364;llet haben &#x2014; den Kaplans¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0033] »von der Zwickauer Sammlung nuͤtzlicher Bemerkun¬ »gen fuͤr Stadt und Landwirthſchaft 1785 wird »mirs angerathen.« Sein erſter Donnerſchlag gab ſeinen Erbfeinden die Ruhe, die er ſeinen Blutsfreunden nahm. . . . Da ich aber alle Menſchen jetzt in Stand geſetzt, ſich den Kaplan im Hemd und mit dem Hakbret der Soldateſka vorzuſtellen: ſo gehen wir lieber ans Bette ſeines Sohnes Flamin und geben acht, was dieſer darin macht. . . , Nichts; aber außer demſelben macht er einen Ritt jetzt ſo ſpaͤt und noch dazu ohne Sattel und Weſte. Er, deſſen Bruſt eine Aeols Hoͤle voll ge¬ druͤkter Stuͤrme war — jeder geſcheute Pronota¬ rius in Wezlar, wuͤrde ſeinen Fiſchkopf oder Reb¬ huhnfluͤgel reiner abſchaͤlen oder ſein Samt-Knie rei¬ ner abbuͤrſten als er — dieſer wuſte unmoͤglich laͤn¬ ger auf einem Kopfkuͤſſen zu verbleiben, dem heute eine Trommel ſo nahe kam und morgen ein Freund. Einen andern freilich (wenigſtens den Leſer und mich) wuͤrde die transparente Nacht, womit ſich der April beſchloß, die weite Stille, auf welche die Trommelſtoͤcke ſchlugen, die Sehnſucht nach dem Ge¬ liebten, mit welchem der Morgen wieder das oͤde Herz und das zerſtuͤkte Leben ergaͤnzte, alles dieſes wuͤrde uns beide mit ſanften Bebungen und Traͤu¬ men und Thraͤnen erfuͤllet haben — den Kaplans¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/33
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/33>, abgerufen am 09.10.2024.